Die globale Wirtschaft bereitet sich auf turbulente Zeiten vor. US-Präsident Donald Trump hat mit seiner aggressiven Zollpolitik einen neuen Handelskrieg entfacht, der weltweit für Nervosität sorgt. Besonders Europa spürt die Auswirkungen, während gleichzeitig eine neue Bedrohung am Horizont auftaucht: Dollar-dominierte Stablecoins könnten die Stellung des Euro als internationale Währung gefährden.
Trumps Zollpolitik löst globale Wachstumssorgen aus
Die jüngste BofA-Umfrage unter europäischen Fondsmanagern zeichnet ein düsteres Bild: 82 Prozent der Befragten erwarten aufgrund der Trump-Zölle eine weltweite Wirtschaftsabschwächung – ein Rekordwert. Besonders alarmierend: 89 Prozent rechnen mit einer Abkühlung der US-Wirtschaft, die die globale Verlangsamung anführen wird. Fast die Hälfte der Anleger (49 Prozent) befürchtet sogar eine "harte Landung" der Wirtschaft innerhalb der nächsten zwölf Monate.
Trotz des jüngsten Aufschubs verschiedener Zölle – darunter Elektronikprodukte wie Smartphones und Computer – bleibt die Unsicherheit bestehen. Die Märkte reagieren mit extremer Volatilität auf Trumps wechselhafte Kommentare zu seinen Handelsplänen.
Für Japan, einen langjährigen US-Verbündeten, sind die Aussichten besonders beunruhigend. Das Land wurde mit 24-prozentigen Zöllen auf seine Exporte in die USA belegt, obwohl diese wie die meisten von Trumps "reziproken" Zöllen für 90 Tage ausgesetzt wurden. Der universelle Zollsatz von 10 Prozent und der 25-prozentige Zoll auf Autos bleiben jedoch bestehen – eine schmerzhafte Entwicklung, da die USA Japans wichtigstes Exportziel sind und Automobillieferungen etwa 28 Prozent der japanischen Exporte dorthin ausmachen.
Europa im Krisenwirbel
Der Handelskonflikt trifft Europa in einer ohnehin schwierigen Phase. Das zeigt sich deutlich an den jüngsten Wirtschaftsdaten: Der ZEW-Index für die deutsche Anlegerlaune stürzte im April auf -14,0 Punkte ab – ein dramatischer Rückgang gegenüber dem März-Wert von 51,6 Punkten und weit unter der Analystenschätzung von 9,5 Punkten.
Immerhin gibt es einen Lichtblick aus der Industrieproduktion. Die Eurozone verzeichnete im Februar einen Anstieg um 1,1 Prozent gegenüber dem Vormonat, deutlich über den erwarteten 0,3 Prozent. Im Jahresvergleich stieg die Produktion um 1,2 Prozent, während Analysten einen Rückgang um 0,8 Prozent erwartet hatten. Dies nährt die Hoffnung, dass der zweijährige industrielle Abschwung, ausgelöst durch den Ukraine-Krieg und die damit verbundenen Energiepreisschocks, seinen Tiefpunkt erreicht haben könnte.
Doch Ökonomen warnen: Falls die US-Zölle von Dauer sein sollten, dürfte die Produktion erneut sinken, da weder die Nachfrage aus anderen Regionen noch erhöhte Ausgaben im Inland die verlorenen Verkäufe kurzfristig ausgleichen können.
Stablecoins als neue Währungsbedrohung
Während die Handelsspannungen die Schlagzeilen dominieren, zeichnet sich eine weitere, möglicherweise langfristig noch gravierendere Bedrohung für Europa ab. Italiens Wirtschaftsminister Giancarlo Giorgetti äußerte am Dienstag bei einer Vermögensverwaltungsveranstaltung in Mailand ernsthafte Bedenken hinsichtlich der US-Politik zu Stablecoins – Kryptowährungen, die an den Wert bestimmter Vermögenswerte gebunden sind.
Giorgetti warnte, dass diese digitalen Währungen den Status des Euro als internationale Referenzwährung gefährden könnten. Die neue US-Politik könnte Sparern die Möglichkeit bieten, in risikofreie Anlagen zu investieren und eine weithin akzeptierte Zahlungsmethode für internationale Transaktionen zu nutzen – ohne die Notwendigkeit eines Bankkontos bei US-Banken.
Besorgniserregend sei, dass die Anziehungskraft von Stablecoins nicht auf Volkswirtschaften mit instabilen Währungen beschränkt sei. Auch für Bürger der Eurozone könnten sie attraktiv werden. Giorgetti drängte die EU, weitere Schritte zur Stärkung des Euro-Status zu unternehmen und warnte, dass der Fokus auf die Auswirkungen von Handelszöllen möglicherweise die potenziellen Risiken der US-Kryptowährungspolitik, insbesondere dollar-denominierter Stablecoins, überschatte.
