Der Euro steht seit der EZB-Sitzung deutlich unter Druck. Mario Draghi machte gestern klar, dass die Zinsen noch länger tief bleiben. Was bedeutet das für den Euro?
Bereits im Jahr 2017 sprach ich in einem großen Börsenforum von einer kommenden Fluchtbewegung aus dem Euro in den US-Dollar. Damals grenzte ich den Zeitpunkt auf Anfang 2018 ein. Was trieb mich zu dieser Überzeugung und wo stehen wir heute?
Der Euro unter Beschuss
Das wohl größte Problem welches der Euro zurzeit hat ist die politische Lage. Als Leser von Trading-Treff kennen Sie bereits meine Meinung zu der Konstruktionsschwäche der Gemeinschaftswährung. Diese hat sich bis zum heutigen Tag nicht abgemildert – im Gegenteil.
Vor allem hinken die Löhne in der relativen Steigung, seit der Euro-Einführung, in Deutschland weiterhin deutlich hinter der EU hinterher. Obwohl unser Land extrem produktiv ist, waren wir nicht nur im Export der Sieger in der Eurozone, sondern auch in der Lohnzurückhaltung. Dieser Umstand stürzte die Eurozone in diese großen Probleme und sorgte für deutlich hinkende Inflationsraten, denen auch die expansive Geldpolitik der EZB nicht auf die Sprünge helfen konnte.
Diese Entwicklung brachte ich schon damals in Verbindung mit immer stärker werdenden Parteien aus den beiden extremen Lagern. Dieser Umstand zeigt sich immer deutlicher in der gesamten Eurozone. Dabei sind Ideen wie eine Parallelwährung in Italien sicherlich keine Beruhigungspille für die Märkte. Doch all das ist bereits bekannt. Wie könnte es nun weitergehen?
Euro könnte schwach bleiben
Das Hauptproblem in der Euro-Konstruktion ist nicht gelöst. Deutschlands Löhne und Gehälter steigen nicht schnell genug, um die Jahre der Zurückhaltung möglichst schnell auszugleichen. Zusätzlich zu diesem Problem aus der Wirtschaft, ist die Spaltung Europas in Fragen der Flüchtlingspolitik größer denn je. Mittlerweile steht selbst die Politik in Berlin vor einer Zerreißprobe.
Diese Umstände an sich sind bereits Grund genug für einen schwachen Euro. Denn wo die Gemeinschaft schwindet, dort hat auch eine Gemeinschaftswährung schlechte Karten für die Zukunft. Doch auch die Geldpolitik machte nun nochmals klar, dass wir inmitten einer Krise stecken müssen.
Seit Monaten bereits findet auf dem Finanzmarkt eine Zinswende statt. Dabei steigt im wichtigsten Währungsraum der Welt nicht nur der Leitzins, der direkt von der Notenbank festgelegt wird. Zusätzlich dazu steigen auch die Zinsen am langen Ende der Strukturkurve. Doch die EZB versucht Europa von dieser Entwicklung weitestgehend abzuschotten. In dem Sie den Leitzins auf Null hält und diesen bis Sommer 2019 auf diesem Niveau sieht und zusätzlich weiterhin Anleihen kauft, verschafft sie dem Geldmarkt weiterhin einen unnatürlichen Anstrich. Die Bedingungen für größere Kapriolen an en Börsen sind also gelegt.
Fazit zur Euroschwäche
Die Lage rund um den Euro kann durchaus als angespannt bezeichnet werden. Ob Strafzölle, politische Differenzen oder nicht zur Produktivität passende Löhne, die Bedingungen für die Gemeinschaftswährung Euro sind nicht gut.
Solange die politische Führung denkt, ein Staat sei wie ein Unternehmen und müsse Überschüsse produzieren, solange werden wir wohl weiterhin mit den großen Fehlern in der Konstruktion des Euros leben müssen, ohne eine echte Alternative in der Wirtschaftspolitik zu erhalten. Damit wird das Projekt Euro und Europa weiterhin beschossen – allerdings unnötigerweise…
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