US-Tarif-Turbulenzen erschüttern Weltmärkte

Handelskonflikt zwischen USA und China intensiviert sich mit gegenseitigen Strafzöllen und belastet Märkte weltweit. Verbrauchervertrauen sinkt, Inflationssorgen wachsen.

US-Tarif-Turbulenzen erschüttern Weltmärkte
Kurz & knapp:
  • Amerikanische Zölle belasten Welthandel massiv
  • Verbrauchervertrauen auf dreijährigem Tiefstand
  • Häfen erwarten deutliche Importrückgänge
  • Asiatische Börsenprognosen nach unten korrigiert

Die globalen Finanzmärkte befinden sich im April 2025 in Aufruhr, nachdem US-Präsident Trump die Handelsspannungen durch massive Zollerhöhungen dramatisch verschärft hat. Die drastische Erhöhung der Zölle auf chinesische Waren auf 145% hat ein weltweites Beben ausgelöst, während andere Handelspartner durch eine 90-tägige Aussetzung der "reziproken" Zölle vorübergehend aufatmen können. Die Verbraucher reagieren mit wachsender Besorgnis: Das US-Verbrauchervertrauen ist auf den tiefsten Stand seit fast drei Jahren gesunken, während die Inflationserwartungen auf ein 44-Jahres-Hoch geschnellt sind.

Eskalation im Handelskrieg mit globalen Folgen

China hat umgehend mit gleichwertigen Vergeltungszöllen von 125% auf US-Waren reagiert und die Trump-Zölle als "Witz" bezeichnet. Gleichzeitig hat der chinesische E-Commerce-Riese JD.com einen Fonds im Wert von über 27 Milliarden Dollar aufgelegt, um heimischen Exporteuren zu helfen, Abnehmer im Inland zu finden. Diese Entwicklung markiert eine neue Eskalationsstufe im Handelskonflikt zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt.

Die Auswirkungen der Zollpolitik erreichen inzwischen nahezu jeden Winkel der Weltwirtschaft. Peru, ein wichtiger Exporteur von Metallen und Agrarprodukten in die USA, muss nun für etwa 70% seiner US-Exporte Zölle von 10% hinnehmen, wie Adrian Armas, Chefökonom der peruanischen Zentralbank, mitteilte. Nur Sektoren wie Energie und kritische Mineralien sind von den Abgaben ausgenommen. Dennoch erwartet Armas für Peru nur "moderate" wirtschaftliche Auswirkungen und prognostiziert für das erste Quartal ein Wirtschaftswachstum von rund 4%.

Verbrauchervertrauen auf Talfahrt, Inflationserwartungen explodieren

Besonders alarmierend ist die Reaktion der amerikanischen Verbraucher. Der vom University of Michigan Survey of Consumers ermittelte Index für das Verbrauchervertrauen stürzte im April auf 50,8 Punkte ab – den niedrigsten Stand seit Juni 2022 und deutlich unter den von Ökonomen prognostizierten 54,5 Punkten. Joanne Hsu, Direktorin der Umfrage, betonte, dass dieser Rückgang "durchdringend und einstimmig" über alle Altersgruppen, Einkommensklassen, Bildungsniveaus, geografischen Regionen und politischen Zugehörigkeiten hinweg zu beobachten sei.

"Die Verbraucher sind von ängstlich zu verängstigt übergegangen", kommentierte Samuel Tombs, Chefökonom für die USA bei Pantheon Macroeconomics. Besonders beunruhigend: Die 12-Monats-Inflationserwartungen schossen auf 6,7% – den höchsten Wert seit 1981. Auch die langfristigen Inflationserwartungen für die nächsten fünf Jahre stiegen auf 4,4%, den höchsten Stand seit Juni 1991.

Gleichzeitig ist der Anteil der Verbraucher, die im kommenden Jahr einen Anstieg der Arbeitslosigkeit erwarten, den fünften Monat in Folge gestiegen und erreicht nun den höchsten Stand seit 2009, als die Wirtschaft inmitten der Großen Rezession steckte. "Dieser Mangel an Vertrauen in den Arbeitsmarkt steht in krassem Gegensatz zu den vergangenen Jahren, als robuste Ausgaben vor allem durch starke Arbeitsmärkte und Einkommen gestützt wurden", erklärte Hsu.

