Die weltweiten Handelskonflikte zeigen erste Risse: China gewährt offenbar erste Ausnahmen von seinen drastischen Strafzöllen auf US-Importe. Besonders die Pharmaindustrie profitiert – doch die globale Wirtschaft bleibt unter Druck.
Gezielte Entspannung im Handelskrieg
In einer überraschenden Wendung hat China begonnen, Ausnahmen von seinen 125-prozentigen Strafzöllen auf US-Waren zu gewähren. Wie die amerikanische Handelskammer in China bestätigte, konnten Pharmaunternehmen in der vergangenen Woche bereits Medikamente zollfrei einführen. "Es gibt Berichte, dass bestimmte Produkte ohne Tarife eingeführt werden konnten", so Michael Hart, Präsident der AmCham China.
Die Maßnahmen scheinen gezielt: Die Ausnahmen gelten bisher nur für bestimmte Medikamente, nicht für ganze Branchen. Hinter den Kulissen arbeitet das chinesische Handelsministerium offenbar an einer umfassenderen Liste von Ausnahmen. Unternehmen werden aufgefordert, kritische Importgüter zu benennen, die für ihre Lieferketten unverzichtbar sind.
Pharmariesen unter Druck
Die chinesischen Strafzölle hatten zuletzt die Gewinnprognosen großer Pharmakonzerne wie Johnson & Johnson und Merck erheblich belastet. Auch Medizintechnikunternehmen wie Thermo Fisher Scientific rechneten mit massiven Umsatzeinbußen in China. "Viele unserer Mitglieder exportieren Wirkstoffe oder fertige Medikamente aus den USA nach China", erklärt Jens Eskelund von der EU-Handelskammer in China.
Besonders betroffen sind Unternehmen, deren Produkte im chinesischen Gesundheitssystem zu Festpreisen abgenommen werden. Sie können Preiserhöhungen kaum weitergeben und müssen die Zollkosten selbst schultern. Die neuen Ausnahmen könnten hier Entlastung bringen – auch für Patienten.
Globale Wirtschaft in Sorge
Während sich in China erste Entspannungszeichen zeigen, warnen internationale Beobachter vor den Folgen der anhaltenden Handelskonflikte. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) sieht die Wirtschaft ihres exportabhängigen Landes durch die US-Zölle von 31 Prozent massiv bedroht. "Ein Wachstumsrückgang ist nicht auszuschließen", warnt SNB-Präsident Martin Schlegel.
Die Unsicherheit belastet weltweit die Konjunkturerwartungen. Unternehmen zögern mit Investitionen, während Verbraucher angesichts möglicher Preiserhöhungen zurückhaltender agieren. Die SNB signalisiert Bereitschaft, notfalls mit Zinsanpassungen oder Währungsinterventionen zu reagieren.
Zermürbungstaktik oder echter Durchbruch?
Trotz der vorsichtigen Annäherung bleiben die Positionen verhärtet. Chinas Außenministerium bestreitet weiterhin laufende Verhandlungen mit den USA und wirft Washington vor, die Öffentlichkeit zu täuschen. "Die USA und China führen keine Konsultationen zu Zollfragen", so Sprecher Guo Jiakun.
Experten deuten die jüngsten Entwicklungen dennoch als Signal, dass beide Seiten den wirtschaftlichen Schaden begrenzen wollen. Während die USA über Zollsenkungen für bestimmte Elektronikprodukte nachdenken, könnte Chinas Schritt ein erster Testballon für umfassendere Zugeständnisse sein. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob es sich um taktische Manöver oder den Beginn einer echten Deeskalation handelt.