Tesla, Bitcoin & Nvidia: Warum die KI-Euphorie erste Risse zeigt
Liebe Leserinnen und Leser,
manchmal braucht es nur einen enttäuschenden Ausblick, um eine ganze Branche ins Wanken zu bringen. Heute ist so ein Tag. Während Palantir trotz starker Zahlen zweistellig abstürzt und Michael Burry – ja, der aus „The Big Short“ – mit Milliarden gegen Nvidia und Palantir wettet, stellt sich die Frage: Ist die KI-Rallye am Ende, oder erleben wir nur eine gesunde Korrektur? Dazu kommen schwache Signale aus dem Krypto-Sektor, wo Bitcoin und Ethereum unter Druck geraten, während die US-Notenbank weiter zögert. Ein Markt im Zwiespalt – zwischen Rekordständen und wachsender Skepsis.
Palantir-Schock: Wenn selbst gute Zahlen nicht mehr reichen
Der Datenanalyse-Spezialist Palantir hat eigentlich geliefert: Umsatz und Gewinn lagen über den Erwartungen. Doch die Aktie? Minus 9,2 Prozent zur US-Börseneröffnung. Was ist passiert? Analysten von Jefferies bringen es auf den Punkt: Die Bewertung ist schlicht absurd geworden. Mit dem 83-fachen der für 2026 geschätzten Umsätze handelt Palantir in Sphären, die selbst optimistische Szenarien kaum rechtfertigen können. Selbst wenn man bis 2028 rechnet, müsste das Unternehmen noch das 27-fache der dann erwarteten Erlöse wert sein – nur um den heutigen Kurs zu halten.
Das Problem: Palantir ist kein Einzelfall. Die gesamte KI-Branche hat sich in den vergangenen Monaten in eine Bewertungsblase hineinmanövriert, die nun erste Risse zeigt. Nvidia verliert zeitweise 2,8 Prozent, AMD sogar 4,2 Prozent. Der Nasdaq Composite gibt über 1,5 Prozent ab – und das, obwohl die Indizes noch immer auf Rekordniveau notieren. Anleger beginnen offenbar zu realisieren, dass nicht jede KI-Story automatisch goldwert ist.
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Apropos KI-Story: Während Nvidia und Palantir unter Druck stehen, nehmen einige europäische Chip-Unternehmen gerade Fahrt auf. Wer verstehen will, welche Halbleiter-Aktie von geopolitischen Trends und dem Milliardenprogramm des „Chips Act“ profitieren könnte, findet eine interessante Analyse dazu hier: „Die neue Nvidia: Halbleiter als Schlüssel des nächsten Technologiezyklus“.
Burry schlägt wieder zu: Der „Big Short“ auf KI
Und dann ist da noch Michael Burry. Der Mann, der 2008 gegen den Immobilienmarkt wettete und damit Milliarden verdiente, hat ein neues Ziel: die KI-Blase. Laut aktuellen Daten hält Burry über seine Scion Asset Management Put-Optionen auf Nvidia und Palantir im Gegenwert von rund 1,1 Milliarden US-Dollar – das sind über 80 Prozent seines gesamten Portfolios. Eine klare Ansage: Burry glaubt, dass die großen Profiteure des KI-Booms überbewertet sind und fallen werden.
Die Parallelen zu 2008 sind nicht zu übersehen. Damals wettete Burry gegen einen Markt, den alle für unverwundbar hielten. Heute richtet sich sein Fokus auf Tech-Giganten, die von der KI-Euphorie getragen werden. Ob er diesmal recht behält? Die Geschichte zeigt: Burry lag schon einmal richtig, als alle anderen falsch lagen. Für Anleger ist das ein Signal, zumindest vorsichtiger zu werden.
Krypto unter Druck: Bitcoin und Ethereum kämpfen mit Widerständen
Während die Tech-Börsen schwächeln, zeigt sich auch im Krypto-Sektor Nervosität. Bitcoin notiert aktuell bei rund 103.500 US-Dollar, ein Minus von 2,8 Prozent gegenüber dem Vortag. Ethereum fällt sogar auf etwa 3.560 US-Dollar und kämpft mit einer kritischen Unterstützungszone bei 3.540 US-Dollar. Analysten warnen: Fällt diese Marke, könnte es schnell Richtung 3.380 US-Dollar gehen – und im schlimmsten Fall sogar bis 3.000 US-Dollar.
Der Grund für die Schwäche? Einerseits belastet die Unsicherheit rund um weitere Zinssenkungen der US-Notenbank. Fed-Chef Jerome Powell hatte zuletzt signalisiert, dass eine erneute Senkung im Dezember keineswegs sicher sei. Das dämpft die Risikobereitschaft der Anleger. Andererseits sorgt auch China für Gegenwind: Das Land hat eine Mehrwertsteueränderung eingeführt, die den Goldhandel betrifft – und indirekt auch die Krypto-Nachfrage belastet. Solange Bitcoin nicht nachhaltig über 108.000 US-Dollar klettert, dürfte Ethereum kaum eigene Stärke entwickeln.
