Der Goldpreis durchbrach am Freitag erstmals die historische Marke von 3.200 Dollar je Unze, während die globalen Finanzmärkte unter den Auswirkungen einer sich verschärfenden Handelskonfrontation erzittern. Die von US-Präsident Donald Trump verhängten Strafzölle haben die Märkte in Aufruhr versetzt und Anleger in sichere Häfen wie Gold getrieben. Experten prognostizieren nun einen weiteren Preisanstieg auf bis zu 3.500 Dollar in den kommenden Monaten, während sich die geopolitischen Spannungen verschärfen und Rezessionsängste zunehmen.
Goldpreis auf Rekordniveau
Der Spotpreis für Gold kletterte am Freitag um mehr als ein Prozent auf 3.214,92 Dollar je Unze, nachdem er im frühen Handel bereits ein Allzeithoch von 3.219,84 Dollar erreicht hatte. Damit verzeichnet das Edelmetall einen Wochenzuwachs von über fünf Prozent und hat seit Jahresbeginn etwa 22 Prozent an Wert gewonnen. Alexander Zumpfe, Edelmetallhändler bei Heraeus Metals Germany, beschreibt die treibenden Faktoren: "Die Rezessionsrisiken steigen, die Anleiherenditen schießen in die Höhe und der US-Dollar schwächelt weiter – all diese Faktoren stärken Golds Rolle als Krisenschutz und Inflationsschutz."
Die großen Investmenthäuser haben ihre Goldpreisprognosen entsprechend nach oben korrigiert. UBS erhöhte am Freitag ihre Prognose auf 3.500 Dollar für das laufende Jahr, während die Commerzbank ihr Jahresendziel auf 3.000 Dollar anhob. Deutsche Bank erwartet für 2026 sogar einen durchschnittlichen Goldpreis von 3.700 Dollar je Unze. "Wir rechnen damit, dass die Goldrally bis ins nächste Jahr anhält und die Preise längerfristig auf höherem Niveau stabil bleiben", erklärten die UBS-Analysten in einer Notiz.
Handelskrieg schürt wirtschaftliche Unsicherheit
Im Zentrum der Marktturbulenzen steht die aggressive Handelspolitik der Trump-Administration. Obwohl der US-Präsident die kürzlich verhängten "reziproken" Zölle auf Importe aus zahlreichen Ländern überraschend für 90 Tage ausgesetzt hat, verschärfte er gleichzeitig den Handelskonflikt mit China. Die Zölle auf chinesische Waren wurden auf 145 Prozent angehoben, woraufhin Peking mit einer Erhöhung seiner Einfuhrzölle auf US-Produkte auf 125 Prozent konterte.
Die chaotische Implementierung der Zölle hat die Verunsicherung in der Wirtschaft verstärkt. Unternehmen und Investoren befürchten weitreichende Konsequenzen für globale Lieferketten und das Wirtschaftswachstum. Die Europäische Zentralbank (EZB) beobachtet die Situation genau, wie Präsidentin Christine Lagarde am Freitag in Warschau betonte: "Die EZB ist stets bereit, ihre verfügbaren Instrumente einzusetzen, und hat in der Vergangenheit die geeigneten Instrumente und Werkzeuge entwickelt, die notwendig waren, um Preisstabilität und natürlich Finanzstabilität zu gewährleisten."
Auswirkungen auf die Weltwirtschaft
Die Folgen des Handelskonflikts zeigen sich bereits deutlich an den Devisenmärkten. Der US-Dollar rutschte am Freitag gegenüber den meisten Währungen auf mehrjährige Tiefstände ab, während US-Staatsanleihen verkauft wurden. Besonders Deutschland als exportorientierte Wirtschaft könnte stark betroffen sein, wie Capital Economics in einer aktuellen Analyse warnt. Trotz ambitionierter Fiskalstimulusmaßnahmen der neuen deutschen Regierung dürften die Auswirkungen der US-Zölle potenzielle Wachstumseffekte zunichte machen.
"Es wird Zeit brauchen, neue Maßnahmen zu genehmigen und die Investitionsausgaben in Gang zu bringen. Daher wird jeder Nutzen in diesem Jahr gering ausfallen und wahrscheinlich durch die Belastung durch US-Zölle aufgewogen werden, denen Deutschland deutlich stärker ausgesetzt ist als die meisten Eurozone-Länder", schreibt Capital Economics in einem Bericht vom Freitag. Das Risiko zusätzlicher Zölle auf Pharmaceuticals, einen wichtigen deutschen Exportsektor, erhöht den Druck zusätzlich.
