Die globalen Finanzmärkte erlebten am Mittwoch eine dramatische Wendung, als US-Präsident Donald Trump überraschend eine 90-tägige Aussetzung der kürzlich angekündigten Zölle verkündete – China ausgenommen. Diese unerwartete Kehrtwende löste an der Wall Street einen historischen Kursanstieg aus: Der S&P 500 schoss um mehr als 6 Prozent in die Höhe, während der technologielastige Nasdaq sogar um über 8 Prozent zulegte.
Blitzartige Marktreaktion nach tagelangem Ausverkauf
Nach mehreren Tagen des Ausverkaufs, der die globalen Märkte Billionen Dollar an Wert kostete, kam Trumps Ankündigung wie ein Rettungsanker für verunsicherte Investoren. Der Dow Jones Industrial Average stieg um beeindruckende 2.042 Punkte oder 5,42 Prozent auf 39.687 Punkte. Diese Rallye verdeutlicht die extreme Nervosität, die zuvor an den Märkten geherrscht hatte.
"Das ist ein gigantischer Melt-up, weil die Ankündigung genau die Kehrtwende war, die der Markt sehen wollte", erklärte Alex Morris, Chief Investment Officer bei F/M Investments. "Sie haben die Pause-Taste gedrückt und der Markt jubelte." Morris fügte jedoch warnend hinzu, dass "wir gewiss nicht über den Berg sind" und verwies auf die extreme Marktvolatilität mit "intraday-Bewegungen von 9, 10, 11 Prozentpunkten an wichtigen Märkten".
Die abrupte Kehrtwende folgte auf Trumps ursprüngliche Ankündigung vom 2. April, die umfassende globale Zölle vorsah und weltweit Schockwellen auslöste. Besonders bemerkenswert: Während Trump die meisten Zölle für 90 Tage aussetzte, erhöhte er gleichzeitig den Zollsatz für chinesische Importe von 104 auf 125 Prozent.
Internationale Kooperation zur Marktstabilisierung
Während die Märkte taumelten, intensivierten führende Wirtschaftsnationen ihre Zusammenarbeit. Japan und Kanada vereinbarten eine engere Kooperation zur Stabilisierung der globalen Finanzmärkte. In einem Telefonat teilten der japanische Finanzminister Katsunobu Kato und sein kanadischer Amtskollege Francois-Philippe Champagne ihre Besorgnis über die US-Zölle.
"Japan wird mit der Gruppe der Sieben fortgeschrittenen Volkswirtschaften und dem Internationalen Währungsfonds zusammenarbeiten, um einen Marktausverkauf zu stabilisieren", erklärte Japans führender Währungsdiplomat. Diese koordinierte Herangehensweise erinnert an frühere Episoden von Marktturbulenzen, bei denen die G7-Finanzminister häufig bei der Kommunikation und Maßnahmen zur Beruhigung der Finanzmärkte zusammengearbeitet haben.
Auch europäische Zentralbanker hatten laut Quellen ihre Überwachung von Banken und Märkten verstärkt, obwohl bislang keine alarmierenden Anzeichen festgestellt wurden. Die britische Finanzministerin Rachel Reeves bestätigte, dass die britischen Finanzinstitute, einschließlich der Bank of England, in regelmäßigem Dialog stünden und das Thema wahrscheinlich bei den bevorstehenden G20-Finanztreffen in Washington im Rahmen der IWF-Frühjahrstagung diskutiert würde.
Sorgen über langfristige Handels- und Wirtschaftsauswirkungen
Trotz der vorläufigen Marktentspannung bleiben tiefergreifende Bedenken bestehen. Experten warnen, dass Trumps unberechenbare Handelspolitik langfristige Folgen für die US-Wirtschaft haben könnte.
"Es ist definitiv eine gute Nachricht, weil es zeigt, dass die Verhandlungen in einem ausreichend guten Zustand sind", kommentierte Mark Hackett, Chef-Marktstratege bei Nationwide Investment Management Group. "Aber ich möchte einen ziemlich großen Vorbehalt anbringen, denn 8-Prozent-Rallyes in 20 Minuten im Nasdaq sind nicht sehr viel gesünder als 8-Prozent-Rückgänge."
Christopher Hodge, Chefvolkswirt für die USA bei Natixis, merkte an: "Die Abkopplung von China scheint real zu sein, ohne Anzeichen für Zugeständnisse von einer der beiden Seiten. Wird die EU ähnlich standhaft bleiben? Die Brüche scheinen zu diesem Zeitpunkt tief zu sein."
Die Unsicherheit bleibt ein dominierendes Thema. John Canavan, leitender Analyst bei Oxford Economics, betonte: "Ein Aspekt, der nicht beseitigt wird, ist die Unsicherheit. Die Unsicherheit besteht, weil sich das Zollniveau von Tag zu Tag zu ändern scheint."
Federal Reserve in schwieriger Position
Die US-Notenbank Federal Reserve steht nun vor einer komplexen Aufgabe. Das Protokoll der Fed-Sitzung vom März, das am Mittwoch veröffentlicht wurde, zeigt, dass die Währungshüter nahezu einstimmig Risiken einer gleichzeitigen höheren Inflation und langsameren Wirtschaftswachstums sahen.