Gold verliert Glanz, Dollar gewinnt
Auch der Goldpreis gibt nach und rutscht unter die psychologisch wichtige Marke von 4.000 US-Dollar. Aktuell notiert die Feinunze bei rund 3.945 US-Dollar. Hier spielen zwei Faktoren eine Rolle: Zum einen stärkt sich der US-Dollar weiter, was Gold für internationale Käufer teurer macht. Zum anderen dämpfen die Zweifel an einer baldigen Zinssenkung die Attraktivität des Edelmetalls. Hinzu kommt die erwähnte Steueränderung in China, die die Einzelhandelsnachfrage nach Gold und damit auch nach alternativen Wertanlagen wie Kryptowährungen bremst.
Für Anleger bedeutet das: Die „sicheren Häfen“ verlieren momentan an Anziehungskraft. Stattdessen fließt Kapital in den Dollar und in Anleihen, deren Renditen leicht sinken, aber immer noch attraktiv bleiben. Die Zehnjahresrendite liegt bei etwa 4,09 Prozent – ein Niveau, das viele Investoren dazu bewegt, Risiko-Assets zu meiden.
Novo Nordisk vs. Pfizer: Der Kampf um Metsera eskaliert
Abseits der Tech- und Krypto-Welt tobt ein anderer Kampf: Novo Nordisk hat sein Übernahmeangebot für das US-Biotech-Unternehmen Metsera deutlich erhöht. Der neue Vorschlag bewertet Metsera mit bis zu 86,20 US-Dollar pro Aktie – ein Aufschlag von 159 Prozent gegenüber dem Kurs vor Bekanntgabe des ursprünglichen Pfizer-Angebots. Insgesamt könnte die Übernahme bis zu 10 Milliarden US-Dollar wert sein.
Pfizer, das im September eine Vereinbarung mit Metsera über 7,3 Milliarden US-Dollar getroffen hatte, steht nun unter Druck. Der US-Pharmakonzern hat zwei Werktage Zeit, um sein Angebot zu verbessern – ansonsten dürfte Metsera zu Novo Nordisk wechseln. Parallel hat Pfizer bereits zwei Klagen eingereicht, in denen behauptet wird, die Fusion verstoße gegen Kartellrecht. Ein Schachzug, der zeigt, wie erbittert der Wettbewerb um vielversprechende Biotech-Kandidaten geworden ist. Für Metsera-Aktionäre ist das natürlich eine komfortable Situation: Sie können sich entspannt zurücklehnen und zusehen, wie zwei Giganten um sie buhlen.
Deutsche Märkte im Sog der US-Schwäche
Auch hierzulande macht sich die Verunsicherung bemerkbar. Der DAX verlor am Dienstag 0,8 Prozent und schloss bei 23.949 Punkten – deutlich über den Tagestiefs, aber dennoch unter Druck. Besonders hart traf es Fresenius Medical Care, die nach einem enttäuschenden Quartalsbericht um 9,9 Prozent einbrachen. Die Citi bemängelte vor allem das schwache US-Geschäft des Dialyseanbieters.
Auf der Gewinnerseite standen hingegen defensive Werte: Immobilienaktien wie Vonovia (+0,7 Prozent) und Versicherer wie Allianz, Hannover Rück und Munich Re konnten sich der allgemeinen Schwäche entziehen. Das zeigt: Anleger schichten um – weg von hoch bewerteten Tech-Werten, hin zu stabileren, defensiven Titeln. Ein klassisches Zeichen für wachsende Vorsicht.
Was jetzt wichtig wird
Die kommenden Tage dürften entscheidend sein. Am Mittwoch steht die Quartalsrefundierung der US-Regierung an – ein Termin, der am Anleihemarkt für Spannung sorgt. Zudem legt AMD nach Börsenschluss seine Zahlen vor. Sollte der Chipkonzern enttäuschen, könnte das die Korrektur im Tech-Sektor weiter verschärfen. Gleichzeitig bleibt der Haushaltsstreit in den USA ungelöst: Sollte bis Dienstagabend keine Einigung erzielt werden, würde der „Shutdown“ den Rekord von 35 Tagen aus Trumps erster Amtszeit brechen.
Für Bitcoin und Ethereum gilt: Die nächsten Widerstände bei 108.000 beziehungsweise 3.750 US-Dollar müssen fallen, um das Chartbild wieder aufzuhellen. Ansonsten droht weiterer Abwärtsdruck. Und für alle, die auf die KI-Rallye gesetzt haben, lautet die Frage: Ist das nur eine Verschnaufpause – oder der Anfang einer größeren Korrektur? Michael Burry jedenfalls scheint seine Meinung gemacht zu haben.
Bis morgen – und bleiben Sie wachsam.
Herzliche Grüße
Andreas Sommer


