In der Welt der Bausoftware und des Produktdesigns stehen zwei europäische Schwergewichte im Ring: die deutsche Nemetschek SE und die französische Dassault Systèmes SE. Beide Unternehmen sind Architekten der digitalen Transformation in ihren Branchen, doch ihre Strategien und jüngsten Entwicklungen zeigen deutliche Unterschiede. Während Nemetschek mit einem starken zweiten Quartal und einer angehobenen Prognose glänzt, sieht sich Dassault mit einem herausfordernden Marktumfeld und gesenkten Analystenerwartungen konfrontiert.
Der integrierte Plattform-Champion gegen den agilen Multi-Marken-Strategen
Dassault Systèmes hat sich als globaler Marktführer für 3D-Design- und Product-Lifecycle-Management-Software etabliert. Das Herzstück ist die „3DEXPERIENCE“-Plattform – ein einheitliches digitales Ökosystem, das alle Prozesse eines Produktlebenszyklus vernetzt. Kunden aus Luft- und Raumfahrt, Automobilindustrie und Biowissenschaften nutzen die Plattform für „virtuelle Zwillinge“. Software-Verkäufe, insbesondere wiederkehrende Einnahmen aus Abonnements, machen rund 90 % des Gesamtumsatzes aus.
Nemetschek aus München deckt mit seinen Lösungen den kompletten Lebenszyklus von Bau- und Infrastrukturprojekten ab. Im Gegensatz zu Dassaults zentralisiertem Ansatz verfolgt der Konzern eine Mehrmarkenstrategie mit 13 eigenständigen Produktmarken wie Allplan, Bluebeam und Vectorworks. Diese dezentrale Struktur ermöglicht es, spezifische Kundenbedürfnisse in den Segmenten Design, Build, Manage und Media gezielt anzusprechen. Die forcierte Umstellung auf SaaS-Modelle treibt die wiederkehrenden Umsätze nach oben.
Finanzkennzahlen: David fordert Goliath heraus
Ein Blick auf die Zahlen offenbart zwei hochprofitable Unternehmen mit unterschiedlicher Wachstumsdynamik. Nemetschek überraschte im zweiten Quartal 2025 mit einem währungsbereinigten Umsatzsprung von 30,5 % auf 290 Millionen Euro. Besonders beeindruckend: Der Subscription/SaaS-Bereich explodierte mit über 72 % Wachstum. Diese Dynamik veranlasste das Management, die Jahresprognose auf 20-22 % Umsatzwachstum anzuheben.
Dassault Systèmes rechnet dagegen für 2025 mit einem moderateren währungsbereinigten Wachstum von 6-8 %. Die operative Marge musste wegen Währungseffekten leicht gesenkt werden. Im ersten Quartal 2024 wuchs der Umsatz um 6 %, der Software-Bereich legte 7 % zu.
Kennzahl | Nemetschek SE | Dassault Systèmes SE |
---|---|---|
Marktkapitalisierung | ca. 14,14 Mrd. EUR | ca. 35,49 Mrd. EUR |
Umsatz (letzte 12 M.) | ca. 1,05 Mrd. EUR | ca. 6,21 Mrd. EUR |
Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) | ca. 81 | ca. 20,4 (geschätzt 2025) |
Dividendenrendite | ca. 0,42 % | ca. 0,8 % (annualisiert) |
EBITDA-Marge (Q2 2025) | 30,5 % | 21,6 % (IFRS Q1 2024) |
Die Bewertungsunterschiede springen ins Auge: Nemetscheks KGV von 81 spiegelt die hohen Wachstumserwartungen wider, während Dassault mit einem KGV von 20,4 deutlich günstiger erscheint – auch eine Folge der gedämpften Aussichten.
Aktuelle News: Aufwind gegen Gegenwind
Die Nachrichtenlage könnte unterschiedlicher kaum sein. Nemetschek punktete kürzlich mit einer strategischen Partnerschaft mit buildingSMART Saudi Arabia zur digitalen Transformation des saudischen Bausektors. Die Q2-Zahlen übertrafen die Erwartungen deutlich, das organische Wachstum im Build-Segment erreichte stolze 31 %. Der Anteil wiederkehrender Umsätze kletterte im ersten Halbjahr auf einen Rekordwert von 92 % – die Transformation läuft wie geschmiert.
