Der Markt ist in einer Korrektur. Wie dieser Artikel aufzeigt, war dies nicht für alle Marktteilnehmer überraschend. Wir hatten bereits am 23.12. darüber berichtet (Quelle).
Die Warnungen mehren sich
Gleich vorweg: Ich habe sie in meiner Einschätzung und Kommentierung extrem schlecht begleitet, das schmerzt mich. Ein kurzer Rückblick. Seit gut einem Monat waren wir hier bei Leeway relativ permanent dabei Warnungen vor dem Marktverhalten auszusprechen, weil sich die Marktstruktur höchst unangenehm präsentierte.
Vergangene Woche, in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag dann nach der dynamischen Erholung aus dem Vorwochen-Tief, habe ich die gefährliche Phase für beendet gehalten – am letzten Tag dieser Phase, in der der Markt Stärke zeigte.
Warum? Ein Grund war die Stimmung: nachdem das Anleger-Sentiment rund um den Jahreswechsel überhitzt euphorisch war, hatte es in der Woche zuvor eine Kehrtwende eingelegt und war deutlich im pessimistischen Bereich. Dazu kam ein langfristiges Kaufsignal im Markttiming. Im langfristigen Signal bedeutet solch ein Signal letztlich, dass die Balance zwischen Käufen und Verkäufen an dem Tag in der Marktbreite deutlich in Richtung „Kaufen“ verschoben ist.
Es war also genug Benzin im Tank für eine langfristige Bewegung (pessimistische Stimmung), es gab einen deutlichen Antritt in die Richtung Ausbruch (langfristiges Kaufsignal) und der Markt hatte sowohl die Überdehnung nach oben abgebaut (konsolidiert), als auch die vorherige Schwäche dynamisch negiert. Dabei platzierte sich der Kurs oberhalb des großen Widerstandsbereiches (rot). Entsprechend richtete sich mein Blick aufwärts.
Blick auf die S&P 500 Tageskerzen
Rückblickend hätte ich die Bestätigung und endgültigen Ausbruch (über grün) am Folgetag abwarten müssen, denn die Situation stellte sich als Bullenfalle aus dem Lehrbuch dar (oberer Pfeil). In der Nacht zu Donnerstag (unterer Pfeil) wurden auch die mittel- und kurzfristigen Kaufsignale aktiv, seitdem befinden wir uns in einer klaren Übertreibungssituation. Immerhin demonstrierte die Aktie der Woche den Vorteil guter Einstiege durch die Charttechnik und verlor weniger als 1 % gegenüber den 5 – 6 % Verlust des US-Marktes.
Aber genug von der Vergangenheit – kommen wir zum Blick in die Zukunft. Der erste Fokus ist der breite Markt: während sich Europa und insbesondere Deutschland gut halten konnten, mussten die amerikanische Seite, wie schon gesagt, drastisch Federn lassen. Die Anlegerstimmung ist in Folge historisch pessimistisch und seit Donnerstag befinden wir uns in einer klaren kurzfristigen Abwärtsübertreibung. Wo wir uns hier befinden, lässt sich wunderbar an unserem neuesten Feature erkennen. Täglich bestimmen wir die historischen Zeitpunkte, an denen die Situation der aktuellen am ähnlichsten ist. Ich habe die fünf ähnlichsten Zeitpunkte zusammengestellt.
Diese Instanzen treffen genau meine persönliche Einschätzung. Wir befinden uns am Ende einer Abwärtsbewegung. Entweder sehen wir hier ein paar Tage eine sehr dynamische Gegenbewegung, die es nicht zu neuen Hochs schafft, sondern diesen ersten Schock weiter verdauen muss. Oder wir rutschen hier noch einmal weiter durch (links unten), dann sind wir in wirklich extremen Territorien am Ende von Crash-Bewegungen (wie eben Weihnachten 2018) und könnten eine monatelange Aufwärtsbewegung erwarten.
Favorisiertes Szenario
Ich persönlich favorisiere eine Mischung von 2015 und 2012 (rechts oben und unten). Zuerst eine dynamische Gegenbewegung, die letztlich scheitert, um dann in ca. 2 Wochen in eine zweite Abwärtswelle zu starten, die uns noch einmal 10 % tiefer führt. Damit wäre dann auch die erwartete 20 % Korrektur in diesem Jahr abgearbeitet. Dieser zweiten Welle wird sich auch der europäische Markt dann vermutlich nicht mehr entziehen können. In diesem Zusammenhang ist noch einmal der Blick auf den Dollar Index DXY wichtig, den ich bereits Anfang des Monats in den Fokus gerückt hatte.
Der zeigt wieder Stärke und könnte Anlauf nehmen, um den wichtigen Widerstand an den Vorjahreshochs zu knacken. Dieses Verhalten könnte gut die relative Schwache der US-Märkte gegenüber Europa erklären. Wie aber bereits im letzten Kommentar zum Dollar Index bemerkt, ist ein starker Dollar historisch auch für Europa und die Emerging Markets ein deutlich negativer Faktor gewesen.
Kurz gesagt, ich kaufe hier, um in ein paar Tagen bis Wochen mit ein paar Prozent Plus tendenziell aus dem Markt zu gehen. Und ich gewichte aggressives Growth über, um in ein paar Wochen bis Monaten die Value-Quote zu erhöhen. Auf das Thema Value werden wir nächste Woche näher eingehen und unter anderem einen der Top-Picks aus unserem Value-Ranking vorstellen – ein US-Tech-Unternehmen als Value Star, so etwas gibt es.
Viel Erfolg,
Lars Wißler