Häfen und Lieferketten unter Druck

Die Auswirkungen des Handelskonflikts sind bereits an den wichtigsten US-Eingangstoren für den globalen Handel spürbar. Gene Seroka, Geschäftsführer des Hafens von Los Angeles, warnte, dass die Importe am geschäftigsten US-Seehafen bereits ab Mai zurückgehen könnten. "Der globale Handel wird sich verlangsamen, während die Unternehmen versuchen herauszufinden, was das bedeutet", sagte Seroka und bekräftigte seine Prognose, dass die Importe im Hafen von Los Angeles in der zweiten Jahreshälfte 2025 um mindestens 10% zurückgehen werden. "Es könnte mehr als das sein, wir wissen es einfach nicht", fügte er hinzu.

Die US-Importe waren in diesem Jahr auf ein fast rekordverdächtiges Niveau gestiegen, da US-Unternehmen im Vorfeld der erwarteten Trump-Zölle Waren einlagerten. Nun setzen dieselben Importeure ihre Bestellungen aus China aus und hoffen, dass sich die Gemüter beruhigen und die Zölle gesenkt werden. Laut Daten des Container-Tracking-Softwareanbieters Vizion sanken die US-Importbuchungen auf riesigen Containerschiffen vom 24.-31. März zum 1.-8. April, also in der Woche, als Trump "reziproke" Zölle auf eine Reihe von Ländern ankündigte, um 64%. Die Importe aus China fielen in diesem Zeitraum um 36% – und das, bevor Trump die China-Zölle erhöhte und "reziproke" Zölle, die 10% überstiegen, pausierte.

Asiatische Märkte passen Erwartungen an

Die Auswirkungen der US-Handelspolitik haben auch die Prognosen für die asiatischen Märkte beeinflusst. UBS hat ihre Aktienziele für Japan nach unten korrigiert und verweist dabei auf revidierte BIP-Prognosen aufgrund der neuen US-Zollmaßnahmen. Die Bank senkte ihre Prognose für den TOPIX-Index zum Jahresende 2025 von 2.900 auf 2.500 und für den Nikkei 225 von 41.500 auf 35.000. Auch die Ziele für 2026 wurden nach unten angepasst.

Die UBS erklärte, die überarbeiteten Prognosen spiegelten "die Ansicht wider, dass Japans wirtschaftliche Normalisierung für 1-2 Jahre ausgesetzt wird", nachdem die USA breite Zölle angekündigt haben, die sowohl Japan als auch den globalen Handel beeinträchtigen werden. Die Analysten gehen von einer "vorsichtigen Prognose aus, die für 2025 ein etwa gleichbleibendes Wachstum im Vergleich zum aktuellen Niveau annimmt" und erwarten, dass Japan erst ab 2026 zu einer "moderaten Aufwärtsbewegung" zurückkehren wird, vorausgesetzt, es kommt nicht zu einer US-Rezession.

Handelsverhandlungen in Zeiten der Unsicherheit

Inmitten dieser Turbulenzen bemühen sich einige Länder, ihre Handelsbeziehungen mit den USA zu stabilisieren. Indien und die USA haben laut einem indischen Handelsbeamten die Bedingungen für Gespräche über den ersten Teil eines bilateralen Handelsabkommens festgelegt. Es sei möglich, dass innerhalb der nächsten 90 Tage ein "Win-Win-Deal" zustande komme. "Wir sind in den Handelsgesprächen mit den USA im Vergleich zu anderen Ländern weit voraus… es gibt in 90 Tagen viele Möglichkeiten", sagte der Beamte, der aufgrund der Sensibilität des Themas anonym bleiben wollte.

Indien und die USA hatten im Februar vereinbart, an der ersten Phase eines Handelsabkommens zu arbeiten, das bis Ende dieses Jahres abgeschlossen werden soll, mit dem Ziel, bis 2030 einen bilateralen Handel im Wert von 500 Milliarden Dollar zu erreichen. Der bilaterale Handel mit den USA, Indiens größtem Handelspartner, stieg 2024 auf rund 129 Milliarden Dollar, mit einem Überschuss von 45,7 Milliarden Dollar zugunsten Indiens.

