Alibaba- vs. JD.com-Aktie: Geopolitik trifft auf Margendruck

Alibaba kämpft mit geopolitischen Vorwürfen vor Quartalszahlen, während JD.com trotz Umsatzwachstum massive Gewinneinbrüche verzeichnet. Die E-Commerce-Giganten verfolgen unterschiedliche Strategien.

Alibaba Aktie
Kurz & knapp:
  • Geopolitische Anschuldigungen belasten Alibaba-Aktie
  • JD.com mit starkem Umsatzplus aber Gewinnrückgang
  • Unterschiedliche Geschäftsmodelle und Strategien
  • Investitionen in Cloud und KI versus Logistikausbau

In der dynamischen Welt des chinesischen E-Commerce stehen Anleger vor einer ständigen Neubewertung der Marktführer. Alibaba und JD.com, die beiden Titanen der Branche, befinden sich in einem intensiven Wettkampf um Marktanteile, technologische Vorherrschaft und die Gunst der Investoren. Die jüngsten Entwicklungen der letzten Tage werfen dabei ein Schlaglicht auf die unterschiedlichen Herausforderungen und Strategien, mit denen sich die Konzerne konfrontiert sehen. Während JD.com bereits seine Quartalszahlen vorgelegt hat, die ein starkes Wachstum auf Kosten der Profitabilität zeigen, sieht sich Alibaba kurz vor der eigenen Berichterstattung am 25. November mit schwerwiegenden geopolitischen Vorwürfen konfrontiert, die den Aktienkurs belasten.

Ein am 14. November 2025 veröffentlichter Bericht, der sich auf ein Memo des Weißen Hauses beruft, behauptet, Alibaba habe das chinesische Militär technologisch unterstützt. Diese Anschuldigungen, die Alibaba entschieden zurückweist, führten zu einem sofortigen Kursrückgang von über 4,7 %. Dies überschattete die Nachwirkungen des umsatzstarken „Singles Day“, an dem die Aktie bereits mit einem Minus von rund 3 % schloss. Parallel dazu veröffentlichte JD.com am 13. November seine Quartalsergebnisse. Zwar konnte der Umsatz um beeindruckende 14,9 % auf 299,1 Milliarden RMB gesteigert werden, doch der Nettogewinn brach im Vergleich zum Vorjahresquartal um 55 % ein. Diese gegensätzlichen Nachrichtenlagen zwingen Anleger dazu, die fundamentalen Unterschiede und die jeweilige strategische Ausrichtung der beiden Konzerne genau zu analysieren.

Wer hat das bessere Geschäftsmodell?

Die grundlegenden Geschäftsmodelle von Alibaba und JD.com unterscheiden sich erheblich und prägen ihre jeweiligen Stärken und Schwächen.

Alibaba: Das Asset-leichte Ökosystem

Alibaba operiert primär als eine Plattform, die Käufer und Verkäufer zusammenbringt. Das Unternehmen agiert als Vermittler über seine riesigen Marktplätze wie Taobao (C2C) und Tmall (B2C), ohne selbst in großem Stil Lagerbestände zu halten. Dieses „Asset-light“-Modell ermöglicht eine schnelle Skalierbarkeit und vermeidet hohe Logistikkosten. Die Einnahmen werden hauptsächlich durch Provisionen, Werbedienstleistungen für Händler und Mitgliedsgebühren generiert.

Darüber hinaus hat Alibaba ein weitreichendes Ökosystem geschaffen, das weit über den reinen E-Commerce hinausgeht. Ein entscheidender und schnell wachsender Umsatzbringer ist Alibaba Cloud, der größte Cloud-Computing-Anbieter in China. Weitere Standbeine sind digitale Zahlungsdienste (Alipay), Logistik (Cainiao) und Unterhaltungsangebote. Diese Diversifizierung macht Alibaba widerstandsfähiger und schafft Synergien zwischen den einzelnen Geschäftsbereichen.

JD.com: Der Logistik-Champion mit Endkundenfokus

Im Gegensatz dazu verfolgt JD.com ein kapitalintensiveres, direkt auf den Einzelhandel ausgerichtetes Modell (B2B2C). Der Kern des Geschäfts ist „JD Direct“, ein Kanal, bei dem JD Produkte direkt von Marken kauft und in seinen eigenen, landesweiten Lagern bevorratet. Das Unternehmen kontrolliert somit die gesamte Wertschöpfungskette von der Lagerhaltung bis zur Auslieferung an den Endkunden.

