Es ist schon einige Jahre her, dass ein gewaltiges Event den FX Markt erschüttert hatte. Die Rede ist von dem Fall der Preisgrenze im EUR/CHF Währungspaar. Die Ankündigung kam für die meisten Marktteilnehmer vollkommen überraschend und eine wirklich gewaltige Marktverwerfung war die Folge. Die Bank of England veröffentlichte im Februar diesen Jahres ein Working Paper, dass sehr interessante Einblicke in die damalige Handelssituation zulässt. Dabei spielen Trading-Algorithmen eine wichtige Rolle.
Die Untersuchung der Bank of England bezieht sich auf die Daten der EBS Service Company Limited, die Teil von NEX Markets ist. Grund für die Beschränkung auf die Daten der EBS ist der, dass der Handel auf dieser Plattform im Gegensatz zu der CME und dem OTC Trading fortgesetzt wurde. Daneben geht es natürlich um die Datenqualität.
Was ist die EBS?
Die EBS ist neben Reuters die Elektronische Handelsplattform für den Spot Handel von den großen Währungspaaren. Der Preis, der an der EBS entsteht, gilt als Referenz für jegliche FX Derivate.
EBS Markets führt ein anonymisiertes Zentrales Limit Orderbuch. Auf dem Markt können FX Handelsbanken und über diese Hedgefunds & CTA´s (Prime Brokerage Arrangements) Handel betreiben. Die Daten werden zwar anonym erhoben, jedoch ist bei EBS Markets erkenntlich ob es sich um einen Menschen handelt oder um einen Algorithmic Interface (AI).
Zusätzlich zu der Klassifizierung sieht das EBS Regelwerk eine Minimum Quote Life (MQL) vor. Das soll die HFT daran hindern, dass sie allein durch ihre Schnelligkeit einen Vorteil gegenüber den übrigen Marktteilnehmern haben.
Die Geschichte der Schweizer Franken Preisgrenze
Im September 2011 versuchte sich die Schweizer National Bank (SNB) gegen die hohe Bewertung des Schweizer Franken zu stemmen. Dieses gelang ihr auch und binnen kürzester Zeit war der Glaube an die Omnipotenz der Zentralbanken geboren. Das Kunststück ging jedoch nur eine begrenzte Zeit lang gut und die SNB zog am 15.01.2015 die Reißleine.
In einer Pressemitteilung äußerte sich die Notenbank wie folgt:
“Recently, divergences between monetary policies of the major currency areas have increased significantly. The euro has depreciated significantly against the US dollar and this, in turn, has caused the Swiss franc to weaken against the US dollar. In these circumstances, the SNB concluded that enforcing and maintaining the minimum exchange rate for the Swiss franc against the euro is no longer justified
Diese Mitteilung traf die Mehrheit der Marktteilnehmer vollkommen unvorbereitet, doch dauerte es laut der Untersuchung durch die Bank of England noch 44 Sekunden, bis die Märkte signifikant reagierten. Um 09:31 kam es zu einem kompletten Käuferstreik und für mehrere Sekunden war keine Kauforder mehr im EUR/CHF Orderbuch vorhanden.
Was war geschehen?
Die Trading-Algorithmen richteten sich neu aus und entzogen dem Markt die Liquidität. Das geschah durch Immidiate or Cancel Orders, während die Guilty to Close Orders der Menschlichen Händler für Liquidität gesorgt haben. Das bedeutet, dass die AI´s den Franken gekauft haben und die Menschlichen Händler die Basiswährung Euro oder US Dollar.
Während die Banken vornehmlich den Euro gegen den Franken verkauft hatten, konzentrierten sich die Hedgefunds und CTA´s auf den Verkauf von USD gegen den Schweizer Franken. Dagegen stemmten sich die Menschlichen Händler und boten, entgegen den vorherrschenden Verkaufsdruck, dem Markt die dringend benötigte Liquidität.
Auch die Volatilität soll dem Bericht zufolge durch die AI´s gestiegen sein.
Insgesamt kann gesagt werden, dass die Algorithmen während und nach dem Fall der Preisgrenze wesentlich weniger Liquidität zur Verfügung gestellt haben, als die menschlichen Händler, die in der Zeit an Bedeutung gewonnen haben. Dabei blieb der Spread der Menschlichen Händler weit unter dem der AI´s.
Auch nach dem Event war eine geringere Aktivität der Trading-Algorithmen zu verzeichnen, was wohl an gesunkenen Risikobudgets aufgrund der gestiegenen VaR Kennziffer lag.
