Im hart umkämpften Markt der Chemiedistribution stehen sich zwei europäische Schwergewichte gegenüber: Der deutsche Marktführer Brenntag und der niederländische Spezialist Imcd. Beide kämpfen derzeit mit einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld – doch wer meistert die Krise besser? Während Brenntag mit seiner schieren Größe und einem Umsatz von über 16 Milliarden Euro die Branche dominiert, setzt Imcd auf Spezialchemie und aggressive Übernahmen. Die jüngsten Quartalszahlen beider Unternehmen offenbaren ein gemischtes Bild: Brenntag musste seine Prognose senken, Imcd kämpft mit schrumpfenden Margen. Für Anleger stellt sich die entscheidende Frage: Welche Strategie zahlt sich in der aktuellen Marktlage aus?
Kurse unter Druck: Wer verliert weniger?
Die Börse hat auf die jüngsten Geschäftszahlen beider Unternehmen deutlich reagiert – und zwar negativ. Brenntags Aktie rutschte nach den Q2-Zahlen vom 13. August kräftig ab. Der Grund: Das operative EBITA sackte um satte 13,9% ab, der Gewinn je Aktie brach regelrecht ein. Das Management verwies auf wirtschaftliche Unsicherheiten und ungünstige Wechselkurse. Die Reaktion der Anleger folgte prompt: minus 3% am Tag der Veröffentlichung.
Seitdem versucht die Aktie, bei etwa 54 Euro einen Boden zu finden. Die gesenkte Jahresprognose – das operative EBITA soll nun zwischen 950 Millionen und 1,05 Milliarden Euro landen – hat die Erwartungen zwar gedämpft, aber auch kurzfristige Kursphantasien zunichtegemacht.
Imcd erwischt es noch härter. Die Aktie befindet sich bereits seit Monaten im Abwärtstrend und markierte zuletzt neue 52-Wochen-Tiefs. Die Halbjahreszahlen Ende Juli mit einem mageren Plus von 2% beim operativen EBITA verpufften wirkungslos. Stattdessen dominieren Sorgen über schrumpfende Erträge und Margendruck. Während Imcd munter weiter Firmen aufkauft, schaut der Markt skeptisch auf die kurzfristigen Gewinnaussichten.
Stärken und Schwächen: David gegen Goliath?
Brenntag spielt die Karte der schieren Größe aus. Mit zwei Geschäftsbereichen – Brenntag Essentials für Prozesschemikalien und Brenntag Specialties für höherwertige Inhaltsstoffe – ist der Konzern breit aufgestellt. Diese Diversifikation bietet Stabilität, macht aber auch anfälliger für globale Konjunkturschwächen.
Die Zahlen für 2024 können sich dennoch sehen lassen: 16,2 Milliarden Euro Umsatz, 1,1 Milliarden Euro operatives EBITA. Besonders attraktiv für Dividendenjäger: Die Rendite liegt bei soliden 3,87%. Der Wermutstropfen: Die EBITA-Marge bröckelt in beiden Divisionen.
Imcd fährt eine andere Strategie. Der Fokus liegt klar auf Spezialchemikalien mit höheren Margen. Das Unternehmen versteht sich weniger als reiner Händler, sondern als Formulierungspartner mit eigenem Labornetzwerk. Diese Positionierung ermöglichte in der Vergangenheit beeindruckendes Wachstum.
Mit 4,7 Milliarden Euro Umsatz und 531 Millionen Euro EBITA im Jahr 2024 ist Imcd deutlich kleiner als Brenntag. Die Achillesferse: Die hohe Bewertung bei gleichzeitig nachlassendem Wachstum macht die Aktie verwundbar.
Wettbewerbsposition: Größe oder Spezialisierung?
Brenntag trumpft mit seinem globalen Netzwerk auf – über 70 Länder, unzählige Kunden von Klein bis Groß. Das „Projekt Brenntag“ soll die beiden Divisionen noch fokussierter machen und versteckte Werte heben. Die jüngste Übernahme von TPE Midstream-Assets in Nordamerika zeigt: Man will das Serviceportfolio in Schlüsselmärkten wie Öl & Gas stärken.