Finanzsektor profitiert von Volatilität
Während viele Branchen unter den Handelsspannungen leiden, profitieren einige Finanzinstitute von der gestiegenen Marktvolatilität. Morgan Stanley meldete am Freitag einen Anstieg des Quartalsgewinns auf 4,3 Milliarden Dollar oder 2,60 Dollar pro Aktie, verglichen mit 3,4 Milliarden Dollar oder 2,02 Dollar pro Aktie im Vorjahr. Die Gesamteinnahmen stiegen auf 17,7 Milliarden Dollar, was die Aktie im vorbörslichen Handel um 1,9 Prozent ansteigen ließ.
Insbesondere die Handelsabteilungen profitieren von den turbulenten Märkten. Die Erträge im Aktienhandel stiegen, da Anleger ihre Portfolios neu ausrichteten und die Handelsvolumina, vor allem bei Technologie- und Industrieaktien, zunahmen. Morgan Stanley meldete Rekordeinnahmen im Aktiengeschäft mit Zuwächsen in allen Geschäftsbereichen und Regionen, besonders in Asien. Auch die Erträge im Anleihenhandel erhöhten sich, da erneute Stagflationssorgen aufgrund der Trump-Zölle Anleger zu aggressivem Hedging und Neupositionierungen im Kredit- und Durationsbereich veranlassten.
Wissenschaft und Talent im globalen Wettbewerb
Die handelspolitischen Spannungen betreffen nicht nur die Wirtschaft, sondern zunehmend auch den Wettbewerb um wissenschaftliche Talente. In den USA haben Budgetkürzungen der Trump-Administration zu massiven Entlassungen bei wissenschaftlichen Einrichtungen geführt. Hunderte Forscher wurden in den vergangenen Wochen entlassen, darunter auch David Die Dejean, der bis Februar 2025 an der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) in Miami arbeitete.
"Ich möchte dort arbeiten, wo man mir erlaubt, meine Forschung zu betreiben", sagte Die Dejean, der nun Positionen in Europa sucht. "Ich warte gespannt auf einige der Dinge, die von der Europäischen Union kommen… die Möglichkeiten für Wissenschaftler wie mich zu verbessern, zurückzukehren."
Europa wittert nun seine Chance. In einem Brief, den Reuters einsehen konnte, forderten 13 europäische Länder, darunter Deutschland, Frankreich und Spanien, die EU-Kommission auf, schnell zu handeln, um akademische Talente anzuwerben. Der Europäische Forschungsrat, ein EU-Gremium zur Finanzierung wissenschaftlicher Arbeit, kündigte an, das Umsiedlungsbudget für Forscher, die in die EU ziehen, auf 2 Millionen Euro pro Antragsteller zu verdoppeln.
Ausblick auf Währungs- und Handelsgespräche
Während sich die Handelsspannungen verschärfen, bereiten sich Japan und Südkorea auf schwierige Verhandlungen mit den USA vor. Japan hat eine Task Force für Handelsgespräche eingerichtet, die von Wirtschaftsminister Ryosei Akazawa geleitet wird. Berichten zufolge wird er nächste Woche nach Washington reisen, um mit US-Handelsbeauftragtem Jamieson Greer und Finanzminister Scott Bessent zusammenzutreffen – einem ehemaligen Hedgefonds-Manager mit starkem Interesse am Yen und der Geldpolitik der Bank of Japan.
Auch Südkoreas Handelsbevollmächtigter Cheong In-kyo berichtete nach seinem Besuch in Washington von einer Verhandlungsbereitschaft der USA. Laut dem Sender KBS erklärte Cheong, dass Greer eine Bereitschaft signalisiert habe, mit Südkorea und Japan Abkommen über Zölle zu erreichen.
Für die Finanzmärkte bleibt die Unsicherheit jedoch bestehen. Analysten warnen, dass der anhaltende Handelskrieg, enttäuschende Börsengänge und schwache Entwicklungen bei größeren Deals die Stimmung der Anleger und die Beratungspipelines im zweiten Quartal dämpfen könnten. Stabile Märkte unterstützen die Deal-Aktivitäten, indem sie Käufern und Verkäufern mehr Vertrauen in Bewertungen geben, Ausführungsrisiken reduzieren und Unternehmen ermutigen, mit Transaktionen voranzukommen.
Für Gold bedeutet diese Gemengelage weitere Preissteigerungen. UBS-Analyst Giovanni Staunovo erklärte: "Wir glauben, dass Gold noch weiter steigen wird – im optimistischen Fall peilen wir in den kommenden Monaten 3.400-3.500 USD/Unze an." Die anhaltende Rekordrally wird von Unsicherheiten, Zentralbanknachfrage und erhöhten Zuflüssen in goldgedeckte börsengehandelte Fonds angetrieben. Ein Ende des goldenen Höhenflugs ist vorerst nicht in Sicht.