Argentinien: Peso im freien Fall

Drastischer Kurssturz des Peso nach Aufhebung der Devisenkontrollen – IWF-Kredit und Marktreaktionen im Fokus.

Argentinien: Peso im freien Fall
Kurz & knapp:
  • Peso verliert 12% nach Liberalisierung des Wechselkurses
  • IWF unterstützt Reformen mit 20-Milliarden-Dollar-Paket
  • Landwirte zögern trotz lockerer Devisenregeln
  • Globale Märkte reagieren positiv auf Argentiniens Kurswechsel

Die argentinische Peso-Währung sackte am Montag um 12% ab, nachdem die Regierung unter dem libertären Präsidenten Javier Milei weitreichende Kapital- und Devisenkontrollen aufgehoben hatte. Der drastische Schritt erfolgte im Rahmen eines neuen 20-Milliarden-Dollar-Kreditprogramms mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und markiert eine fundamentale Wende in der Wirtschaftspolitik des krisengeschüttelten Landes.

Währungsreform als Befreiungsschlag

Die argentinische Zentralbank gab die bisher streng kontrollierte Währung für einen freien Handel innerhalb einer deutlich erweiterten Bandbreite von 1.000 bis 1.400 Pesos pro Dollar frei. Der offizielle Wechselkurs fiel daraufhin auf rund 1.200 Pesos pro Dollar, nachdem er am Freitag noch bei 1.074 geschlossen hatte. Trotz der kurzfristigen Turbulenzen wurde der Schritt von Investoren und Ökonomen begrüßt, die darin einen entscheidenden Schritt zur wirtschaftlichen Normalisierung sehen.

"Das Land erscheint näher an einer makroökonomischen Stabilität als zu jedem anderen Zeitpunkt seit den 2000er Jahren", kommentierte Capital Economics die Entwicklung. Die Differenz zwischen dem offiziellen und dem auf dem Schwarzmarkt gehandelten Peso-Kurs verringerte sich dramatisch von 28% auf etwa 7%, was als positives Zeichen für die Wirksamkeit der Reform gewertet wird.

Landwirtschaft wartet ab

Argentiniens Getreideproduzenten, eine zentrale Devisenquelle des Landes, reagierten zunächst verhalten auf die neuen Maßnahmen. Trotz der lockeren Devisenkontrollen dürften die Verkäufe von Soja und Mais diese Woche langsam bleiben, wie Branchenexperten berichten. Die verkürzte Handelswoche durch die Osterfeiertage und die Unsicherheit über die endgültige Stabilisierung des Peso-Kurses tragen zur Zurückhaltung bei.

"Die Produzenten konzentrieren sich derzeit mehr auf die Ernte als auf den Wechselkurs, von dem sie bereits wissen, dass er über den 1.129 Pesos pro Dollar vom Freitag liegen wird", erklärte Analystin Lorena D’Angelo aus dem Getreidezentrum Rosario. Hinzu kommt, dass starke Regenfälle die Sojabohnen-Ernte verzögert haben und die Bauern nun unter Hochdruck arbeiten.

"Wir ernten so viel wie möglich", sagte Landwirtin Noelia Castagnini aus der Provinz Santa Fe. "Im Moment stecken alle meine Maschinen im Schlamm, aber um die Felder werden wir uns später kümmern."

Präsident Milei forderte die Landwirte in einem Radiointerview auf, ihre Verkäufe zu beschleunigen: "Sagt den Landwirten, wenn sie verkaufen müssen, sollten sie es jetzt tun." Er deutete an, dass eine vorübergehende Steuerentlastung, die Ende Juni ausläuft, nicht verlängert werden würde.

Internationale Unterstützung und Marktreaktionen

Der IWF-Deal wird zunächst 12 Milliarden Dollar freisetzen, weitere 3 Milliarden sollen später im Jahr folgen. Argentinien kündigte zudem umfangreiche Kreditvereinbarungen mit anderen multilateralen Kreditgebern und Banken an, die die erschöpften Devisenreserven des Landes stärken sollen.

Die internationalen Anleihen Argentiniens legten am Montag deutlich zu, wobei einige Laufzeiten mehr als 4 Cent pro Dollar gewannen. Der lokale Merval-Aktienindex sprang um 8,5% nach oben. Die positiven Marktreaktionen spiegeln die Hoffnung wider, dass die Reformen langfristig zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen Erholung führen könnten.

Die Beseitigung der Kapitalkontrollen könnte auch dringend benötigte Investitionen in Argentiniens Bergbau- und Energiesektor anlocken. Milei will internationale Investoren zurückgewinnen, um die Entwicklung von Schieferöl- und Gasreserven in Vaca Muerta sowie Lithiumvorkommen, die für Elektrofahrzeugbatterien verwendet werden, voranzutreiben.

Globale Handelsspannungen belasten Märkte

Während Argentinien um wirtschaftliche Stabilisierung ringt, sorgen die Handelspolitik der Trump-Administration und drohende neue Zölle für Unruhe an den globalen Märkten. Die geplanten US-Zollerhöhungen wurden von der ehemaligen US-Finanzministerin Janet Yellen als "Vorschlaghammer" für die US-Wirtschaft und amerikanische Bündnisse bezeichnet.