Dieser Ansatz garantiert eine hohe Produktqualität und Authentizität sowie eine außergewöhnlich schnelle und zuverlässige Lieferung, oft noch am selben oder nächsten Tag – ein entscheidender Wettbewerbsvorteil und ein Grund für das hohe Kundenvertrauen. Zwar gibt es auch einen Marktplatz für Drittanbieter, doch der Großteil des Umsatzes wird über das Direktgeschäft erzielt. Die Einnahmen stammen hauptsächlich aus dem Verkauf von Waren sowie in geringerem Maße aus Dienstleistungen wie Logistik und Werbung für Drittanbieter.

Finanzkennzahlen im direkten Vergleich

Die unterschiedlichen Geschäftsmodelle spiegeln sich deutlich in den Finanzkennzahlen wider. Während JD.com seine Zahlen bereits offengelegt hat, blickt der Markt gespannt auf Alibabas Bericht.

KennzahlAlibaba (BABA)JD.com (JD)Anmerkung
Marktkapitalisierungca. 369,88 Mrd. USDca. 45,77 Mrd. USDStand November 2025
Umsatz (Q3 2025)242,65 Mrd. CNY (Prognose)299,1 Mrd. CNY (Tatsächlich)JD.com mit höherem Durchsatz
Nettogewinn (Q3 2025)15,19 Mrd. CNY (Prognose)5,3 Mrd. CNY (Tatsächlich)Alibabas Profitabilität wird höher erwartet
Kurs-Gewinn-Verhältnisca. 18,07 – 21,39ca. 10,45JD.com erscheint günstiger bewertet
Kurs-Umsatz-Verhältnisca. 2,7ca. 0,3Deutlicher Unterschied aufgrund der Geschäftsmodelle

JD.coms jüngster Quartalsbericht zeigte ein starkes Umsatzwachstum von 14,9 %, das die Analystenschätzungen übertraf. Allerdings brach der den Aktionären zurechenbare Nettogewinn von 11,7 Milliarden RMB im Vorjahresquartal auf 5,3 Milliarden RMB ein. Dies ist hauptsächlich auf massive Investitionen und Marketingausgaben für neue Initiativen wie den Essenslieferdienst zurückzuführen, die die Margen belasten.

Für Alibaba, das am 25. November berichtet, prognostizieren Analysten ein moderateres Umsatzwachstum von etwa 2,6 %, erwarten aber ebenfalls einen deutlichen Gewinnrückgang im Jahresvergleich, was auf hohe Investitionen in KI und Cloud-Infrastruktur zurückzuführen ist.

Aktuelle Entwicklungen: Geopolitik gegen Expansion

Alibaba im Kreuzfeuer geopolitischer Spannungen

Die Nachricht vom 14. November, dass ein internes Memo des Weißen Hauses Alibaba der Zusammenarbeit mit dem chinesischen Militär bezichtigt, hat die Aktie empfindlich getroffen. Alibaba dementierte die Vorwürfe umgehend und bezeichnete sie als Versuch, dem Ruf des Unternehmens zu schaden. Dennoch unterstreicht dieser Vorfall das signifikante geopolitische Risiko, das mit chinesischen Tech-Aktien verbunden ist.

Anleger müssen die anhaltenden Spannungen zwischen den USA und China als permanenten Risikofaktor einkalkulieren, der die fundamentale Bewertung jederzeit überlagern kann. Unabhängig davon treibt Alibaba seine strategische Neuausrichtung voran und plant, in den kommenden Jahren rund 380 Milliarden RMB (ca. 52 Mrd. USD) in Cloud Computing und künstliche Intelligenz zu investieren.

JD.com: Wachstum auf Kosten des Gewinns

JD.com hat mit seinen Q3-Zahlen vom 13. November zwar ein robustes Wachstum im Kerngeschäft JD Retail von 11,4 % gezeigt, aber die Gesamtprofitabilität leidet. Der aggressive Einstieg in den Markt für Essenslieferungen mit hohen Subventionen, um Marktanteile von Konkurrenten wie Meituan zu gewinnen, drückt auf die Margen.

Analysten reagierten gemischt. Einige, wie Benchmark, senkten zwar das Kursziel von 42 auf 38 US-Dollar, behielten aber ihre Kaufempfehlung bei und sehen langfristiges Wachstumspotenzial. Andere, wie Morgan Stanley, stuften die Aktie herab und prognostizieren eine Verlangsamung des Umsatzwachstums. Die aggressive Strategie der Aktienrückkäufe durch das Management wird von einigen als positives Signal des Vertrauens in die Zukunft gewertet.

Zukünftige Strategien: Wer hat die besseren Karten?

Beide Unternehmen positionieren sich für die Zukunft, setzen dabei aber unterschiedliche Schwerpunkte.

