Trump-Handelskrieg erschüttert Weltwirtschaft

Die drastischen US-Zölle gegen China lösen weltweite Turbulenzen an Finanzmärkten aus und zwingen Zentralbanken zum Handeln.

Trump-Handelskrieg erschüttert Weltwirtschaft
Kurz & knapp:
  • Chinas Wirtschaftswachstum durch US-Zölle massiv gebremst
  • US-Dollar verliert stark an Wert gegenüber anderen Währungen
  • Zentralbanken erwägen Zinssenkungen wegen Handelsunsicherheiten
  • Trump eröffnet neue Front im Konflikt mit Harvard

Die globalen Finanzmärkte befinden sich im April 2025 in einem Zustand erhöhter Nervosität, nachdem US-Präsident Donald Trump seine aggressive Zollpolitik dramatisch verschärft hat. Seit dem 11. April steht China praktisch unter einem US-Handelsembargo mit Zöllen von 145%. Diese radikale Eskalation hat nicht nur die chinesische Wirtschaft ins Wanken gebracht, sondern löst eine Kettenreaktion in der globalen Finanzlandschaft aus – mit weitreichenden Folgen für Währungen, Zentralbankpolitik und Anlagestrategien.

Dramatischer Wachstumseinbruch für China

Die Auswirkungen der Trump-Zölle auf die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt sind verheerend. Führende Investmenthäuser haben ihre Wachstumsprognosen für China drastisch nach unten korrigiert. UBS senkte ihre BIP-Prognose für 2025 von 4% auf nur noch 3,4%, während Goldman Sachs von 4,5% auf 4% zurückruderte. Citi zeigt sich mit einer Revision von 4,7% auf 4,2% ähnlich pessimistisch.

"Wir erwarten, dass Chinas Exporte in die USA in den kommenden Quartalen um zwei Drittel einbrechen und die Gesamtexporte in US-Dollar im Jahr 2025 um 10% zurückgehen werden", warnt UBS in einer Analystennotiz. Das Handelshaus schätzt, dass die Zollerhöhungen in diesem Jahr einen Wachstumsdämpfer von mehr als zwei Prozentpunkten für Chinas BIP bedeuten könnten.

Besonders alarmierend: Goldman Sachs schätzt, dass zwischen 10 und 20 Millionen Arbeitsplätze in China durch den Einbruch der US-Exporte gefährdet sind. Die Kombination aus extrem hohen US-Zöllen, stark rückläufigen Exporten in die USA und einer sich verlangsamenden Weltwirtschaft dürfte erheblichen Druck auf die chinesische Wirtschaft und den Arbeitsmarkt ausüben.

Dollarschwäche und Währungsturbulenzen

Die ständig wechselnden Zollankündigungen haben das Vertrauen in den US-Dollar fundamental erschüttert. Die amerikanische Währung dümpelt nahe einem Dreijahrestief gegenüber dem Euro und einem Sechsmonatstief gegenüber dem Yen. Der Dollar-Index, der den Wert der US-Währung gegenüber sechs anderen wichtigen Währungen misst, steht bei 99,864 – nicht weit von seinem Dreijahrestief entfernt. Mit einem Rückgang von über 4% im laufenden Monat steuert der Greenback auf den stärksten monatlichen Verlust seit November 2022 zu.

Besonders dramatisch ist der Einbruch gegenüber dem Schweizer Franken: Der Dollar hat in diesem Monat fast 8% verloren – der stärkste monatliche Rückgang seit Dezember 2008, mitten in der Finanzkrise.

"Die politische Verwirrung und die Erosion des Anlegervertrauens befeuern eine langsame, aber stetige Rotation aus Dollar-Anlagen", erklärt Kieran Williams, Leiter des Asien-Devisenhandels bei InTouch Capital Markets. "Die jüngsten Rückzieher bei den US-Zöllen haben zwar einen Teil der akuten Marktängste gelindert, schwächen aber die Safe-Haven-Attraktivität des Dollars kurzfristig."

Zentralbanken unter Zugzwang

Die handelspolitischen Verwerfungen stellen Zentralbanken weltweit vor ein Dilemma. Die australische Notenbank (RBA) signalisierte in ihrem jüngsten Sitzungsprotokoll erhebliche Besorgnis über die globalen Handelsturbulenzen und deren mögliche Auswirkungen auf Inflation und Wirtschaftsentwicklung.

ANZ-Analysten erwarten nun, dass die RBA im Mai, Juli und August jeweils Zinssenkungen um 25 Basispunkte vornehmen wird, um den Herausforderungen durch die globalen Handels- und Wachstumsrisiken zu begegnen. Nach einer ersten Zinssenkung im Februar um 25 Basispunkte auf 4,1% hatte die RBA im März die Zinsen zunächst konstant gehalten.

"Die jüngsten Ereignisse lassen die Tür offen für eine Lockerung der Geldpolitik, noch bevor harte Daten die Auswirkungen der globalen Handelsunsicherheit zeigen", so die ANZ-Analysten. Die RBA selbst bezeichnete den Mai als geeigneten Zeitpunkt für eine Neubewertung der geldpolitischen Ausrichtung.

Auch die US-Notenbank Fed steht unter zunehmendem Druck. Fed-Gouverneur Christopher Waller erklärte am Montag, dass die Zollpolitik der Trump-Administration einen erheblichen Schock für die US-Wirtschaft darstelle. Die Fed könnte gezwungen sein, die Zinsen zu senken, um eine Rezession zu verhindern – selbst wenn die Inflation hoch bleibe. Marktteilnehmer rechnen laut LSEG-Daten für den Rest des Jahres mit Zinssenkungen der Fed um insgesamt 86 Basispunkte.

