Die US-Notenbank Federal Reserve hat ihre vorsichtige Haltung beibehalten und lässt Investoren weltweit nervös zurück. Während Fed-Chef Jerome Powell vor "bedeutsamen" Inflationsschüben durch Trumps Zollpolitik warnt, zeichnet sich ein komplexeres Szenario ab als ursprünglich erwartet. Die Märkte müssen sich auf eine längere Phase der Unsicherheit einstellen.
Zölle als Inflationstreiber im Fokus
Powell machte in seiner Pressekonferenz unmissverständlich klar: Die geplanten Importzölle der Trump-Administration werden unweigerlich zu höheren Preisen führen. "Jeder, den ich kenne, prognostiziert einen bedeutsamen Inflationsanstieg in den kommenden Monaten durch Zölle", betonte der Fed-Chef. Die Kosten müssten irgendwo in der Lieferkette – vom Hersteller über den Importeur bis zum Einzelhändler – getragen werden, und letztendlich werde ein Teil beim Verbraucher landen.
Diese Einschätzung spiegelt sich bereits in den aktualisierten Wirtschaftsprognosen der Notenbank wider. Die Inflationserwartungen für 2025 wurden von 2,7 auf 3,0 Prozent nach oben korrigiert – ein deutliches Signal dafür, dass die Währungshüter die Zollpolitik als ernsthaftes Risiko für die Preisstabilität erachten. Gleichzeitig senkten sie ihre Wachstumsprognose für 2025 von 1,7 auf 1,4 Prozent, was ein stagflationäres Umfeld andeutet.
Märkte zwischen Hoffnung und Realität
Trotz der gedämpften Aussichten hielten Investoren an ihren Erwartungen für zwei Zinssenkungen in diesem Jahr fest. Die Futures-Märkte preisen weiterhin eine erste Senkung zwischen September und Oktober sowie eine zweite im Dezember ein. Der S&P 500 beendete den Handel nahezu unverändert, nachdem er frühere Gewinne nach Powells Kommentaren wieder abgegeben hatte.
Die Unsicherheit zeigt sich auch in der wachsenden Meinungsvielfalt innerhalb der Fed. Während die Mehrheit der Notenbanker noch immer zwei Zinssenkungen für möglich hält, stieg die Zahl derjenigen, die gar keine Senkungen erwarten. Diese Spaltung verdeutlicht die Herausforderungen, vor denen die Geldpolitik in einem von Handelskonflikten geprägten Umfeld steht.
Globale Auswirkungen werden sichtbar
Während die Fed ihre abwartende Haltung beibehält, zeigen andere Zentralbanken unterschiedliche Reaktionen auf die veränderte globale Wirtschaftslage. Brasiliens Zentralbank erhöhte überraschend ihren Leitzins um weitere 25 Basispunkte auf 15 Prozent – den höchsten Stand seit 2006. Die Notenbank verwies dabei explizit auf das "ungünstige und unsichere globale Umfeld", insbesondere im Zusammenhang mit der US-Wirtschaftspolitik.
Diese Entwicklung unterstreicht, wie sich die amerikanische Handelspolitik auf Schwellenländer auswirkt. Brasilien kämpft mit hartnäckig hohen Inflationserwartungen und sieht sich gezwungen, eine "signifikant restriktive Geldpolitik für eine sehr lange Zeit" zu verfolgen.
Datenqualität als zusätzliche Herausforderung
Ein weiteres Problem für die Fed-Politik könnte sich aus der verschlechterten Datenqualität ergeben. Powell warnte vor den Folgen von Kürzungen bei der staatlichen Datenerhebung, die seine Institution bei der Politikgestaltung behindern könnten. Philadelphia Fed-Präsident Patrick Harker beschrieb die Situation drastisch: "Wir fliegen zunehmend blind oder zumindest halb blind."
Diese Warnung gewinnt vor dem Hintergrund geplanter Budgetkürzungen der Trump-Administration besondere Brisanz. Bereits jetzt wurden Änderungen bei wichtigen Wirtschaftsindikatoren wie dem Verbraucherpreisindex angekündigt, was die Unsicherheit weiter verstärken könnte.
Ausblick: Längere Unsicherheitsphase
Die Fed signalisierte deutlich, dass sie bereit ist, länger zu warten, bevor sie weitere geldpolitische Schritte unternimmt. "Wir werden klügere und bessere Entscheidungen treffen, wenn wir einfach ein paar Monate warten", so Powell. Diese Haltung dürfte die Märkte noch eine Weile in der Schwebe halten.
Die kommenden Wochen werden entscheidend sein, insbesondere wenn am 8. Juli wichtige Handelsgespräche abgeschlossen werden sollen. Sollten die angekündigten Zölle tatsächlich in Kraft treten, könnte sich das Umfeld für Zinssenkungen deutlich verschlechtern – mit weitreichenden Folgen für die globalen Finanzmärkte.