Chinas Konjunktur schwächelt trotz Stimulus

Trotz umfangreicher Stimulusmaßnahmen zeigt Chinas Wirtschaft gemischte Daten: Industrieproduktion und Konsum enttäuschen, Immobilienkrise verschärft sich. Experten erwarten weitere Zinssenkungen.

Chinas Konjunktur schwächelt trotz Stimulus
Kurz & knapp:
  • Industrieproduktion wächst schwächer als erwartet
  • Einzelhandelsumsätze zeigen gedämpfte Konsumlaune
  • Immobilieninvestitionen brechen um 12,9% ein
  • Weitere Zinssenkungen der Zentralbank erwartet

Die chinesische Wirtschaft kämpft weiterhin mit strukturellen Schwächen, während gleichzeitig globale Zentralbanken vor entscheidenden Weichenstellungen stehen. Trotz massiver Stimulusmaßnahmen aus Peking zeigen aktuelle Wirtschaftsdaten ein gemischtes Bild der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt.

Industrieproduktion enttäuscht Erwartungen

Chinas Industrieproduktion wuchs im August mit nur 5,2% deutlich schwächer als erwartet. Analysten hatten mit einer Fortsetzung des Juli-Tempos von 5,7% gerechnet. Besonders belastend wirken sich dabei die anhaltenden US-Handelszölle von rund 50% auf verschiedene chinesische Waren aus. Hinzu kommt eine schwächelnde Nachfrage aus wichtigen Exportmärkten wie Japan und Europa.

Die schwache Industrieaktivität spiegelt sich auch in den Investitionszahlen wider: Anlageinvestitionen stiegen in den ersten acht Monaten lediglich um 0,5% gegenüber dem Vorjahr – ein deutlicher Rückgang vom Juli-Wert von 1,6%.

Konsumlaune bleibt gedämpft

Noch besorgniserregender entwickelt sich der private Konsum. Die Einzelhandelsumsätze wuchsen im August nur um 3,4%, nach 3,7% im Vormonat. Diese Entwicklung ist besonders brisant, da Pekings umfangreiche Stimulusmaßnahmen seit Ende 2024 – insbesondere Subventionen für Elektronik und Konsumgüter – ihre Wirkung zu verlieren scheinen.

„Die Effekte dieser Maßnahmen verpuffen zusehends“, bestätigen auch die schwachen Inflationsdaten für August. Dies deutet auf eine grundsätzliche Zurückhaltung der chinesischen Verbraucher hin.

Immobilienkrise verschärft sich

Besonders dramatisch zeigt sich die Lage am chinesischen Immobilienmarkt. Immobilieninvestitionen brachen in den ersten acht Monaten um 12,9% ein, während neue Bauvorhaben sogar um 19,5% zurückgingen. Die Hauspreise fielen im August um 2,5% gegenüber dem Vorjahr.

Diese Entwicklung ist für die chinesische Wirtschaft besonders problematisch, da der Immobiliensektor traditionell eine Schlüsselrolle für das Wachstum spielt. Immobilienentwickler kämpfen zudem mit Finanzierungsproblemen – ihre Mittelbeschaffung sank um 8% in den ersten acht Monaten.

Globale Märkte in Wartestellung

Während China mit wirtschaftlichen Herausforderungen kämpft, richten sich die Blicke der internationalen Märkte auf die bevorstehenden Zentralbankentscheidungen. Die US-Notenbank Federal Reserve steht vor ihrer ersten Zinssenkung seit langem, wobei eine Reduzierung um 25 Basispunkte als sicher gilt.

Der Dollar zeigte sich vor den erwarteten Fed-Entscheidungen stabil, während der Euro trotz Frankreichs Ratingherabstufung durch Fitch wenig Reaktion zeigte. Die Ratingagentur hatte Frankreichs Bonitätsnote auf A+ gesenkt – den niedrigsten Stand in der Geschichte des Landes.

Handelsgespräche ohne Durchbruch

In Madrid führen derweil US-amerikanische und chinesische Vertreter Handelsgespräche, wobei auch die Zukunft der Video-App TikTok diskutiert wird. Präsident Trump signalisierte erneut eine Verlängerung der Verkaufsfrist für TikTok über den 17. September hinaus – bereits die vierte Verlängerung.

Diese handelspolitischen Unsicherheiten belasten zusätzlich die chinesische Exportwirtschaft und verstärken den Druck auf Pekings Führung, weitere Stimulusmaßnahmen zu ergreifen.

Ausblick: Weitere Stimulus-Runde erwartet

Angesichts der schwachen Konjunkturdaten dürfte China seine geldpolitischen Anstrengungen verstärken. Experten rechnen damit, dass die chinesische Zentralbank noch in dieser Woche einen ihrer Leitzinssätze senken könnte.

Die Herausforderung für Peking bleibt jedoch, die strukturellen Probleme der Wirtschaft anzugehen – insbesondere die Immobilienkrise und die schwache Inlandsnachfrage. Ohne nachhaltige Lösungen drohen weitere Stimulusmaßnahmen wirkungslos zu verpuffen.

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Mit über fünfzehn Jahren Erfahrung als Wirtschaftsjournalist hat sich Felix Baarz als Experte für internationale Finanzmärkte etabliert. Seine Leidenschaft gilt den Mechanismen globaler Finanzmärkte und komplexen wirtschaftspolitischen Zusammenhängen, die er für seine Leserschaft verständlich aufbereitet.In Köln geboren und aufgewachsen, entdeckte er früh sein Interesse für Wirtschaftsthemen und internationale Entwicklungen. Nach seinem Studium startete er als Wirtschaftsredakteur bei einer renommierten deutschen Fachpublikation, bevor ihn sein Weg ins Ausland führte.Ein prägendes Kapitel seiner Karriere waren die sechs Jahre in New York, wo er direkten Einblick in die globale Finanzwelt erhielt. Die Berichterstattung von der Wall Street und über weltweite wirtschaftspolitische Entscheidungen schärfte seinen Blick für globale Zusammenhänge.Heute ist Felix Baarz als freier Journalist für führende Wirtschafts- und Finanzmedien im deutschsprachigen Raum tätig. Seine Arbeit zeichnet sich durch fundierte Recherchen und präzise Analysen aus. Er möchte nicht nur Fakten präsentieren, sondern auch deren Bedeutung erklären und seinen Lesern Orientierung bieten – sei es zu wirtschaftlichen Trends, politischen Entscheidungen oder langfristigen Veränderungen in der Finanzwelt.Zusätzlich moderiert er Diskussionen und nimmt an Expertenrunden teil, um sein Wissen einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Dabei liegt sein Fokus darauf, komplexe Themen informativ und inspirierend zu vermitteln. Felix Baarz versteht seine journalistische Aufgabe darin, in einer sich schnell wandelnden Welt einen klaren Blick auf wirtschaftliche Zusammenhänge zu ermöglichen und seine Leser bei fundierten Entscheidungen zu unterstützen – beruflich wie privat.