Russland feierte mit Vostok nicht nur eines seiner größten Manöver, sondern veranstaltete parallel dazu auch das Eastern Economic Forum. Dieses fand vom 11. bis 13. September in Vladivostok statt und konnte, trotz der Spannungen gegenüber Russland, hochrangige Repräsentanten verschiedener Länder anziehen.
Unter den Teilnehmern aus mehr als 60 verschiedenen Ländern waren unteranderem der chinesische Präsident Xi Jinping und Premier Minister Shinzo Abe. Während man sich über die Teilnahme des ersteren nicht wundern muss, ist die Teilnahme des japanischen Präsidenten dann doch hervorzuheben. In dieser Region herrscht Bewegung.
Doch bevor wir uns die Bewegungen der Region etwas genauer anschauen, soll kurz der wirtschaftliche Aspekt des diesjährigen Forums betrachtet werden. Das Forum, welches im Jahr 2015 durch Präsident Putin ins Leben gerufen wurde, soll vornehmlich der wirtschaftlichen Entwicklung des russischen Ostens dienen. Der russische Osten ist, trotz seiner natürlichen Reichtümer, nur sehr dünn besiedelt und die Infrastruktur lässt mehr als zu wünschen übrig. Dieser Entwicklungsrückstand soll mit dem Forum unter anderem angegangen werden.
Handelsverträge im Wert von $42 Mrd.
Während des Gipfels wurden 175 Handelsgeschäfte und Investitionen im Wert von $42 Mrd. abgeschlossen. Vergleicht man die Höhe mit den drei vorherigen Foren, dann sieht die Entwicklung ganz ansprechend aus. Auf dem ersten Forum kam es zu Abschlüssen in Höhe von $18,86 Mrd., auf dem zweiten zu $26,11 Mrd. und auf dem dritten zu $36,27 Mrd.. Diese Entwicklung zeigt – die Bedeutung des Eastern Economic Forum wächst beständig an.
Doch ist die ansehnliche Größe nur bedingt aussagekräftig, denn hier werden in- und ausländische Handelsgeschäfte und Investitionen zusammengezählt.
Die wichtigsten Geschäftsabschlüsse und Investitionen sind der Nachrichtenagentur TASS zufolge:
- Ein Joint Venture zwischen Alibaba, MegaFon und Mail.ru unter Beteiligung des Russischen Sovereign Wealth Funds
- Investitionen des Asian Investment Fund GenFund in ein Projekt der Rusagro (Agrarholding) & Nakhodka Düngemittelproduktion
- Lieferung von 100 SSJ-100 Flugzeugen an Aeroflot
- Novatek LNG Terminal in Kamschatka
Soweit mit den kurzfristigen Aspekten des Forums, denn daneben stehen natürlich auch strategische Absprachen und Annäherungen zwischen den Ländern der Region. Die Teilnehmer des Forums kommen überwiegend aus Russland, China, Süd & Nord Korea und Japan. Das zeigt auch eine gewisse Stoßrichtung an.
Die politischen Signal des Eastern Economic Forums
Neben der zelebrierten Annäherung von China und Russland und der damit verbundenen Teilnahme chinesischer Streitkräfte an der Großübung Vostok, konnte noch weiteres beobachtet werden.
Präsident Putin äußerte sich in seiner Eröffnungsrede unteranderem zu den Sektoren Infrastruktur und Energie, bei denen er eine tiefere Zusammenarbeit anregt. Er hob dabei hervor, dass dafür eine Normalisierung auf der Koreanischen Halbinsel unabdingbar ist. Der Hintergrund für die Aufforderung zu einer vertieften Zusammenarbeit wird das asiatische Super Grid sein, welches Japan, Korea, China, Mongolei und Russland miteinander verbinden soll. Hier arbeiten verschiedene Unternehmen aus den genannten Ländern zusammen. Ein Umstand der nicht unterschätzt werden sollte, da die Länder untereinander seit Jahrzehnten so einige offene Streitfragen haben.
