Dollar fällt: Neue Ära der Geldpolitik?

Der Dollar erreicht ein Vier-Jahres-Tief gegenüber dem Euro, während die Federal Reserve eine aggressive Zinssenkungsserie plant. Europa profitiert von der Unsicherheit in den USA.

FALLBACK Aktie
Kurz & knapp:
  • Goldman Sachs erwartet frühere Zinssenkungen der Fed
  • Euro steigt auf höchsten Stand seit 2021
  • Trumps Steuerpaket sorgt für Defizitsorgen
  • Europa etabliert sich als sicherer Hafen

Die globalen Finanzmärkte erleben gerade einen fundamentalen Wandel. Während der Dollar gegenüber dem Euro auf ein Vier-Jahres-Tief fällt und die Federal Reserve zur Zinswende ansetzt, zeichnen sich neue Machtverhältnisse ab. Gleichzeitig bringt Trumps billionenschwere Steuerpolitik die internationalen Kapitalmärkte in Bewegung.

Fed-Wende rückt näher

Goldman Sachs hat seine Prognose für die erste Zinssenkung der Federal Reserve dramatisch nach vorne verschoben – von Dezember auf September 2025. Der Grund: Zölle scheinen weniger inflationär zu wirken als befürchtet. "Sehr frühe Belege deuten darauf hin, dass die Zolleffekte etwas geringer ausfallen als erwartet", so die Analysten des Investmenthauses. Die Bank erwartet nun eine aggressivere Zinssenkungsserie mit Schritten im September, Oktober und Dezember 2025 sowie März und Juni 2026.

Diese Entwicklung könnte eine Zeitenwende markieren. Während andere deflationäre Kräfte wie moderates Lohnwachstum und schwächere Mietinflation an Dynamik gewinnen, zeigt sich der Arbeitsmarkt robust, aber mit ersten Rissen. Goldman warnt: "Es ist schwer geworden, einen Job zu finden."

Dollar unter Druck – Europa profitiert

Der Dollarschwäche liegt mehr zugrunde als nur die Zinsspekulation. Trumps "big, beautiful bill" – das 3,3 Billionen Dollar schwere Steuer- und Ausgabenpaket – sorgt für massive Defizitsorgen. "Es gibt viel Fokus auf die große Gesetzesvorlage und ob sie genehmigt wird", erklärt Amo Sahota von Klarity FX.

Der Euro erreichte bei 1,1780 Dollar den höchsten Stand seit September 2021 und gewann dieses Jahr bereits 14 Prozent gegen den Greenback. Besonders dramatisch: Der Dollar-Index steuert auf sein schlechtestes Halbjahr seit den 1970er Jahren zu.

Für internationale Investoren wächst der Anreiz, sich von US-Staatsanleihen abzuwenden. "Definitiv bin ich besorgt über die Expansion des Haushaltsdefizits", sagt Toshinobu Chiba von Simplex Asset Management. Er setzt bereits auf europäische Anleihen, insbesondere deutsche Bunds und französische Bonds.

Handelspolitik schafft neue Realitäten

Trumps Handelspolitik zeigt erste Erfolge – zumindest aus amerikanischer Sicht. Kanada lenkte ein und strich seine geplante Digitalsteuer auf US-Technologieunternehmen. Premierminister Mark Carney kapitulierte nach einem Telefonat mit Trump am Sonntagabend. "Ganz einfach: Premierminister Carney in Kanada gab vor Präsident Trump und den Vereinigten Staaten nach", triumphierte das Weiße Haus.

Diese Kehrtwende ermöglicht die Wiederaufnahme der Handelsgespräche zwischen beiden Ländern. Finanzminister Scott Bessent zeigt sich optimistisch über eine "Flut von Handelsabkommen" vor dem 9. Juli – dem Stichtag, nach dem 10-prozentige Zölle auf 11 bis 50 Prozent ansteigen könnten.

Globale Märkte in Bewegung

Während sich an den Finanzmärkten neue Muster etablieren, zeigen sich auch positive Entwicklungen in anderen Regionen. Argentiniens Wirtschaft wächst unter Präsident Javier Milei überraschend stark – im April um 7,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr, der höchste Anstieg seit drei Jahren. Besonders der Finanzsektor mit plus 28,4 Prozent und das Baugewerbe mit plus 17,1 Prozent treiben die Erholung an.

Die Europäische Zentralbank bereitet sich unterdessen auf eine volatilere Zukunft vor. EZB-Präsidentin Christine Lagarde warnt: "Die Welt wird ungewisser sein – und diese Ungewissheit wird die Inflation wahrscheinlich volatiler machen." Die Notenbank kündigt "angemessen kraftvolle oder anhaltende" Maßnahmen an, um die Inflation bei zwei Prozent zu halten.

Ausblick: Epochenwechsel im Gange?

Die Kapitalmärkte stehen vor einem möglichen Epochenwechsel. Während die USA mit Rekorddefiziten und Handelskonflikten kämpfen, etabliert sich Europa als sicherer Hafen. Die deutsche Wirtschaft bleibt das einzige G7-Mitglied mit einer Schuldenquote unter 100 Prozent des BIP.

Für Anleger bedeutet das: Diversifikation wird wichtiger denn je. "Es ist eine Geschichte der Diversifikation, nicht der Veräußerung", fasst Masahiko Loo von State Street zusammen. Die Zeiten amerikanischer Dominanz an den Finanzmärkten könnten sich ihrem Ende nähern – eine Entwicklung mit weitreichenden Folgen für Investoren weltweit.

Über Felix Baarz 213 Artikel
Mit über fünfzehn Jahren Erfahrung als Wirtschaftsjournalist hat sich Felix Baarz als Experte für internationale Finanzmärkte etabliert. Seine Leidenschaft gilt den Mechanismen globaler Finanzmärkte und komplexen wirtschaftspolitischen Zusammenhängen, die er für seine Leserschaft verständlich aufbereitet.In Köln geboren und aufgewachsen, entdeckte er früh sein Interesse für Wirtschaftsthemen und internationale Entwicklungen. Nach seinem Studium startete er als Wirtschaftsredakteur bei einer renommierten deutschen Fachpublikation, bevor ihn sein Weg ins Ausland führte.Ein prägendes Kapitel seiner Karriere waren die sechs Jahre in New York, wo er direkten Einblick in die globale Finanzwelt erhielt. Die Berichterstattung von der Wall Street und über weltweite wirtschaftspolitische Entscheidungen schärfte seinen Blick für globale Zusammenhänge.Heute ist Felix Baarz als freier Journalist für führende Wirtschafts- und Finanzmedien im deutschsprachigen Raum tätig. Seine Arbeit zeichnet sich durch fundierte Recherchen und präzise Analysen aus. Er möchte nicht nur Fakten präsentieren, sondern auch deren Bedeutung erklären und seinen Lesern Orientierung bieten – sei es zu wirtschaftlichen Trends, politischen Entscheidungen oder langfristigen Veränderungen in der Finanzwelt.Zusätzlich moderiert er Diskussionen und nimmt an Expertenrunden teil, um sein Wissen einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Dabei liegt sein Fokus darauf, komplexe Themen informativ und inspirierend zu vermitteln. Felix Baarz versteht seine journalistische Aufgabe darin, in einer sich schnell wandelnden Welt einen klaren Blick auf wirtschaftliche Zusammenhänge zu ermöglichen und seine Leser bei fundierten Entscheidungen zu unterstützen – beruflich wie privat.