Es lässt sich wohl nicht mehr aufhalten. Die Ausweitung der Einlagensicherung auf europäische Ebene wird wohl über uns kommen. Während ein solcher Schritt in vielen Ländern begrüßt wird, sind vor allem deutsche Sparer vorsichtig und skeptisch. Doch was genau wird die europäische Einlagensicherung für uns bedeuten?
Valdis Dombrovskis, Vizepräsidenten der EU-Kommission, stellt mutig Thesen in den Raum. Als ich im Handelsblatt eine seiner Aussagen lesen konnte, war mir wie so oft in letzter Zeit etwas unbehaglich zu Mute.
So sagte Dombrovski dem Handelsblatt zufolge:
„Wir müssen die Sicherheit der privaten Einlagen unabhängig vom Standort der Bank sicherstellen“.
Wenn ich solche Thesen lese, dann wünsche ich mir aus dem Publikum heraus die Frage „Warum?“ als offene Frage formuliert in den Raum rufen zu können. Denn egal wie lange ich darüber nachdenke, mir erschließt sich das „müssen“ in seiner Aussage nicht. „Wir wollen“ oder „Wir können“ wären sicherlich Formulierungen, die ich nachvollziehen könnte, wenngleich ich den Umstand auch nicht begrüßen würde. Aber „müssen wir“ wirklich eine einheitliche Einlagensicherung auf europäischer Ebene haben?
Bedeutung der Einlagensicherung
Eine Einlagensicherung stellt schon lange einen doppelten Boden für Giralgeld in Banken dar. Während ein Anleger an der Börse Kursverluste in Aktien oder Anleihen direkt tragen muss, haftet im Falle einer Pleite eines Finanzinstitutes noch mindestens eine Institution mit – der Staat. Diese Haftung ist allerdings auf 100.000 Euro beschränkt. Natürlich geht es dem Staat dabei nicht nur um den Schutz an sich, sondern auch um ein stabilisierendes Element. Immerhin soll die staatliche Einlagensicherung einen möglichen Bankenrun in schwierigen Zeiten verhindern. Das letzte Mal wirkte diese Beruhigung im Jahr 2009 erfolgreich.
Zu Zeiten der damaligen Finanzkrise wurde durch die Regierung ausdrücklich betont, dass die Spareinlagen in Deutschland als gesichert zu erachten sind. Vor allem diese Maßnahme beruhigte die Anleger in Deutschland tatsächlich deutlich und verfehlte daher seine Wirkung nicht.
Zusätzlich zu der Sicherung durch den Staat, existieren weitere Sicherheitsnetze. Die Privatbanken haben den Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken. Die Sparkassen wiederum haben das Sicherungssystem der Sparkassen Finanzgruppe.
Pro europäische Einlagensicherung
Ohne Frage, auf dem Weg zu einem harmonisierten System Europa wäre die Sicherung aller Spareinlagen durch eine europäische Institution sicherlich zu begrüßen. So könnten die Anleger in Europa ohne direkte Prüfung ihres Vertragspartners allein aufgrund persönlicher Präferenzen eine Wahl treffen, die keine zusätzlichen Risiken erzeugt.
Zusätzlich würde der Schritt zur Einlagensicherung auf europäischer Ebene vor allem den Krisenbanken zugute kommen, da diese keinen Bankenrun befürchten müssten. Natürlich immer vorausgesetzt, dass die Anleger dem synthetischen und nicht gewachsenen Konstrukt trauen.
Contra europäische Einlagensicherung
Selbst wenn die Vorteile in meinen Augen zwar gegeben sind, überwiegen mit Abstand die Nachteile der Idee einer harmonisierten Einlagensicherung. Welche Folgen wären zu erwarten? Was würde passieren, wenn eine Bank aus Griechenland so „sicher“ wie die in Deutschland wäre? In meinen Augen, wäre es das Ende Europas auf Raten.
Als Anleger in Deutschland wäre man sehr schnell mit dem Betrag von 100.000 Euro auf dem Weg in Richtung Griechenland. Die Zinsen bei den griechischen Banken sind natürlich höher als die der deutschen Banken und Sparkassen. Die Banken locken mit höheren Zinsen Spareinlagen an und können durch höher verzinste Anleihen im eigenen Land diese Zinsen auch bieten. Das wiederum würde zu einer deutlichen Einengung der Spreads am Zinsmarkt führen, da die Banken mit jedem Euro, den sie akquirieren, auch Nachfrage nach Zinspapieren hätten.
Auf dem Papier mag diese Umstand vordergründig sinnvoll wirken. Doch sind nicht genau diese Entwicklungen schuld am Ausbruch der „Euro-Krise“ gewesen? Ja in der Tat, genau diese unnatürlich niedrigen Zinsen in den betreffenden Ländern sorgten für eine Verschuldungsorgie, die früher oder später ihren Tribut fordern musste und erneut fordern wird. Doch das ist noch nicht alles. Zusätzlich zu dem Problem des Rückfalls in die Vergangenheit, entsteht ein gigantischer Anreiz zum Moral Hazard innerhalb der Banken an sich. In einem älteren Artikel habe ich bereits über Moral Hazard im Zuge der europäischen Einlagensicherung geschrieben. In diesem stellte ich anhand eines Beispiels dar, warum neben dem oben beschriebenen Aspekt sogar ein zusätzlicher Anreiz für Risiken entstehen würde.
Fazit – Einheitliche Einlagensicherung nur im Einheitlichen Wirtschaftsraum
Die Beweggründe der Politik dürften klar sein. Weiterhin ist das große Ziel, Europa zusammenwachsen zu lassen. Doch dabei wird immer wieder vergessen, dass es gewisse Instrumente gibt, die nur auf dem Papier dieses Zusammenwachsen fördern würden. Die europäische Einlagensicherung ist eines dieser Instrumente.
Vor dem Frühling ist es am kältesten – der Schuldenberg wächst
Die europäische Einlagensicherung einzuführen, dürfte kein Schritt sein, der den Wirtschaftsraum Europa zusammenwachsen lässt – im Gegenteil. Erst wenn der Wirtschaftsraum in Europa sehr viel homogener wird, als er es heute auch nur im Ansatz ist, wäre eine solche Einlagensicherung tatsächlich ein sinnvoller Schritt. Doch bis dahin sind eher zusätzliche Probleme zu erwarten, auch wenn diese sich – wie üblich – erst nach Jahren der Fehlanreize zeigen könnten.