Yellen äußerte sich besorgt, dass Trumps Zölle und andere Maßnahmen das Vertrauen der Verbündeten in die US-Verpflichtungen untergraben und einige Investoren dazu veranlassen, US-Vermögenswerte zu meiden. Der letzte Woche beobachtete Anstieg der Renditen von US-Staatsanleihen sei beunruhigend, da er die Sicherheit "des Grundpfeilers des globalen Finanzsystems, nämlich der US-Staatsanleihen" in Frage stelle.

Die Zinsentwicklung hat sich am Montag nach der Ankündigung der US-Regierung, dass Smartphones, Computer und Halbleiter zumindest vorübergehend von Trumps höchsten China-Zöllen ausgenommen werden, beruhigt. Die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihe sank um 8 Basispunkte auf 4,41%, liegt aber immer noch deutlich über dem Niveau von 3,99% vom 4. April.

Zolldruck auf Konsumgüter

Die neuen US-Zölle treffen auch Konsumgüter wie Barbie-Puppen. In Spanien zeigen sich TikTok-Influencerin und Sammlerin Noemi de Lama sowie Spielzeughändlerin Gloria Diez alarmiert über die erwartete Preissteigerung bei den beliebten Mattel-Puppen, von denen viele in China hergestellt werden. "Jedes Mal, wenn jemand etwas von außerhalb der Vereinigten Staaten in sein Land bringen will, wird Trump es überbelasten", sagte de Lama in einem Online-Beitrag.

Die höheren Kosten werden letztendlich an die Verbraucher weitergegeben. "Der Endkunde ist derjenige, der am Ende für diesen erhöhten Betrag bezahlt", sagte Diez. "Als Händlerin und Sammlerin, letztendlich wird jede Instabilität auf dem Markt, sei es ein Krieg, Zölle oder Container aus China, die plötzlich im Kanal stecken bleiben, immer etwas sein, das unseren Handel beeinflusst."

Auswirkungen auf Rohstoffmärkte

Die Unsicherheit durch die US-Handelspolitik belastet auch die Industriemetallmärkte. Goldman Sachs hat am Montag seine Prognose für Aluminiumpreise in diesem Jahr gesenkt, nachdem seine Ökonomen die globalen Wachstumsprognosen für die USA und China nach der drastischen Erhöhung der US-Zölle durch die Trump-Administration nach unten korrigiert hatten.

"Wir erwarten jetzt, dass der Aluminiumpreis im dritten Quartal 2025 auf einen monatlichen Durchschnittswert von 2.000 Dollar pro metrische Tonne fallen wird", teilte die Bank in einer Notiz mit. Goldman rechnet mit einem globalen Aluminiummarktüberschuss von 580.000 Tonnen im Jahr 2025, während zuvor ein Defizit von 76.000 Tonnen prognostiziert wurde.

Die Warnung der US-Notenbank-Gouverneurs Christopher Waller, dass die Zollpolitik der Trump-Administration "einer der größten Schocks ist, der die US-Wirtschaft seit vielen Jahrzehnten betrifft", verdeutlicht die Tragweite der aktuellen handelspolitischen Verwerfungen. Die Federal Reserve könnte laut Waller gezwungen sein, die Zinssätze zu senken, um eine Rezession abzuwenden, selbst wenn die Inflation hoch bleibt.

Die wirtschaftlichen Aussichten bleiben damit sowohl in Argentinien als auch auf globaler Ebene von erheblicher Unsicherheit geprägt – mit dem Unterschied, dass Argentinien mit seinen radikalen Reformen einen Weg aus der Krise sucht, während stabile Volkswirtschaften durch neue Handelshürden unter Druck geraten.

Über Felix Baarz 63 Artikel
Mit über fünfzehn Jahren Erfahrung als Wirtschaftsjournalist hat sich Felix Baarz als Experte für internationale Finanzmärkte etabliert. Seine Leidenschaft gilt den Mechanismen globaler Finanzmärkte und komplexen wirtschaftspolitischen Zusammenhängen, die er für seine Leserschaft verständlich aufbereitet.In Köln geboren und aufgewachsen, entdeckte er früh sein Interesse für Wirtschaftsthemen und internationale Entwicklungen. Nach seinem Studium startete er als Wirtschaftsredakteur bei einer renommierten deutschen Fachpublikation, bevor ihn sein Weg ins Ausland führte.Ein prägendes Kapitel seiner Karriere waren die sechs Jahre in New York, wo er direkten Einblick in die globale Finanzwelt erhielt. Die Berichterstattung von der Wall Street und über weltweite wirtschaftspolitische Entscheidungen schärfte seinen Blick für globale Zusammenhänge.Heute ist Felix Baarz als freier Journalist für führende Wirtschafts- und Finanzmedien im deutschsprachigen Raum tätig. Seine Arbeit zeichnet sich durch fundierte Recherchen und präzise Analysen aus. Er möchte nicht nur Fakten präsentieren, sondern auch deren Bedeutung erklären und seinen Lesern Orientierung bieten – sei es zu wirtschaftlichen Trends, politischen Entscheidungen oder langfristigen Veränderungen in der Finanzwelt.Zusätzlich moderiert er Diskussionen und nimmt an Expertenrunden teil, um sein Wissen einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Dabei liegt sein Fokus darauf, komplexe Themen informativ und inspirierend zu vermitteln. Felix Baarz versteht seine journalistische Aufgabe darin, in einer sich schnell wandelnden Welt einen klaren Blick auf wirtschaftliche Zusammenhänge zu ermöglichen und seine Leser bei fundierten Entscheidungen zu unterstützen – beruflich wie privat.