Keine Ausbreitung
Ein wichtiger Punkt der im Bericht Beachtung findet und nicht übersehen werden sollte, ist die Tatsache, dass sich das Phänomen der verschwundenen Liquidität und der hohen Volatilität nicht in die anderen Währungspaare ausgebreitet hatte.
Die Liquidität und auch der Spread blieben in den Non CHF Währungspaaren auf dem selben Niveau wie vor dem Event.
Es ist eine wichtige Information, denn die Angst, dass sich ein solcher Schock durch alle Marktsegmente fressen könnte ist groß und auch nicht ganz unberechtigt.
Der Schock blieb also auf die Franken Währungspaare isoliert, wie die folgenden Charts zeigen werden.
Bevor es jetzt zu den Charts geht, sei noch angemerkt, dass die Hoch zu Tief Spanne des EUR/CHF Währungspaares am 15.01.2015 auf über 40% belaufen hatte.
Währungspaar EUR/USD
Währungspaar GBP/USD
Reaktion vom Gold
S&P 500 am Tag der Entscheidung
Der Preisschock blieb, wie die Charts zeigen, isoliert, doch ist dass die typische Reaktion der Algorithmic Interfaces oder nur eine Ausnahme? Hierauf bietet die Studie der BoE leider keine Antwort. Jedoch hindert es einen nicht es selber zu überprüfen.
Die Märkte am Tag des BREXIT Votings
Am Tag des BREXIT Votings und dem Darauffolgenden, kam es zu extremen Schwankungen in den GBP und EUR Währungspaarungen. Doch auch hier breitete sich die Volatilität und die zurückweichende Liquidität nicht in alle Bereiche aus.
Das Ereignis war zwar wesentlich größer in seiner Dimension, als der Fall der Franken Preisgrenze, doch die Auswirkungen waren relativ begrenzt. Ausreißer findet man erstaunlicherweise im JPY, der in der Zeit eine hohe Varianz zeigte. Anderseits waren die weniger bedeutenden Währungspaarungen von den Turbulenzen verschont geblieben.
Die Mayor FX Pairs, wie auch die Aktien, waren den Auswirkungen des Wahlausgangs wesentlicher stärker unterworfen, als bei der Entscheidung der SNB die Preisgrenze fallen zu lassen.
Das kann als Hinweis darauf gedeutet werden, dass das CHF Event, mit seiner Isoliertheit, nicht die Norm darstellt.
Zusammenfassung der Auswirkungen von Algorithmic Interfaces
Der Bericht der Bank of England kann folgendermaßen zusammengefasst werden:
- In Stresssituationen und nach diesen, entziehen Trading-Algorithmen dem Markt die Liquidität, menschliche Händler hingegen bieten sie
- Die Varianz / Volatilität wird durch die verstärkende Wirkung der AI´s erhöht
- Es ist nicht unbedingt zwingend, dass ein Extremereignis alle Märkte befällt
Insgesamt hebt der Bericht die Wichtigkeit der Menschlichen Händler in Schocksituationen hervor, denn ein Algorithmus kennt zwar zu jederzeit den Preis einer Ware, doch vom Wert versteht er nichts. Ein Beispiel dafür gab der Flash Crash in den ETF´s und einigen Aktien im Jahr 2015, auch dieser Flash Crash war in seiner Breite recht begrenzt.
Da die Häufigkeit von Flash Crashs zugenommen hat und auch die Fragile Lage der Märkte, sind die Punkte 1 und 2 bedenklich. Beide Effekte konnten zuletzt im Februar diesen Jahres beobachtet werden, als das Short Volatility Universum ins wanken geriet.
Mittlerweile dominieren die AI´s viele Marktbereiche, wie zum Beispiel den Aktienmarkt. Hier liegt der Anteil der AI´s bei über 70 Prozent, gefolgt von den Futures deren Volumen zu ca. 50% den Algorithmic Interfaces entspringt. Der Anteil am gesamten Forex Volumen lag Ende 2017 bei ca. 30%, wohingegen das Volumen der Fixed Income Märkte nur zu ca. 10% von den AI´s bestimmt wird.
Aufgrund der Dominanz der Algorithmen im Trading, ist mit einer weiteren Zunahme der sogenannten Flash Crahs zurechnen. Eine entsprechend Antifragile Aufstellung des Portfolios ist unumgänglich, damit man gegen diese Unwägbarkeiten zukünftig gewappnet ist.
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