Mögliche Gewinner in Europa – Staaten der Three Seas Initiative

Zuerst muss festgehalten werden, dass die Pandemie nur ein Brandbeschleuniger ist und nicht der Verursacher der aktuellen Rekonfiguration. Ohne die Pandemie wäre die jetzige Geoökonomische & Geopolitische Entwicklung langsamer fortgeschritten und nicht wie ein Orkan über die Staaten hergefallen. Die ersten Gedanken zu einer Globalisierung a la Carte wurden schon im Jahr 2014 von Herrn Harald Malmgren formuliert und veröffentlicht. Kurz vereinfacht dargestellt bedeutet dieses, dass die Globalisierung nicht mehr unreflektiert und bedingungslos erfolgen wird.

Wie hier auf TT schon zuvor geschrieben wurde, wird diese Rekonfiguration Gewinner und Verlierer hervorbringen. Dabei wird wahrscheinlich die sogenannte Anglosphäre weltweit zu den Gewinnern zählen. Doch auch auf Regionaler Ebene werden sich Gewinner herauskristallisieren, die letztendlich ein stärkeres Wirtschaftswachstum aufweisen werden, als andere Staaten. In Kontinentaleuropa wird man wahrscheinlich Richtung Ost- und Zentraleuropa blicken müssen, um die möglichen Gewinner identifizieren zu können. Hier entwickelt sich die Three Seas Initiative (3SI) zu einem wichtigen Treiber des Fortschritts/Umbaus. Diese werden nicht nur von der EU gefördert, sondern auch vom US-Amerikanischen Hegemon.

Die Three Seas Initiative

Die 3SI ist eine Regionale Initiative, welche das Ziel verfolgt, die zwischenstaatliche Infrastruktur und Wirtschaft der zugehörigen Länder zu fördern. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf der Verbesserung der Nord-Süd Verbindungen, da diese in der Sowjet Zeit aus verschiedenen Gründen nicht ausreichend ausgebaut worden waren.

An der Initiative sind 12 Staaten beteiligt, welche gleichzeitig alle Mitglieder der Europäischen Union sind: Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, Slowakei, Slowenien, Rumänien, Bulgarien, Ungarn, Kroatien und Österreich.

Der Start der Initiative erfolgte im Jahr 2015 durch die Präsidenten von Kroatien und Polen und der erste Gipfel wurde 2016 abgehalten.

Dass die 3SI Staaten von der US Regierung aber auch von dem US Kongress Unterstützung finden lässt sich an folgendem ablesen. Im Oktober 2019 wurde im Kongress eine Resolution eingebracht, mit dem Kürzel: H.Res. 672.

“expressing support of the Three Seas Initiative in its efforts to increase energy independence and infrastructure connectivity thereby strengthening the United States and European national security”

Aber auch Präsident Trump zeigte schon im Jahr 2017 seine Unterstützung für dieses Projekt. Diese Unterstützung findet sich in mehreren Reden, welche hier nicht vollumfänglich aufgeführt werden sollen. Hier soll uns folgende Bemerkung von Deputy Secretary Biegun reichen:

The United States, through the U.S. International Development Finance Corporation, has committed to investing up to $1 billion toward Three Seas Initiative energy projects, and welcomes the investments to the Three Seas Initiative Investment Fund announced by Estonia, Latvia, Hungary, Poland, and Romania. Looking forward to the October 2020 Tallinn Summit, we encourage all Three Seas member states to invest in the Fund, to endorse the Blue Dot Network principles, and to launch projects that will make this initiative an innovative platform and vehicle for positive change.

Deputy Secretary Biegun’s Remarks at the Three Seas Initiative Virtual Ministerial

Drei Dinge fallen hier auf:

Es finden sich hier zwei „neue“ Instrumente der US-Außenpolitik, mit denen Verbündete Staaten gefördert werden sollen. Darüber hinaus sind sie die US Antwort auf die Belt and Road Initiative der Kommunistischen Partei Chinas. Was zusätzlich auffällt ist, dass die Bereiche Energie, Transport und Kommunikation nicht nur für die Wirtschaft von größter Bedeutung sind, sondern auch für die NATO.

Zivil-Militärischer Nutzen

An dieser Stelle muss die besondere Bedeutung der Ostsee/Kaliningrad und der des Schwarzen Meeres für Russlands Macht Projektion angemerkt werden. Der Fall des Eisernen Vorhangs und die damit einhergehende Auflösung des Sowjetimperiums verlagerte langfristig auch die NATO Außengrenze. Damit sind jetzt Estland, Lettland Litauen, Polen und Rumänien die neuen „Frontstaaten“, durch die die Ostflanke Europas/NATO geschützt wird.

Doch nicht nur Russland ist gewillt die Stabilität Europas zu unterminieren, sondern auch die Türkei und die Kommunistische Partei Chinas mit der Belt and Road Initiative. Damit sind die Staaten der 3SI unentbehrlich für die Sicherheitsarchitektur Europas/NATO und werden dementsprechend von der EU und den USA gefördert.