"Die Teilnehmer waren der Ansicht, dass die Unsicherheit in Bezug auf die wirtschaftlichen Aussichten zugenommen hat, wobei fast alle Teilnehmer die Risiken für die Inflation als nach oben gerichtet und die Risiken für die Beschäftigung als nach unten gerichtet beurteilten", heißt es in dem Protokoll.
Einige Fed-Mitglieder wiesen darauf hin, dass das Federal Open Market Committee "schwierigen Zielkonflikten gegenüberstehen könnte, wenn sich die Inflation als hartnäckiger erweisen sollte, während sich die Aussichten für Wachstum und Beschäftigung verschlechtern".
Die anhaltende Unsicherheit über Trumps handelspolitischen Kurs hat Händler veranlasst, ihre Wetten auf eine baldige Zinssenkung der Fed anzupassen. Sie sehen nun den Juni als wesentlich wahrscheinlicheren Beginn für US-Zinssenkungen als den Mai. Dennoch rechnen sie weiterhin mit insgesamt vier Zinssenkungen bis zum Jahresende, wie der Handel mit Zinsderivaten zeigt.
US-Staatsanleihen und die "Bond-Vigilanten"
Inmitten der Marktturbulenzen gab es zumindest ein positives Signal: Eine US-Staatsanleihen-Auktion über 39 Milliarden Dollar 10-jähriger Anleihen verlief besser als erwartet und dämpfte Befürchtungen über systemische Risiken. "Das war eine A+-Auktion heute, die die Bedenken hinsichtlich systemischer Risiken im System ausräumen sollte", sagte Jamie Cox, Managing Partner bei Harris Financial Group.
Doch während die unmittelbare Krise möglicherweise abgewendet wurde, deuten einige Marktindikatoren auf tieferliegende Sorgen hin. Die Termprämie – eine Komponente der Renditen von US-Staatsanleihen, die die Risikoentschädigung misst, die Anleger für das langfristige Halten von Staatsanleihen verlangen – ist trotz der jüngsten Markterholung hartnäckig positiv geblieben.
"Es gibt Bedenken von Investoren, dass die Regierung die institutionelle Stärke schwächt", sagte David Page, Leiter der Makroforschung bei AXA Investment Management. Page verwies auf Bedenken, dass die Regierung Gerichtsbeschlüssen nicht nachkomme und Amtsträger, einschließlich Trump, Richter verbal angriffen. "Eine anhaltende Veränderung der langjährigen Geschichte starker Institutionen in den USA würde sicherlich das Risiko einer Veränderung der globalen Vermögensallokationspraxis bergen, was Auswirkungen auf US-Vermögenswerte und den Dollar haben könnte."
Jeffrey Sherman, stellvertretender Chief Investment Officer bei der US-Anleihefirma DoubleLine, warnte, dass politische Unsicherheit zu einer Verschlechterung der Stimmung ausländischer Investoren führen könnte, die letztendlich eine Rückführung von Kapital fördern könnte: "Letztendlich geraten Sie an einen Punkt, an dem die Leute keine Geschäfte mehr mit Ihnen machen wollen. Es dauert lange, positive Stimmung aufzubauen, genau wie eine Beziehung und Vertrauen, aber man kann sie sehr schnell zerstören."
Internationale Finanzinstitutionen unter Druck
Während die Aufmerksamkeit auf den US-Märkten lag, entwickelten sich parallel politische Spannungen rund um den Internationalen Währungsfonds (IWF). US-Abgeordnete haben Gesetze eingebracht, die die Unterstützung des IWF für einige zentralafrikanische Länder blockieren könnten. Diese Initiative zielt darauf ab, Milliarden von Dollar zu schützen, die Ölunternehmen für die Umweltsanierung zurücklegen müssen.
Die Zentralbank der zentralafrikanischen Staaten (BEAC) verlangt, dass internationale Ölkonzerne diese Umweltsanierungsfonds, die auf 5 bis 10 Milliarden Dollar geschätzt werden und derzeit in ausländischen Banken gehalten werden, auf BEAC-kontrollierte Konten einzahlen. Die Zentralafrika-Initiative zeigt, wie geopolitische Spannungen zunehmend auf die internationalen Finanzinstitutionen übergreifen.
In einer separaten, aber positiven Entwicklung für den IWF gab ein hochrangiger argentinischer Regierungsvertreter bekannt, dass der IWF-Vorstand am Freitag ein 20-Milliarden-Dollar-Kreditabkommen mit Argentinien genehmigen werde – ein entscheidender Schritt für das südamerikanische Land, das dringend Investitionen benötigt und unter einer hohen Inflation leidet.
Die globalen Finanzmarktturbulenzen der vergangenen Woche und die dramatische Erholung am Mittwoch verdeutlichen die enormen Auswirkungen, die politische Entscheidungen auf die Weltwirtschaft haben können. Während die Märkte aufatmen, bleibt die grundlegende Frage: Ist diese Atempause nur vorübergehend, oder steht ein grundlegender Wandel in der US-Handelspolitik bevor?