Dividenden-Aktien und Dividendenfonds sind ein Grundbaustein der Geldanlage – so jedenfalls der große Konsens im Fachpublikum. Die hohen Dividenden, die oftmals weit über dem sicheren Zinssatz liegen, sorgen für einen guten Puffer, sollte die positive Entwicklung an den Börsen ins Stocken geraten. Auch die Performance der Dividendenfonds ist offensichtlich hervorragend. Doch das sind größtenteils Mythen, die mit der Realität und Praxis der Geldanlage wenig gemein haben.
Dividendensaison aktuell
Die Dividendensaison ist im vollen Gange. Die deutschen Unternehmen werden in diesem Jahr voraussichtlich mehr als 50 Mrd. Euro an ihre Aktionäre ausschütten. In Zeiten der Niedrigzinsen ist die Dividendenrendite zu einem wesentlichen Baustein des Fixed Income in der Geldanlage geworden, so wie es schon seit Jahren in verschiedensten Medien beschrieben wurde.
Aktiengesellschaften wie die Allianz, Münchener Rück, Daimler oder die Deutsche Telekom schütten jeweils mehr als 4% an ihre Aktionäre aus. Diese freuen sich über das passive Einkommen, doch wie geht es den Aktienkursen?
Dividendenstarke DAX Aktien vs. DAX
Um uns ein präzises Bild machen zu können, vergleichen wir die Wertentwicklung der oben genannten Aktien mit der des DAX Perf. Index und dem EURO STOXX 50 Price Index. Gemein ist den jetzt folgenden Aktien, dass deren Gesellschaften ein stabiles Geschäftsmodell besitzen, welches einen recht stabilen Cash Flow erzeugt. Beginnen wir mit der Aktie der Allianz SE.
Im direkten Vergleich konnte die Allianz den DAX nicht outperformen. Dieser Vergleich ist jedoch nicht ganz gerecht, denn der DAX ist ein Performance Index. In einem Performance Index werden die Dividendenzahlungen berücksichtigt. Das unterschiedet ihn von einem Preisindex.
Der EURO STOXX 50 ist ein solcher Preisindex, doch auch hier sieht das Bild nicht wirklich besser aus. Die Allianz entwickelte sich schlechter als der Index seit dem Jahr 2003.
Erst 2017 konnte die Aktie den Index übersteigen und eine Outperformance aufbauen.
Da sieht es bei der Münchener Rückversicherung ein wenig besser aus.
Auch die Aktie der Münchener Rückversicherung zeigte seit dem Jahr 2003 eine deutliche Underperformance gegenüber den beiden Indizes. Doch konnte sie dem Preis Index EURO STOXX 50 seit Ende 2012 davon eilen.
Bei der deutschen Industrie Ikone Daimler sieht es wesentlich besser aus.
Die Aktie des Daimler-Konzerns konnte trotz des Chrysler Debakels der 2000erJahre beide Indizes outperformen. Doch was auffällig ist, ist die Tatsache, dass die Schwankungsbreite sogar über der des breiten Marktes liegt.
Die jetzt folgende Volksaktie der Telekom ist, im Vergleich zu den anderen gezeigten Werten, ein negatives Beispiel.
Die Volksaktie Dt. Telekom zeigt eines der Negativbeispiele von dividendenstarken Aktien. In den vier gezeigten Charts erkennt man sofort, dass Titel mit hohen Dividenden nicht vor extremen Wertschwankungen geschützt sind.
Aus Sicht eines Anlegers ist das ein wichtiger Punkt, denn die angenommenen Vorteile einer Dividende liegen ja auch in der Wiederanlage und dem damit verbundenen Zinseszins-Effekt.
Ein solches Verhalten zeigen jedoch die wenigsten Aktionäre. Besonders die Anleger, die auf eine Ausschüttung angewiesen sind, können diesen Effekt nicht nutzen.
Um einen Überblick über den gesamten Markt zu erhalten, werden nun der EURO STOXX Select Dividend 30 mit dem EURO STOXX 50 verglichen. Das ist ohne weiteres möglich, da es sich um zwei Preisindizes handelt.
EURO STOXX Select Dividend 30 vs. EURO STOXX 50
Auch der EURO STOXX Select Dividend 30 zeigt eine deutliche Underperformance gegenüber dem EURO STOXX 50 auf. Was besonders deutlich ist – die Verluste des SX3D waren in der Finanzkrise größer als die des SX5E.
Es scheint ein großer Mythos zu sein, dass sich Aktien mit einer hohen Dividendenrendite besonders gut entwickeln und parallel dazu vor starken Abstürzen schützen.
Vielleicht ist es noch zu früh einen Abgesang auf die Dividendenstrategie anzustimmen.
Schauen wir uns nun das Ergebnisse eines aktiv gemanagten Dividenden Fonds und seiner Benchmark an.
Dividenden Fonds vs. DAX und Co
Der DWS Top Dividende ist einer der beliebtesten Fonds in Europa. Dieser Investmentfonds konnte seit Sommer 2006 eine Performance von über 100% ausweisen. Doch schaut man sich den Fonds im Kurs Chart an, so schrumpft die Wertentwicklung auf magere 40% ab.