Alibaba setzt alles auf die Transformation zu einem technologiegetriebenen Unternehmen. Das Wachstum soll künftig weniger aus dem gesättigten chinesischen E-Commerce-Markt, sondern primär aus den Segmenten Cloud und KI kommen. Die massive Investitionsoffensive soll die technologische Führungsposition sichern. International expandiert Alibaba ebenfalls, etwa durch die Verknüpfung von Events wie dem Singles Day und Black Friday auf seiner Plattform AliExpress.

Eine weitere Initiative ist die Investition von rund 2 Milliarden RMB (ca. 281 Mio. USD) zur Umwandlung lokaler chinesischer Kioske in Taobao-Markengeschäfte, um den Soforthandel zu stärken.

JD.com konzentriert sich auf die Stärkung seines Kerngeschäfts durch eine unübertroffene Lieferketten- und Logistikinfrastruktur, die als entscheidender Wettbewerbsvorteil gilt. Gleichzeitig diversifiziert das Unternehmen in neue, wachstumsstarke Bereiche wie Essenslieferungen und den Online-Handel mit frischen Lebensmitteln (7Fresh). Diese Investitionen sind zwar kostspielig, könnten sich aber langfristig auszahlen, wenn es JD.com gelingt, in diesen Märkten Fuß zu fassen.

Analysten prognostizieren für JD.com ein zukünftiges Gewinnwachstum von rund 15,8 % pro Jahr, was auf eine Erholung der Profitabilität hindeutet, sobald die hohen Investitionsphasen abgeschlossen sind.

Chancen und Risiken im Überblick

Alibaba (BABA)JD.com (JD)
ChancenDominanz im Cloud-Computing in China
Starkes und diversifiziertes Ökosystem
Hohe Profitabilität im Kerngeschäft
Wachstumspotenzial durch KI und internationale Expansion
Führende Logistik und Lieferkette
Hohes Kundenvertrauen und Markenloyalität
Günstigere Bewertung der Aktie
Wachstumspotenzial in neuen Segmenten
RisikenGeopolitische Spannungen (USA-China)
Regulatorischer Druck in China
Zunehmender Wettbewerb im E-Commerce
Hohe Investitionskosten für KI/Cloud drücken kurzfristig auf den Gewinn
Anhaltender Margendruck durch hohe Investitionen
Intensiver Wettbewerb (Alibaba, Pinduoduo)
Abhängigkeit vom chinesischen Konsumklima
Kapitalintensives Geschäftsmodell

Fazit: Zwei Giganten, zwei unterschiedliche Wetten auf die Zukunft

Die Entscheidung zwischen einer Investition in Alibaba oder JD.com hängt stark von der Risikobereitschaft und dem Anlagehorizont des Investors ab. Es gibt keinen klaren Sieger, sondern zwei unterschiedliche Investment-Profile.

Alibaba stellt eine Wette auf technologische Dominanz und die erfolgreiche Transformation zu einem globalen Cloud- und KI-Player dar. Das Unternehmen bietet ein diversifiziertes Geschäftsmodell mit historisch starken Margen. Der größte Unsicherheitsfaktor sind die unkalkulierbaren geopolitischen Risiken, die jederzeit zu erheblichen Kursschwankungen führen können. Die Aktie eignet sich für Anleger, die an das langfristige Wachstumspotenzial der chinesischen Technologiebranche glauben und bereit sind, die damit verbundenen politischen Risiken zu tragen.

JD.com ist die Wahl für Investoren, die auf die Stärke des chinesischen Konsumenten und die Überlegenheit eines integrierten Einzelhandels- und Logistikmodells setzen. Die Aktie ist derzeit günstiger bewertet, was die aktuellen Profitabilitätsprobleme widerspiegelt. Das Hauptrisiko liegt darin, ob die hohen Investitionen in neue Geschäftsfelder Früchte tragen und die Margen sich in Zukunft wieder erholen werden. Anleger, die an eine erfolgreiche Expansion und eine zukünftige Margenverbesserung glauben, könnten hier eine unterbewertete Chance sehen.

Letztendlich müssen Investoren die jüngsten Nachrichten – Alibabas politische Turbulenzen vor den Quartalszahlen und JD.coms gewinnbelastendes Wachstum – sorgfältig abwägen und entscheiden, welches Geschäftsmodell und welche Zukunftsstrategie sie für überzeugender halten.

Alibaba-Aktie: Kaufen oder verkaufen?! Neue Alibaba-Analyse vom 16. November liefert die Antwort:

Die neusten Alibaba-Zahlen sprechen eine klare Sprache: Dringender Handlungsbedarf für Alibaba-Aktionäre. Lohnt sich ein Einstieg oder sollten Sie lieber verkaufen? In der aktuellen Gratis-Analyse vom 16. November erfahren Sie was jetzt zu tun ist.

Alibaba: Kaufen oder verkaufen? Hier weiterlesen...

Alibaba Jahresrendite