Trump gegen Harvard: Eskalation im Bildungssektor

Während der Handelskrieg die globalen Märkte erschüttert, öffnet Trump eine weitere Front im Bildungssektor. Die US-Regierung hat Finanzmittel in Höhe von 2,3 Milliarden Dollar für die Harvard-Universität eingefroren, nachdem die renommierte Bildungseinrichtung Forderungen der Regierung zurückgewiesen hatte.

Harvard-Präsident Alan Garber wehrte sich in einem offenen Brief gegen die Regierungsforderungen, die unter anderem eine "Überprüfung" der politischen Ansichten von Studenten, Fakultätsmitgliedern und Mitarbeitern zur Identifikation linker Denker vorsahen. "Keine Regierung – unabhängig davon, welche Partei an der Macht ist – sollte diktieren können, was private Universitäten lehren dürfen, wen sie zulassen und einstellen können und welche Studien- und Forschungsbereiche sie verfolgen können", schrieb Garber.

Als Reaktion plant Harvard nun, 750 Millionen Dollar an den Finanzmärkten aufzunehmen, um etwaige Finanzierungsengpässe zu überbrücken. Der Konflikt zwischen der Trump-Administration und einigen der reichsten Universitäten der Welt hat Bedenken hinsichtlich der Meinungs- und akademischen Freiheit geweckt.

Pharma und Auto: Die nächsten Zollopfer?

Die Unsicherheit darüber, welche Sektoren als nächstes ins Visier der US-Zollpolitik geraten könnten, sorgt für zusätzliche Marktvolatilität. Laut Einträgen im Federal Register bereitet die Trump-Administration Untersuchungen zu Importen von Medikamenten und Chips vor, um auch in diesen Sektoren Zölle zu erheben.

Dies würde besonders europäische Pharmaunternehmen wie Novo Nordisk treffen, deren Abnehmpräparate in den letzten Jahren zu globalen Verkaufsschlagern geworden sind. Gleichzeitig deutete Trump eine mögliche Ausnahme für den Automobilsektor an, was zu einer kurzfristigen Erholung japanischer Autoaktien führte.

Die ständig wechselnden Ankündigungen erschweren Unternehmen und Investoren jede langfristige Planung. "Die Ereignisse der letzten Woche unterstreichen, mit welcher Geschwindigkeit Präsident Trump Zollsätze ändern kann, während sie gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit hoher Zölle auf chinesische Waren verdeutlichen", warnt Goldman Sachs.

Ausblick: Anhaltende Unsicherheit durch Zollpolitik

Die expansive Zollpolitik der Trump-Administration hat die globalen Finanzmärkte in einen dauerhaften Zustand der Nervosität versetzt. Die schwankenden Ankündigungen und ihr unvorhersehbarer Charakter untergraben das Vertrauen in USD-denominierte Anlagen und zwingen Anleger zu einer Neuausrichtung ihrer Portfolios.

"Die vergangene Woche war geprägt von Deleveraging, Liquidation und Umschichtung aus US-Vermögenswerten. Diese Woche ist der Ton ruhiger", erklärt Prashant Newnaha, leitender Stratege für Asien-Pazifik-Zinsen bei TD Securities.

Doch selbst in vergleichsweise ruhigeren Marktphasen bleibt die grundlegende Unsicherheit bestehen. Citi-Analysten sehen "wenig Spielraum für eine Einigung zwischen den USA und China nach den jüngsten Eskalationen" und erwarten, dass sich die chinesische Politik nun stärker auf die Ausweitung der Binnennachfrage konzentrieren könnte.

Für die Weltwirtschaft bedeutet dies eine fortgesetzte Phase der Anpassung an eine neue handelspolitische Realität – mit weitreichenden Folgen für Wachstum, Inflation und die globale Finanzarchitektur.

Über Felix Baarz 69 Artikel
Mit über fünfzehn Jahren Erfahrung als Wirtschaftsjournalist hat sich Felix Baarz als Experte für internationale Finanzmärkte etabliert. Seine Leidenschaft gilt den Mechanismen globaler Finanzmärkte und komplexen wirtschaftspolitischen Zusammenhängen, die er für seine Leserschaft verständlich aufbereitet.In Köln geboren und aufgewachsen, entdeckte er früh sein Interesse für Wirtschaftsthemen und internationale Entwicklungen. Nach seinem Studium startete er als Wirtschaftsredakteur bei einer renommierten deutschen Fachpublikation, bevor ihn sein Weg ins Ausland führte.Ein prägendes Kapitel seiner Karriere waren die sechs Jahre in New York, wo er direkten Einblick in die globale Finanzwelt erhielt. Die Berichterstattung von der Wall Street und über weltweite wirtschaftspolitische Entscheidungen schärfte seinen Blick für globale Zusammenhänge.Heute ist Felix Baarz als freier Journalist für führende Wirtschafts- und Finanzmedien im deutschsprachigen Raum tätig. Seine Arbeit zeichnet sich durch fundierte Recherchen und präzise Analysen aus. Er möchte nicht nur Fakten präsentieren, sondern auch deren Bedeutung erklären und seinen Lesern Orientierung bieten – sei es zu wirtschaftlichen Trends, politischen Entscheidungen oder langfristigen Veränderungen in der Finanzwelt.Zusätzlich moderiert er Diskussionen und nimmt an Expertenrunden teil, um sein Wissen einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Dabei liegt sein Fokus darauf, komplexe Themen informativ und inspirierend zu vermitteln. Felix Baarz versteht seine journalistische Aufgabe darin, in einer sich schnell wandelnden Welt einen klaren Blick auf wirtschaftliche Zusammenhänge zu ermöglichen und seine Leser bei fundierten Entscheidungen zu unterstützen – beruflich wie privat.