ThyssenKrupp Aktien: Tradition ist keine Überlebensversicherung

Die Welt verändert sich kontinuierlich und Unternehmen, die wichtige Entwicklungen verpassen, müssen mit schmerzhaften Konsequenzen rechnen. Das könnte durchaus auf ThyssenKrupp zutreffen. Man kann es kaum glauben, aber in der nächsten Woche wird wahrscheinlich ThyssenKrupp aus dem DAX entfernt. Erfahren Sie hier über die Situation und das Tradintionsunternehmen.


Hintergründe zur Lage bei ThyssenKrupp


Der Börsenwertverlust der ThyssenKrupp AG lässt sich nicht mehr wegdiskutieren. In der Spitze wurde die Aktie in 2007 noch mit 46 Euro bewertet und nun bewegt sich das Wertpapier um zehn Euro.

Optimisten würden vermutlich im niedrigen Kaufkurs eine günstige Einstiegschance sehen. Das könnte allerdings ein Trugschluss sein, denn ThyssenKrupp hat nicht durch Zufall so viel an Wert verloren. Nach vielen internen Strategiediskussionen einigte man sich auf die konzentrierte Stahlproduktion. Warum dieses Oldie-Segment ausgewählt wurde, lässt sich als Außenstehender nur schwer erklären. Vermutlich war es der kleine gemeinsame Nenner unter den Meinungen.


Helfen dem Unternehmen noch Kostensenkungen?


Die Stahlproduktion ist ein energieintensives Geschäft mit immer knapper werdenden Gewinnmargen. Zwangsweise hat sich der Vorstand auf einen radikalen Sparkurs verständigt. Über 6000 Mitarbeiter sollen entlassen werden. Das ist sicherlich keine problemlose Angelegenheit, denn die Betriebsräte und die Gewerkschaften sind im Konzern stark verankert. Die Perle innerhalb des Konzerns ist die Aufzugssparte. Um die interne Finanzkraft zu erweitern, ist der Börsengang für die Aufzugsparte geplant. Mit den Einnahmen soll die Modernisierung des Unternehmens bezahlt werden.


Die EU unterbindet die Tata-Fusion


Vor nicht allzu langer Zeit versuchte ThyssenKrupp eine Fusion mit dem indischen Unternehmen Tata Steel. Beide Parteien hatten sich bereits weitgehend geeinigt, so dass eine Zustimmung nur noch von der EU folgen musste. Und in dieser Hinsicht haperte es, denn die EU Kommission meldete Bedenken an, weil sie von einer monopolartigen Stellung in Europa ausging. Tata sucht nun einen anderen Partner und baut wahrscheinlich eine weitere starke Konkurrenz gegenüber ThyssenKrupp auf.


Überkapazitäten drücken die Rohstoffpreise


Seit Jahren kämpft die europäische Stahlbranche mit Überkapazitäten und gegen Billigimporte aus Asien. Die hohen Energiekosten und gesetzliche Umweltauflagen machen die Stahlproduktion unrentabel. Von der deutschen Politik ist keine Unterstützung zu erwarten, denn das Modethema „Klimawandel“ ist in Deutschland so ausgeprägt, dass alle politischen Parteien sich auf dieses Thema konzentrieren. Mit der eifrig diskutierten CO2-Steuer steht für ThyssenKrupp ein neues Problem an. Es läuft darauf hinaus, dass ThyssenKrupp weitere Wettbewerbsfähigkeit verlieren wird.


Im internationalen Wettbewerb ist die Produktionsmenge zu klein


ThyssenKrupp bringt es auf eine Produktionsmenge von ca. 13 Millionen Tonnen Stahl. Im internationalen Vergleich bedeutet das einen Platz 29. ArcelorMittal oder China Baowu dominieren den Welthandel mit einer 5-fach höheren Produktionsmenge. Auf internationaler Ebene ist der Stahlwettbewerb nicht mehr fair. China unterstützt nämlich seine Stahlproduzenten mit staatlichen Zuschüssen. Dadurch wird der chinesische Stahl so günstig, dass man damit Europa überschwemmt könnte. In dieser Hinsicht muss auch in die politische Frage gestellt werden, ob Europa Maßnahmen treffen muss, um die einheimische Industrie zu schützen. Marktwirtschaft funktioniert nur, wenn die Spielregeln für alle Wettbewerber gleich sind.


Blick auf das Chartbild


Ohne Zweifel, Thyssens Konzernchef Guido Kerkhoff hat eine sehr schwere Aufgabe zu bewältigen. Die Probleme sind so komplex, dass Prognosen schwierig sind.

Schauen wir daher auf das langfristige Chartbild der Aktien:


Langfristiger Chart der ThyssenKrupp-Aktie [WKN: 750000]
Langfristiger Chart der ThyssenKrupp-Aktie [WKN: 750000]


Der langfristige Kursverlauf der ThyssenKrupp-Aktie zeigt unterschiedliche Bewertungsphasen des Unternehmens. Bereits im Jahr 2003 gab es ähnlich tiefe Kurse. Bisher konnte sich das Unternehmen immer wieder erholen. Bereits in 2009, 2013 und 2016 testete der Kurs die Unterstützungszone zwischen zehn und zwölf Euro. In allen Fällen gab es anschließend eine kräftige Aufholungsbewegung. In der aktuellen Situation sollte man als Börsianer keine hohen Wetten darauf eingehen, dass sich das alte Kursmuster wiederholt. Die aktuelle Wettbewerbssituation ist nicht mit der Vergangenheit zu vergleichen.

Weil ThyssenKrupp vermutlich aus dem DAX entfernt werden wird, müssen die Indexfonds die Aktien verkaufen. Kurzfristiger Verkaufsdruck ist deshalb nicht ungewöhnlich. Erst nach der Entfernung aus dem DAX, dürfte die Aktie eine Ruhepause bekommen.


Fazit der Aktienanalyse


Eine innovative Erneuerung des Stahlkonzerns ist nicht zu erwarten. Die Rahmenbedingungen lassen eher darauf schließen, dass ThyssenKrupp der langfristige Befreiungsschlag noch nicht gelungen ist. Zu viele externe Faktoren beeinflussen das Überleben des Konzerns. Aus kurstechnischer Sicht ergibt sich jetzt eine Chance auf eine bullishe Gegenbewegung. Voraussetzung dazu ist die Stabilität der Unterstützungszone.

Viel Erfolg wünscht Ihnen

Christian Lukas

P.S.: Fordern Sie gerne meinen kostenlosen Börsenreport der Tradingwoche an

Über Christian Lukas 43 Artikel
Christian Lukas beschäftigt sich seit 1998 mit der Börse. Als privater Trader handelt er in erster Linie den DAX- und den Bund-Future. Seine Spezialität ist das Volumen-Trading. Dabei wird der Kursverlauf mit dem Volumen in eine Beziehung gesetzt. Seine Webseite ist: www.trading-ideen.de
Kontakt: Webseite

1 Kommentar zu ThyssenKrupp Aktien: Tradition ist keine Überlebensversicherung

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.