Nach vorzeitigen Äußerungen der Deutschen Börse AG als Betreiber der DAX-Indexfamilie wird es zum 24. September eine wichtige Umschichtung im Leitindex DAX geben. Mit der Commerzbank verläßt ein wichtiger Bankenwert den Index. Ersetzt wird er durch den Finanzdienstleister Wirecard – zumindest nach aktuellem Stand.
Die Digitalisierung fordert ihren Tribut. Traditionelle Banken haben Mühe, ihr Geschäftsmodell umzustellen. Profiteure sind Fintech-Unternehmen und Dienstleister an den Schnittstellen, welche Prozesse schneller und digitaler gestalten können. So kam es wohl, wie es kommen musste und schon im Juni eigentlich erwartet (siehe dazu Artikel: Änderungen MDAX, SDAX, TecDAX im Juni 2018).
Abstieg der Commerzbank
Diese Umschichtung soll nach aktuellen Medienberichten erst heute offiziell bestätigt werden, doch viel Spielraum haben weder Kurs noch die Betreiber der Indexfamilie. Der Commerzbank droht im September der Abstieg aus der ersten Börsenliga Deutschlands.
Abgesehen vom Imageschaden dürfte das Wachstum der Commerzbank und die internationale Aufmerksamkeit durch diese Veränderung des DAX gebremst werden. Bisher gehörte die Commerzbank seit der DAX-Gründung vor 30 Jahren permanent zur ersten Liga der Aktiengesellschaften in Deutschland. Dies scheint nun vorbei zu sein. Das Unternehmen scheitert an den Richtlinien für das Index-Listing, welche grob vereinfacht aus Börsenumsatz und Marktkapitalisierung bestehen. Der Kursverlauf der letzten 5 Jahre ist Zeuge dieser Entwicklung und zeigt sogar eine leicht negative Performance an:
Aufstieg von Wirecard
Fast schon konträr wirkt das Chartbild des Bezahldienstleisters Wirecard. Erst 1999 gegründet versteht sich die Wirecard AG als:
eines der weltweit führenden Unternehmen für elektronische Zahlungstransaktionen
Die Ergebnisse können sich durchaus sehen lassen. So wurde erst im August das Jahresziel noch einmal nach oben revidiert. Im Jahr 2020 soll lt. Börse Online ein Umsatz von 3 Milliarden Euro bei 215 Milliarden abgewickelten Zahlungen erreicht werden. Dies spiegelt sich im Aktienkurs natürlich wider:
Allein im laufenden Jahr kommt Wirecard auf eine Kursperformance von 107 Prozent. Auf Sicht der hier dargestellten 3 Jahre auf sagenhafte 434 Prozent. Analysten überschlagen sich derzeit mit Kurszielen und sehen diese im Schnitt über 200 Euro und ein Wachstum pro Jahr von 25 Prozent. Mit diesem Tempo kann die Commerzbank sicherlich nicht mithalten und aktuell auch nicht die Deutsche Bank.
Im Kurs ist damit noch ein wenig Luft vorhanden, könnte man meinen, sollte aber auch auf das Verhältnis achten. Denn hier stehen sich 21 positive Analysen nur einer negativen Analyse gegenüber (nachzulesen auf finanztreff.de).
Für die Indexzusammensetzung des DAX ist allerdings auch die Marktkapitalisierung wichtig. Hier kommt die Wirecard AG aktuell auf 24 Milliarden Euro. Das sind rund 20 Prozent mehr als die Deutsche Bank, welche erst jüngst aus dem Euro Stoxx 50 gefallen ist, jedoch ihren Platz im DAX weiter behalten sollte. Vergleichen mit der Commerzbank sprechen wir von einer Differenz von 14 Milliarden Euro – oder mehr als einer Verdopplung!
Zum Vergleich ein Zitat von ntv an dieser Stelle:
Sowohl die europäische Konkurrenz – etwa die französische BNP Paribas mit gut 65 Milliarden Euro als auch die spanische Santander mit rund 71 Milliarden Euro – sind deutlich mehr wert. Meilenweit entfernt sind die großen Wall-Street-Häuser, allen voran die größte US-Bank JPMorgan Chase mit 334 Milliarden Euro Börsenwert.
Fazit der Indexumschichtung DAX
Eine Umschichtung ist natürlich sinnvoll. Diese geschieht alle drei Monate bei der DAX-Indexfamilie. Wenn der aktuelle Trend anhält, dürften jedoch einige „Urgesteine“ der Deutschen Finanzlandschaft aus der ersten Liga und damit der Wahrnehmung bald verschwinden. Dies finde ich persönlich traurig. Nicht aus dem Grund der Nostalgie, sondern aus einer fragenden Sicht auf den Finanzsektor Deutschland, der sich extrem ausgiebig mit Regulierungen und Gesetzen anstatt mit Innovationen und Digitalisierung beschäftigt. Allein die Tatsache, dass sich noch immer alle „Banken“ gegen das reine Listing der Kurse von Kryptowährungen sträuben, zeigt symbolisch die Offenheit in Richtung Zukunft. Mit dieser „Strategie“ (hier formuliere ich bewusst wohlwollend) könnte die Zukunft weiterhin dunkel aussehen bzw. im direkten Kursvergleich mit neuen Unternehmen so weiterlaufen:
Als Anleger setzt man hier lieber auf die Gewinner von Morgen. Als Trader sind natürlich immer beide Seiten handelbar.
Viel Erfolg wünscht Andreas Mueller (Bernecker1977)