Nach den braven Sparern, die sich inzwischen mit Minuszinsen anfreunden müssen, machten nun auch die Ölspekulanten eine Erfahrung, auf die sie gern verzichtet hätten. Darauf möchte ich hier gerne ausführlich eingehen.
Die letzten Wochen und Tage waren an den Märkten sehr turbulent und volatil. Zwei Ereignisse schafften es in den medialen Blätterwald. Halten wir fest:
- ABN Amro hat dank eines Kunden 200 Mio € Nasse in den Büchern.
- Interactive Brokers sieht sich mit einem Verlust von 88 Mio $ aus Ölkontrakten seiner Kunden konfrontiert. Die Margin im Maikontrakt reichte nicht mehr aus und es gab einen Schnaps obendrauf…auf Kosten von IB.
Öl ist billig
… dachten sich in diesem Monat die Anleger und Spekulanten und bombardierten laut etf.com den größten Öl ETF in den USA, USO mit erheblichen Mittelzuflüssen und sprengten faktisch dessen Kapazität von aktuell 1,48 Mrd. ausgegebenen Anteilen. Dies führte u.a. zu einer erheblichen Abweichung des Fondpreises zum eigentlichen Nettoinventarwert von in der Spitze über 34 % ! Die von der Emittentin, der U.S. Commodity Funds bei der SEC beantragte Ausweitung auf 4 Mrd. Anteile harrt noch der Entscheidung.
Dank mangelnder Nachfrage wegen des wirtschaftlichen Corona Winterschlafes, überschäumender Lager und dem Preiskrieg am Ölmarkt stolperte der Ölpreis für WTI von einem Tief zum anderen. Der USO investiert laut Beschreibung in Futurekontrakte und dort vorwiegend in den Frontmonat des Futurekontraktes auf WTI. Das Verhältnis ist üblicherweise 80: 20. 80 % im aktuellen Kontrakt und 20 % im Kontrakt für den nächsten Monat, es sei denn der erste Monat läuft in zwei Wochen ab, dann wird USO in den zweiten und dritten Monat hineinziehen. Die aktuelle Situation brachte den Maikontrakt zum kollabieren. Schließlich will der Fonds sich die Pampe ja nicht liefern lassen, sondern nur von den Preisänderungen in den Kontraktmonaten profitieren. USO hielt im Maikontrakt bis zu 25% der Kontrakte! Dies führte am Montag zu der bisher außergewöhnlichen Situation, dass der Settlementpreis des Mai Kontraktes unter Null fiel und mit -37,63 USD fixiert wurde.
Raus, raus, raus…
Öl bei Minus 37,63 US Dollar am 20.04.2020
Die Anleger im besagten USO erlebten am Dienstag ein weiteres Wunder mit – 30% im ETF, nachdem die Fondsgesellschaft wohl auf Druck von oben eine weitere Änderung der Portfoliostrategie bekannt gab. Nunmehr verteilt sich die Asset Allocation auf 3 Monate. 40% im Juni, 55 % im Juli und 5 % im Augustkontrakt. Damit sollen offenbar Marktturbulenzen beim Rollen der Kontrakte etwas eingedämmt werden.
Was hat der United States Oil Fund mit Social Investing zu tun?
Nun ja…man kann ihn handeln, auf eToro,
Genauso wie nun auch unglücklicherweise die Futurekontrakte auf WTI!
Denn Sie wissen nicht, was sie tun…
Leider hat dies nichts mit dem Porschefahrer James Dean zu tun, sondern mit der „Weisheit der Masse“, neudeutsch auch wisdom of the crowd …
Mit dieser Weisheit schmückt sich ja gern jeder, der mit Social Trading, Social Investing u.ä. in Verbindung gebracht werden möchte, ohne jetzt Namen zu nennen. Ist die Herde klüger als das einzelne Schaf?
Offenbar nicht, denn sonst würden die Chats bei eToro nicht überquellen von aufgeregten Posts offenbar überforderter Investoren.
Was ist der Vorteil einer Investing Community wie eToro?
Es gibt sie immer noch, die aufmerksamen User, die sich informieren und versuchen, die Amateure nichts in Messer laufen zu lassen. 2 Posts hier beispielhaft:
Sven Baldauf aus Deutschland
Vakhtang MIndiashvili aus Russland:
Lehrreiche Tage für Investoren auf eToro, NAGA und co.
Die letzten Tage zeigen sehr deutlich, am Finanzmarkt ist nichts ! unmöglich.
Dies sollte man verinnerlichen und mit Überraschungen jeglicher Art rechnen. Letztlich kann man von Glück reden, dass die ESMA in den letzten Jahren die Daumenschrauben angezogen hatte. Ich möchte mir nicht ausmalen, wieviel Kunden es wieder zerrissen hätte, die mit CFD’s und Nachschusspflicht jammernd um die Ecke gekommen wären, weil sie nicht in der Lage sind zu verstehen, was sie handeln oder einfach nur zu faul, sich damit zu beschäftigen.
Sehr interessant finde ich die Aussage von Benjamin Bilski, Gründer und Vorstand von NAGA im aktuellen TRADERS‚
Im Interview gibt er Auskunft, wie die Nutzer von NAGA durch die Marktturbulenzen der letzten Wochen gekommen sind. Natürlich gab es auch einige Margin Calls. Etwa 85% der betroffenen größeren Konten wurden rekapitalisiert, kleinere hingegen von den Händlern geschlossen. Viele Händler versuchen außerdem mehr eigene Kontrolle über ihr Trading zu bekommen. So wurden im Durchschnitt zuletzt nur 40% der Positionen als Copy Trades eingegangen und 60% über eigene Entscheidungen. Dies ist durchaus bemerkenswert.
Nach meiner Erinnerung lag das Verhältnis bei eToro noch vor 2 Jahren umgekehrt.
Andererseits denke ich auch in diesen Tagen an die zu Grabe Getragenen. Stichwort ayondo. Ich mag mir nicht ausmalen, welches Desaster in den Followerkonten allein im Aktiencrash und nun auch im Ölcrash entstanden wäre. Reines Copytrading, also unreflektiertes und unkritisches Kopieren von Trades führt in der Regel nur zu einem Ergebnis, den frühzeitigen Margin Call.
Von dem dürften übrigens einige Investoren in den letzten Tagen gehört haben. Mehre Broker haben die Margin für Brent und WTI hochgezogen – auf bis zu 100%! Wer da nicht schnell reagierte, hatte ein Problem. Hinzu kamen Close out Regeln und weitere Restriktionen, mit denen sich die Broker schützen.
Fazit der schmierigen Tage
Auf Öl kann man nicht nur ausrutschen.
Handelt bitte nur die Dinge, die ihr auch versteht und die ihr Euren Kindern oder Eurem Partner mit einfachen Worten erklären könnt.
In diesem Sinne, allen Lesern eine gute Zeit und viel Erfolg beim Handeln und Investieren.
Nachtrag zu USO
Der von mir sehr geschätzte Jay Medrow hat in seinem Video vom 27.04.2020 einmal den „Erklärbär“ zum USO gemacht. Ein Muss für jeden, der sich mit diesem ETF beschäftigt. An der Stelle ein großes Danke an Jay für den Content, den er stets liefert.
Kommen Sie gut in den Mai,
Ihr Michael Tomaschek
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