Imcd kontert mit technischer Expertise und Kundennähe. Die Labore entwickeln gemeinsam mit Kunden neue Produkte – das schafft Bindung und rechtfertigt höhere Preise. Die aggressive Übernahmestrategie ist dabei kein Selbstzweck: Sie ermöglicht schnelle Expansion in neue Märkte und Regionen, wie die jüngsten Zukäufe in Iberien und Chile zeigen.
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Beide profitieren vom Megatrend, dass Chemiehersteller den Vertrieb zunehmend auslagern. Doch während Brenntag als Vollsortimenter punktet, setzt Imcd auf die lukrativeren Nischen.
Analysten-Meinungen: Vorsicht allerorten
Bei Brenntag herrscht nach den Q2-Zahlen ein gemischtes Bild. Warburg Research bleibt bei „Kaufen“, während DZ Bank und JPMorgan bei „Verkaufen“ bleiben. Der Konsens tendiert zu „Halten“. Das durchschnittliche Kursziel von 15 Analysten liegt bei etwa 63 Euro – das wären rund 17% Aufwärtspotenzial. Allerdings reicht die Spanne von pessimistischen 47 bis zu optimistischen 85 Euro.
Zu Imcd äußern sich die Experten ebenfalls zurückhaltend. Die hohe Bewertung bei nachlassendem Wachstum bereitet Kopfzerbrechen. Zwar bleibt die langfristige Story intakt – Digitalisierung und M&A als Wachstumstreiber in resistenten Märkten wie Pharma. Doch kurzfristig warten alle auf Signale einer operativen Trendwende.
Chart-Check: Wer hat technisch die besseren Karten?
Brenntag kämpft um die Marke von 54 Euro. Hält diese Unterstützung, könnte eine Erholung folgen. Fällt sie, droht weiterer Druck. Widerstände liegen bei 56,60 und 55,56 Euro. Immerhin: Der MACD signalisierte kürzlich „Kaufen“ – ein zartes Hoffnungszeichen.
Bei Imcd sieht es düsterer aus. Die Aktie steckt in einem breiten Abwärtstrend fest und durchbrach alle langfristigen Durchschnitte. Das neue 52-Wochen-Tief schmerzt. Der RSI14 zeigt zwar „überverkauft“ an – ein Rebound wäre möglich. Aber ohne Volumen-Unterstützung auf aktuellem Niveau bleibt das Risiko weiterer Verluste hoch. Erst ein Ausbruch über 105,82 Euro würde den Trend drehen.
Fazit: Sicherheit oder Wachstumschance?
Die Wahl zwischen Brenntag und Imcd hängt vom persönlichen Risikoprofil ab. Keine der beiden Aktien ist derzeit ein klarer Kauf – aber beide haben ihre Reize.
Brenntag eignet sich für konservative Anleger. Die moderate Bewertung, die solide Dividende und die Marktführerschaft sprechen für sich. Wer an eine Konjunkturerholung glaubt und Geduld mitbringt, könnte hier richtig liegen. Das Risiko: Eine längere Wirtschaftsflaute würde weiter an Volumen und Margen nagen.
Imcd ist die riskantere Wette mit mehr Potenzial. Der Fokus auf Spezialchemie verspricht strukturelles Wachstum, die M&A-Strategie kann langfristig enormen Wert schaffen. Aber der jüngste Kursrutsch zeigt die Verwundbarkeit. Nur wer kurzfristige Volatilität aushält und an die Rückkehr auf den Wachstumspfad glaubt, sollte zugreifen.
Im direkten Vergleich hat Brenntag aktuell leichte Vorteile: stabilere Geschäftsentwicklung, attraktive Dividende, weniger ambitionierte Bewertung. Doch sobald sich die Konjunktur aufhellt, könnte Imcd mit seinem Spezialchemie-Fokus schneller durchstarten. Die Entscheidung bleibt eine Frage des Timings – und der eigenen Risikobereitschaft.
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