China reagiert scharf auf US-Handelspolitik
Die Spannungen zwischen den USA und China haben sich in den letzten Tagen rapide verschärft. Trump erhöhte die Zölle auf chinesische Waren auf 145 Prozent, woraufhin Peking mit eigenen Importzöllen von 125 Prozent auf US-Produkte konterte.
Xia Baolong, Direktor des Büros für Hongkong- und Macau-Angelegenheiten des chinesischen Staatsrates, bezeichnete den US-Zollkrieg als "äußerst schamlos" und als Versuch, "Hongkong das Leben zu nehmen". Er argumentierte, dass Einschüchterung bei China noch nie funktioniert habe und fügte hinzu: "Lasst die Bauern in den Vereinigten Staaten vor den 5.000 Jahren chinesischer Zivilisation jammern." Diese Bemerkung folgt auf eine umstrittene Äußerung des US-Vizepräsidenten JD Vance, der sagte, die USA handelten mit "chinesischen Bauern" – eine Aussage, die in China breite Verurteilung hervorrief.
Als Sonderverwaltungsregion Chinas, die von Washington nicht mehr als separate Einheit betrachtet wird, unterliegt Hongkong den US-Zöllen. Im Gegensatz zum chinesischen Festland plant die internationale Freihandelsmetropole jedoch keine Vergeltungszölle gegen die USA, wie Regierungschef John Lee erklärte.
Saudische Inflation erreicht Zweijahreshoch
Während die Handelsspannungen zunehmen, kämpfen Länder weltweit mit steigendem Inflationsdruck. In Saudi-Arabien beschleunigte sich die Inflation im März auf 2,3 Prozent im Jahresvergleich – der schnellste Anstieg seit Mitte 2023.
Der Anstieg erstreckte sich über die meisten Kategorien des Warenkorbs, was auf einen Aufbau grundlegender Preisdrücke hindeutet. Die Nahrungsmittel- und Getränkeinflation sprang von 1,0 Prozent im Februar auf 2,0 Prozent im März, der stärkste Anstieg seit zwei Jahren. Besonders deutliche Preissprünge verzeichneten Brot und Getreide, Meeresfrüchte und Gemüse.
Analysten von Capital Economics erwarten, dass die Inflation in den nächsten zwei Quartalen zwischen 2,0 und 2,5 Prozent bleibt, bevor sie bis 2026 auf etwa 1,0 Prozent zurückgehen könnte – hauptsächlich aufgrund einer erwarteten niedrigeren Inflation bei Transport sowie Wohnraum und Versorgungseinrichtungen.
Großbritannien verstärkt internationale Finanzpräsenz
Inmitten der globalen Wirtschaftsturbulenzen verstärkt Großbritannien seine Bemühungen, die eigene Position als Finanzzentrum zu stärken. Die britische Finanzaufsichtsbehörde FCA hat erstmals Mitarbeiter in den Vereinigten Staaten und im asiatisch-pazifischen Raum eingestellt, um ausländischen Unternehmen den Eintritt in den britischen Markt zu erleichtern und den Export britischer Finanzdienstleistungen zu fördern.
Die ehemalige Investmentbankerin Tash Miah begann im April ihre Tätigkeit in der britischen Botschaft in Washington, D.C., während Camille Blackburn ab Juli das regionale FCA-Büro in Australien eröffnen wird. Sarah Pritchard, Geschäftsführerin der FCA, betonte: "Diese Ernennungen werden uns helfen, unsere Mission zu erfüllen, Wachstum durch den Export britischer Finanzdienstleistungen zu unterstützen und mehr Investitionen in unser Land zu ziehen."
Diese internationale Expansion erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem die FCA unter Druck der linksgerichteten Labour-Regierung steht, das Wirtschaftswachstum des Landes zu fördern. Im März kündigte die Behörde an, ihre Haltung gegenüber der Risikobereitschaft von Finanzunternehmen zu überprüfen, um das Wachstum anzukurbeln.
Ausblick: Unsichere Zeiten für die Weltwirtschaft
Die kommenden Monate werden voraussichtlich von erheblicher Unsicherheit geprägt sein. Die Handelspolitik der Trump-Administration wirft einen langen Schatten auf die globalen Wirtschaftsaussichten, während gleichzeitig neue finanzielle Herausforderungen wie Stablecoins die etablierten Währungs- und Zahlungssysteme in Frage stellen.
Für die Eurozone könnte die Kombination aus Handelskonflikten und Währungskonkurrenz durch Stablecoins eine doppelte Herausforderung darstellen. Die jüngsten positiven Signale aus der Industrieproduktion bieten zwar einen Hoffnungsschimmer, doch die drastisch gesunkene deutsche Anlegerlaune deutet auf schwierige Zeiten hin.
Die Reaktionen Japans, Chinas und anderer Handelspartner auf die US-Zollpolitik werden entscheidend dafür sein, wie sich die Weltwirtschaft in den kommenden Quartalen entwickelt. Gleichzeitig könnten innovative Ansätze wie Großbritanniens verstärkte internationale Präsenz neue Wege aufzeigen, wie Länder in einem zunehmend fragmentierten globalen Handels- und Finanzsystem navigieren können.