Im Jahr 2016 schlossen die Unternehmungen State Grid (China), Rosseti (Russland), KEPCO (Süd Korea) und SoftBank (Japan) ein Abkommen, mit dem Ziel, zusammen ein Asiatisches Super Grid zu installieren. Interessant ist es, dass sich hier Länder zusammengetan haben die historisch gesehen, nicht die besten bilaterale Beziehungen pflegten. Ein deutliches Zeichen der Softpower Chinas und ihres gestalterischen Willens.
Die Ausbaumaßnahmen für das langfristige Projekt finden neben den oben aufgeführten Staaten auch in der Mongolei statt.
Quelle: Das Globale Super Grid – China treibt die Entwicklung voran
Die Forderung nach einer Normalisierung der Zustände auf der Koreanischen Halbinsel ist in diesem Zusammenhang aus der geographischen Lage heraus verständlich. Die Halbinsel ist für eine Anbindung von Süd Korea und Japan an das entstehende Super Grid und die bestehenden Pipelinenetze von herausragender Bedeutung. Daneben erinnert Putin daran, dass auch sein Land bei den Verhandlungen ein Wort mit reden wird.
Zusätzlich dazu wurde vom Russischen Präsidenten ein weiterer Abbau der Handelsbeschränkungen im Bereich der Landwirtschaftlichen Produkte angeregt. Sie sehen hier kommen die stärken Russlands ins Spiel, Energie, Energieinfrastruktur, Landwirtschaftliche Flächen und Produkte. Eine Positionierung die ich in einem anderen Beitrag schon einmal hervorhob:
Agrarflächen und damit die Nahrungsmittelversorgung sind zentral und da hat Russland die Nase vorn. Es ist ihr Part in dem Puzzle, neben der Energieversorgungssicherheit, solang die Fossilen Rohstoffe benötigt werden.
Es tut sich was im Osten
Es tut sich was im Osten und das zwischen Staaten die sich bis vor wenigen Jahren Misstrauisch, manchmal sogar feindlich gegenüber standen. Ein Coup der Japan irritierte war der Vorschlag von Präsident Putin zu einem Friedensvertrag zwischen Japan und Russland ohne Vorbedingungen. Es war ein wohlkalkulierter Vorschlag, denn er führt so oder so zu Streitpunkten unter den Verbündeten Japan und USA.
So wurde Japan zwischen zwei Stühle positioniert und es wird spannend zu sehen wie sie sich da raus manövrieren werden. Ihnen wird definitiv bewusst sein, das in einem Jahrzehnt die Eurasische Landmasse wirtschaftlich unumgänglich sein wird und die Vorteile eines Anschlusses an diese strategische Bedeutung haben wird. Doch auch die USA sind für Japan weiterhin von enormer Bedeutung, jedenfalls kurz- bis mittelfristig.
Das Fortschreiten der wirtschaftlichen Integration der verschiedenen Akteure ordnet langsam aber sicher die Weltkarte neu. Denn die Gipfel und Wirtschaftsforen der APEC, ASEAN, BRI, EEU, RCEP und SCO, wie auch deren Integrationsprojekte laufen auf einen gigantischen Wirtschaftsraum hinaus, von dem sich keiner fernhalten will. Ein Umstand der auch von der Teilnahme Europas an der Asian Infrastructure Investment Bank unterstrichen wird.
Die wichtigsten Wirtschaftlichen Integrationsprojekte sind:
- China-Mongolei-Russland Korridor (China, Mongolei, Russland)
- Neue Eurasische Landbrücke (China, Kasachstan, Russland, Weißrussland, Europa)
- China Zentral Asien West Asien Korridor (China, Kirgisistan, Usbekistan, Turkmenistan, Iran, Türkei)
- China Pakistan Korridor (China, Pakistan)
Hier entsteht ein Wirtschaftsblock, der in Zukunft nicht mehr ignoriert werden kann, auch wenn uns die Innen- wie Außenpolitik einiger Staaten nicht passt. Darauf wird Europa pragmatische Antworten finden müssen. Nicht um Konkurrenz auszuüben und sich um die Neu entstehende Mitte zu streiten, sondern um eine fein austarierte Kooperation mit den wichtigen Akteuren einzugehen und die Stabilität zu fördern. Damit gingen neue wirtschaftliche Impulse einher, die Europa dringend gebrauchen kann.