Bei Dassault Systèmes herrscht verhaltenere Stimmung. Die Q2-Ergebnisse verfehlten die Konsensschätzungen, die Prognose für Q3 deutet nur moderate Verbesserung an. Besonders das schwächelnde Medidata-Segment im Life-Science-Bereich bereitet Kopfzerbrechen. Ein Lichtblick: Die Kooperation mit Vietnam zur Ausbildung von 50.000 Halbleiter-Ingenieuren bis 2030 zeigt langfristiges Potenzial.
Zukunftsstrategien: Plattform-Power gegen Multi-Marken-Agilität
Beide Konzerne positionieren sich für die Megatrends Digitalisierung, Nachhaltigkeit und KI – aber mit unterschiedlichen Ansätzen.
Dassault setzt alles auf seine 3DEXPERIENCE-Plattform als zentrales Nervensystem der Industrie 4.0. Die Integration von generativer KI soll die Innovationskraft der Kunden steigern. Der Vorstoß in Life Sciences mit virtuellen Zwillingen des menschlichen Körpers verspricht revolutionäre Möglichkeiten für die personalisierte Medizin. Doch die schwache Performance im Medidata-Bereich zeigt: Die Umsetzung ist herausfordernd.
Nemetschek fokussiert sich auf die Digitalisierung der Baubranche und treibt offene Standards wie OpenBIM voran. Die Entwicklung einer unternehmensweiten Cloud-Plattform und der „dTwin“-Technologie für digitale Gebäudezwillinge steht im Zentrum. Gezielte Investments in KI-Start-ups wie Document Crunch erweitern das Portfolio um zukunftsweisende Lösungen.
Chancen und Risiken im Vergleich
Nemetschek SE | Dassault Systèmes SE | |
---|---|---|
Chancen | – Starke Position im wachsenden AEC/O-Markt – Erfolgreiche SaaS-Transformation – Hohe Agilität durch Mehrmarkenstrategie – Beeindruckendes Build-Segment-Wachstum | – Marktführer mit breitem Burggraben – Starke Kundenbindung durch integrierte Plattform – Großes Potenzial im Life-Sciences-Markt – Hohe Profitabilität und starke Margen |
Risiken | – Sehr hohe Bewertung (KGV 81) – Abhängigkeit von der Baukonjunktur – Komplexe Multi-Marken-Integration – Intensiverer Wettbewerb im Build-Segment | – Konjunkturschwäche in Schlüsselindustrien – Schwächelndes Medidata-Geschäft – Hohe Produktkomplexität als Einstiegshürde – Negative Analystensentiment |
Fazit: Wachstumschampion trifft auf Value-Kandidat
Das Duell Nemetschek gegen Dassault Systèmes ist ein Paradebeispiel für „Growth versus Value“. Nemetschek präsentiert sich als dynamischer Herausforderer mit beeindruckenden Wachstumsraten und erfolgreicher Geschäftsmodell-Transformation. Die angehobene Prognose sendet ein starkes Signal – spiegelt sich aber auch in der ambitionierten Bewertung wider.
Dassault Systèmes bleibt der etablierte Platzhirsch mit tiefer Verankerung in globalen Schlüsselindustrien. Trotz aktuellem Gegenwind verfügt der Konzern über enorme Profitabilität und einen breiten Burggraben. Die moderatere Bewertung könnte für Value-Investoren attraktiv sein, die auf eine Trendwende setzen.
Wer setzt auf starkes Wachstum im boomenden Bausektor und nimmt dafür ein hohes KGV in Kauf? Dann führt kein Weg an Nemetschek vorbei. Wer bevorzugt einen etablierten Marktführer mit breitem Portfolio und günstigerer Bewertung? Dassault Systèmes könnte die passende Wahl sein – vorausgesetzt, man kann kurzfristige Turbulenzen aussitzen.
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