Das Jahr 2019 wurde, gegen die Erwartung vieler Marktteilnehmer, doch noch ein gutes Börsenjahr. Trotz der Rufe vieler Crash-Prognosen konnte der DAX deutlich zulegen und liegt im aktuellen Handelsjahr mit über 25 Prozent im Plus. Das ist eine deutliche Ansage an die Mahner und Schwarzmaler. Doch es gibt gute Gründe, nun vorsichtig zu sein. Das Auftreten von Crash-Propheten bedeutet noch lange nicht, dass eine Marktbereinigung unwahrscheinlich ist.
Als vorsichtiger Anleger fragt man sich in den letzten Monaten oftmals, wie der DAX die Kraft aufbringen konnte, um nach dem Kurssturz zum Ende des letzten Jahres nun erneut in der Nähe des Allzeithochs zu klettern. Es ist mittlerweile soweit, dass die vorsichtigen Anleger und Trader nahe der Verzweiflung sind. Zu diesem Umstand fällt mir immer wieder dieser Satz ein:
Der Markt kann länger irrational bleiben als Sie liquide.
J.M. Keynes
Irrational und doch logisch?
Denn in der Tat verhält der Markt sich in meinen Augen zurzeit irrational und dennoch logisch. Vor allem die weltweit zunehmende Unsicherheit ist der Hauptgrund für den Anstieg der Aktienmärkte. Was auf den ersten Blick unlogisch klingt, ergibt bei genauerem Hinsehen absolut Sinn. Denn die Unsicherheiten im Euroraum und in anderen Ländern der Welt sorgen für eine hohe Nachfrage nach amerikanischen Anlagegütern. Dieser Umstand ist leicht zu belegen. Denn während das amerikanische Defizit aus der Handelsbilanz weiterhin auf Rekordniveau ist, steigt der USD-Index immer weiter an. Allerdings ist eine starke Währung normalerweise ein Zeichen von Attraktivität der Produkte in der betreffenden Volkswirtschaft.
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Und in der Tat kann die hohe Nachfrage nach dem US-Dollar wohl nicht aus dem Handel mit Waren entstanden sein, denn an dieser Stelle spricht die Handelsbilanz eine deutliche Sprache. Doch die Handelsbilanz ist eben nur eine Seite der Medaille. Neben Gütern wie Autos, Hardware oder anderen Produkten haben die USA eben auch einen Kapitalmarkt. Und genau dieser Markt treibt aktuell die Nachfrage nach der Weltreservewährung Nummer 1 besonders. Denn die Attraktivität von US-Aktien und Anleihen treibt viele Anleger in den amerikanischen Finanzmarkt.
Besonders die Zinssenkungsfantasie in Amerika sorgt für gute Stimmung unter den Anlegern. Immerhin profitieren die Kurse von Anleihen direkt von einem fallenden Zinsniveau. Doch auch Aktien und Immobilien profitieren im Schnitt von einer sich verbilligenden Refinanzierung. Und wie schon in den letzten Börsenjahren profitieren am Ende auch die europäischen Börsen von einem starken Anstieg der Leitbörse aus den USA. Doch genau hier lauert auch eine deutliche Gefahr – vor allem für den deutschen Aktienmarkt.
Die Gefahr eines Rücksetzers
Während also viele Anleger aktuell auf der Suche nach Rendite und Sicherheit Anlagen im USD eingehen und so den Dollar stärken, wird der amerikanische Aktien- und Anleihemarkt im Vergleich zu anderen Finanzplätzen unattraktiver. Denn die Käufe von ausländischen Investoren sorgen für eine immer höhere Bewertung an den Märkten. Damit werden die Produkte, die den Erfolg des US-Dollars mittragen immer teurer. Und genau jetzt kommt der DAX ins Spiel.
Amerikanische Anleger die im eigenen Land investieren haben „nur“ das Risiko aus Wertschwankungen ihrer Aktien und Anleihen. Für europäische Anleger existiert zusätzlich das Fremdwährungsrisiko. Und dieses hat es in meinen Augen nun in sich. Immerhin wäre bei einem Marktrücksetzer und einer Fluchtbewegung ausländischen Kapitals eine deutliche Dollarabwertung wahrscheinlich. Diese Abwertung würde demnach zusätzliche Verluste für Anleger außerhalb der USA bedeuten. Denn die Notierung amerikanischer Anlagen ist in Landeswährung und wird durch den Wechselkurs beeinflusst. Eine Aufwertung des Euros gegenüber dem US-Dollar um 5 %, würde den Wert eines Portfolios aus den USA für einen europäischen Anleger um diesen Wert reduzieren.
Und warum würde der DAX besonderen Risiken unterliegen?
DAX mit besonderer Situation
Deutschland hat eine exportorientierte Wirtschaft. Es wäre nicht das erste Mal, dass deutsche Aktien unter einem Anziehen des Wechselkurses EUR/USD leiden würde. Und genau dieser Anstieg könnte im Zuge der oben beschriebenen Situation eintreffen. Immerhin würde eine deutliche Abwertung des US-Dollars, durch die Auflösung von Anlagen in Amerika, genau darauf wirken. Der DAX könnte, durch die in diesem Artikel beschriebenen Umstände, besonders leiden. Während die Leitbörse in Amerika einen Husten bekommt, könnte sich der Deutsche Aktienindex eine echte Grippe einfangen. Und dass die Gefahren für die amerikanische Börse auch real zunehmen zeigt ein Blick auf die Stimmung in Amerika.
Die Nachfrage nach Absicherungen gegen Kursverluste ist zuletzt deutlich zurückgegangen. Die Angst vor Kursverlusten schwindet offensichtlich nach und nach. Und in der Tat gibt der Trend der letzten Monate den Anlegern Recht. Die Märkte klettern und klettern und geben kaum Grund zur Sorge.
Doch nicht immer ist alles planbar. Externe Schocks oder eine sich eintrübende Weltwirtschaft könnten in den nächsten Monaten Anleger verunsichern. Immerhin ist die Börse zurzeit alles andere als „günstig“ bewertet. Und während die Hausse die Hausse nährt, häufen sich auch die Nachrichten, die zur Vorsicht mahnen. Ob nun die Erwartung auf fallende Kurse einiger superreichen Marktteilnehmer, oder Ray Dalio von Bridgewater, der sich gegen fallende Kurse absichert. Gründe für eine Pause der Aktienrally gibt es genug. Ob es am Ende zu einem Crash kommt ist wie immer völlig unklar. Denn ein Crash ist ein Schwarzer Schwan und nicht vorhersehbar. Aber vor allem im DAX sollte man immer auf alles vorbereitet sein. Und Sorglosigkeit ist, genau wie übertriebene Angst, kein guter Ratgeber.