Im Chart sieht die Lage folgendermaßen aus. Der Betrachtungszeitraum erstreckt sich hier vom 28.04.2003 bis zum 15.05.2018.
Das Ergebnis im Performance Chart kann sich sehen lassen.
Seit seiner Auflegung im Jahr 2003 konnten Anleger mehr als 350% Wertentwicklung erzielen. Damit konnte er offensichtlich die beiden Benchmarks MSCI World High Dividend Yield NR USD und Aktien weltweit dividendenorientiert schlagen. Beide Benchmarks erzielten im selben Zeitraum eine Performance von ca. 300%.
Schaut man nun jedoch auf den Preis Chart, der für den Anleger in der Praxis bedeutender ist, als der Performance Chart ändert sich das Bild.
Ohne die Ausschüttungen mit einzuberechnen, erscheint der Fonds schon weniger attraktiv.
Bedenkt man, dass der MSCI World Index im selben Zeitraum eine Performance von über 155% erzielen konnte, kann man eigentlich nicht mehr davon ausgehen, dass die Dividendenstrategie besondere Vorteile bietet. Der S&P 500 Index, der ein Preis Index ist, konnte in dem Vergleichszeitraum sogar mehr als 215% zulegen.
Jedoch muss auch eine Stange für das Management gebrochen werden. Schaut man sich zum Beispiel den EURO STOXX Select Dividend 30 an, so kommt der Eindruck auf, dass es in diesem Bereich besser ist auf ein aktives Management zu bauen, anstatt blind einen Index mithilfe eines ETF´s abzubilden.
Annahmen der Dividenden Fonds zur Performance
Die Performance-Angaben der Fondsgesellschaften basieren immer auf der Annahme, dass der Investor die Ausschüttung sofort reinvestiert und so ein Zinseszinseffekt eintritt. Dieser interne Zinsfuß ist in der Theorie recht schön und auch logisch und vereinfacht zudem den Vergleich der Fonds mit ihren Benchmark Indizes oder auch untereinander. Doch mit der Praxis des normalen Anlegers hat das oftmals wenig zu tun.
Die meisten Anleger die auf ein Fixed Income achten, tun dieses, weil sie auf die Ausschüttungen angewiesen sind. Sei es zur Aufbesserung der eigenen Rente oder im Fall von Stiftungen der Finanzierungsbedarf von Projekten. In beiden Fällen wird das ausgeschüttete Kapital nicht erneut angelegt, wie es die Fondsbranche freimütig annimmt.
Wie oben aufgezeigt, sind die Dividenden-Aktien und Fonds nicht vor extremen Wertschwankungen geschützt, sondern vollziehen diese mit derselben Intensität.
Die ganzen Dividendenfonds und Strategien, die überall in den Medien immer wieder auftauchen und als Zinsersatz dargestellt wurden und werden, sind Kinder einer Marketing Kampagne.
Modeprodukt Dividendenfonds
Egal wie sehr diese Anlagestrategie auch gelobt wurde und wird, es handelt sich hierbei um ein Modeprodukt. Morningstar führte die Kategorien Aktien Dividenden Global und Aktien Dividende Europa erst im Jahr 2013 in Europa ein. Zuvor gab es scheinbar nicht genügend Fonds, die die Schaffung einer neuen Kategorie überhaupt gerechtfertigt hätten.
Es ist eine recht junge Division, die auf die Dividendenstrategie aufbaut. Strategien die in der selben Liga spielen sind etwa die Smart Beta Low Volatility Ansätze oder auch die jetzt auftretenden Multi Asset Strategien. Wie zuvor die Dividenden Fonds, werden jetzt diese als besonders starke Anlageform angepriesen.
Fazit
Es ist anzunehmen, dass die Anleger die in den letzten Jahren vermehrt in die Dividenden-Produkte gelockt wurden, sehr überrascht sein werden, sollten die gemachten Versprechen nicht gehalten werden. Es handelt sich eben nicht um ein Fixed Income Ersatz, da sie starken Kursschwankungen unterliegen.
Ein Anleger, der eine feste Rendite sucht, wird sicherlich nervös werden, sollte er auf einmal mit einem Minus jenseits der 30% konfrontiert werden.
Der Beimischung eines aktiv gemanagten Fonds, in ein breit diversifiziertes Portfolio, ist jedoch nicht zu widersprechen, solang dem Investor die Varianz bewusst ist.
Hingegen ist das blinde Folgen eines Dividendenindex nicht die beste Wahl, da auch hier Aktien auftauchen, die augenscheinlich hohe Dividenden bieten, jedoch dass eher an einem schwachen Kurs liegt, als an der Dividende selbst.
Hier gilt das Selbe wie bei dem KGV. Ein zu niedriges KGV oder eine extrem hohe Dividende lassen darauf schließen, das etwas nicht stimmt in dem Unternehmen.
Die Kursperformance einer Aktie bzw. die Zukunftsaussichten einer Unternehmung sind grundsätzlich wichtiger, als die Höhe der Dividendenrendite. Die Dividende selbst spielt zwar eine Rolle in der Aktienanlage – ist aber nicht alles entscheidend.