Dazu zählen schlussendlich der Ausbau von Häfen, Straßen, Wasserstraßen, Eisenbahnverbindungen, Kraftwerke (z.B. Atomkraft in Polen), Stromnetze, Pipelinenetzwerke und Telekommunikation. Es sind Punkte die erst vor einigen Wochen von Präsident Trump und Präsident Duda kommentiert wurden. All diese Bereiche haben einen Zivilen, wie auch Militärischen Nutzen und sind unteranderem eine der Grundvoraussetzungen für eine starke wirtschaftliche Entwicklung.

Der Ausbau wird vorangetrieben

Beim Thema des weiteren Ausbaus der bestehenden Infrastruktur ist es interessant zu wissen, was in der zurückliegenden Dekade bereits erreicht werden konnte. Dazu kann beim Three Seas Investment Fund folgendes gelesen werden:

Over the last decade, a few countries in the Three Seas region, mainly Poland, Romania and Bulgaria, have made significant improvements in terms of transport infrastructure quality. … The average quality of transportation networks in the TS region, as measured by the Global Competitiveness Report, has approached the German level, but only because of underinvestment in infrastructure in Germany.

Perspectives for infrastructural investments in the Three Seas region A Special Report – https://3siif.eu/news/three-seas-region-report

Dieser Ausbau wird auch zukünftig weiter vorangetrieben. In den Bereichen Energie, Transport und Digitalem / Kommunikation wurden auf dem Gipfel 2018 folgende Projekte vorgestellt, denen eine große Priorität beigemessen wird.

  • Energy
  • A prospective LNG terminal in Krk, Croatia, with a connecting pipeline through Hungary and Slovakia
  • The Gas Interconnection Poland-Lithuania (GIPL), a pipeline that would connect Lithuania, Latvia, and Estonia to the wider European gas network
  • The Bulgaria-Romania-Hungary-Austria (BRUA) pipeline, which would supply Romanian Black Sea gas to the region
  • Transportation
  • The completion of Trans-European Transport Network (TEN-T) north-south road and railway corridors that would connect the Baltic (Poland) with the Adriatic (Slovenia and Italy) and with Greece via the Western Balkans
  • Viking Train, a railway to connect the Baltic Sea to the Black Sea, via Lithuania, Belarus, and Ukraine
  • FAIRway Danube, a project to improve infrastructure and navigation conditions for water traffic on the Danube River in Romania, Bulgaria, Croatia, Hungary, and Slovakia
  • Digital
  • The Three Seas Digital Highway, a series of projects to improve data transfer and enhance communications infrastructure, including 5G technology and fiber optics
  • 3SI Marketplace, seeking to boost trade and investment in the region by connecting small- and medium-sized enterprises (SMEs) to investment capital
  • The SmartCity Forum, seeking to accelerate innovation and foster investment in innovation in regional cities

Aus den hier genannten Projekten, wie z.B. BRUA Pipeline oder FAIRway Danube, lassen sich vielversprechende langfristige Investmentfälle ableiten. Insbesondere wenn man bedenkt, dass sich die Lieferketten zukünftig an die großen Märkte annähern werden. Eine Entwicklung auf die hier im Bereich Lieferketten schon öfters hingewiesen wurde.

Zusätzlich zu den genannten Projekten kommt es häufig vor, dass Militärübungen wie Defender 2020 dazu führen, dass zuvor Straßen und Telekommunikationsanlagen erneuert werden müssen. Ein Umstand der auch der Wirtschaft langfristig zugute kommt.

Fazit

Der Ausbau der kritischen Infrastruktur in den 3SI Staaten ist wahrscheinlich ein wichtiger Baustein, bei dem Versuch langfristig die Lieferketten neuzugestalten. Aufgrund der engen Bindungen Polens zu den USA, ihrer Geographischen Lage und ihrer regen Teilnahme an NATO Missionen, ist es wahrscheinlich eines der Länder, welche eine sehr gute Zukunftsperspektive haben werden. Die Bindung Polens an die USA und ihre Rolle innerhalb der NATO ist in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzen. Das ist es, was ihnen zusätzliche Mittel einbringt. Die USA als Hegemon sind natürlich gewillt, in ihren Augen positives Verhalten zu belohnen. Hier kommt die „Unsichtbare“ Hand des Hegemon ins Spiel, der dafür sorgen kann, dass Investitionsmittel in die entsprechenden Staaten gelangen.

Daneben wirkt Rumänien auf der Südseite als weiterer Schlüsselstaat, der durch seine Geographischen Lage besondere Bedeutung genießt. Ein Umstand der sich auch für dieses Land langfristig auszahlen sollte. Insgesamt kann man vermuten, dass die Staaten der 3SI langfristig ein „neues“ Ökonomischen Zentrum innerhalb Europas bilden werden.

Für einen Investor ist z.B. folgende Aussage von Deputy Secretary Biegun interessant: „to endorse the Blue Dot Network principles“. Das bedeutet, dass die Infrastruktur nur von Unternehmen gebaut werden darf, die die Voraussetzungen des Blue Dot Networks erfüllen. Im Telekommunikationsbereich, also 5G, gehören unteranderem Nokia und Ericsson zu diesen Unternehmen. Jedoch kann es für einen Privatinvestor besser sein, wenn er mithilfe eines Aktiv Gemanagten Funds an den Investmentfall 3SI herangeht, da die Beteiligungsmöglichkeiten recht schwer zu identifizieren sind. Andererseits können sich sogenannte Sophisticated Investors direkt an dem Three Seas Investment Fund beteiligen.

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