Russische Wirtschaft trotzt Isolation

Während die meisten Volkswirtschaften mit den Auswirkungen der US-Zölle kämpfen, verfolgt Russland seinen eigenen Weg. Die russische staatliche Statistikbehörde Rosstat hat ihre Schätzung des BIP-Wachstums für 2024 am Freitag auf 4,3% nach oben korrigiert, von zuvor 4,1%. Die Revision basierte auf einem höheren Wachstum im vierten Quartal 2024, das nun auf 4,5% geschätzt wird, verglichen mit den zuvor geschätzten 3,3%.

Das Wirtschaftswachstum Russlands wird durch die Ausgaben für den dreijährigen Krieg in der Ukraine angetrieben und gilt als überhitzt, mit einer jährlichen Inflationsrate von über 10%. Die Zentralbank hat ihren Leitzins auf den höchsten Stand seit über 20 Jahren angehoben, um die Wirtschaft abzukühlen und die Inflation zu senken. Das BIP-Wachstum fiel im Februar im Jahresvergleich auf 0,8%, verglichen mit 3% im Januar, und erreichte damit den niedrigsten Wert seit März 2023.

Zentrale Banken im Dilemma

Die US-Notenbank Federal Reserve steht nun vor einem schwierigen Dilemma. Der sprunghafte Anstieg der Inflationserwartungen könnte die Fed dazu zwingen, ihre Pläne zur Lockerung der Geldpolitik zu überdenken. Einige Ökonomen erwarten, dass die Fed die Wiederaufnahme von Zinssenkungen bis später in diesem Jahr verschieben wird, nachdem sie ihren Lockerungszyklus im Januar pausiert hatte. Die Finanzmärkte rechnen dagegen immer noch mit einer Zinssenkung im Juni.

"Der Anstieg der langfristigen Inflationserwartungen sollte die Aufmerksamkeit der Fed erregen", sagte Ryan Sweet, Chefökonom bei Oxford Economics. "Die Verankerung der Inflationserwartungen ist für die Fed von entscheidender Bedeutung und ein Grund, warum wir nicht damit rechnen, dass die Zentralbank die Zinsen vor Dezember senken wird."

Die Auswirkungen dieser komplexen globalen Handelsspannungen werden sich in den kommenden Monaten weiter entfalten, während Unternehmen, Verbraucher und politische Entscheidungsträger versuchen, sich in diesem neuen wirtschaftlichen Umfeld zurechtzufinden. Für die Märkte bleibt nur eine Gewissheit: Die Volatilität wird anhalten, solange die handelspolitischen Unsicherheiten bestehen bleiben.

Über Felix Baarz 69 Artikel
Mit über fünfzehn Jahren Erfahrung als Wirtschaftsjournalist hat sich Felix Baarz als Experte für internationale Finanzmärkte etabliert. Seine Leidenschaft gilt den Mechanismen globaler Finanzmärkte und komplexen wirtschaftspolitischen Zusammenhängen, die er für seine Leserschaft verständlich aufbereitet.In Köln geboren und aufgewachsen, entdeckte er früh sein Interesse für Wirtschaftsthemen und internationale Entwicklungen. Nach seinem Studium startete er als Wirtschaftsredakteur bei einer renommierten deutschen Fachpublikation, bevor ihn sein Weg ins Ausland führte.Ein prägendes Kapitel seiner Karriere waren die sechs Jahre in New York, wo er direkten Einblick in die globale Finanzwelt erhielt. Die Berichterstattung von der Wall Street und über weltweite wirtschaftspolitische Entscheidungen schärfte seinen Blick für globale Zusammenhänge.Heute ist Felix Baarz als freier Journalist für führende Wirtschafts- und Finanzmedien im deutschsprachigen Raum tätig. Seine Arbeit zeichnet sich durch fundierte Recherchen und präzise Analysen aus. Er möchte nicht nur Fakten präsentieren, sondern auch deren Bedeutung erklären und seinen Lesern Orientierung bieten – sei es zu wirtschaftlichen Trends, politischen Entscheidungen oder langfristigen Veränderungen in der Finanzwelt.Zusätzlich moderiert er Diskussionen und nimmt an Expertenrunden teil, um sein Wissen einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Dabei liegt sein Fokus darauf, komplexe Themen informativ und inspirierend zu vermitteln. Felix Baarz versteht seine journalistische Aufgabe darin, in einer sich schnell wandelnden Welt einen klaren Blick auf wirtschaftliche Zusammenhänge zu ermöglichen und seine Leser bei fundierten Entscheidungen zu unterstützen – beruflich wie privat.