Die amerikanische Notenbank gerät zunehmend ins Visier politischer Angriffe. Fed-Chef Jerome Powell sieht sich nicht nur wegen der Zinspolitik, sondern auch wegen explodierender Renovierungskosten scharfer Kritik ausgesetzt, während gleichzeitig die Diskussion um eine mögliche "fiskalische Vereinnahmung" der Geldpolitik an Fahrt gewinnt.
Renovierungsskandal als politische Waffe
Powell hat den Generalinspektor der Fed um eine erneute Prüfung der Renovierungsarbeiten an Fed-Gebäuden gebeten, nachdem die Kosten auf 2,5 Milliarden Dollar angeschwollen sind. Die Bitte erfolgte nach einem Brief an die Senatoren Tim Scott und Elizabeth Warren, wie Politico berichtete.
Das Thema könnte der Trump-Administration als Hebel dienen, um Powell vor Ablauf seiner Amtszeit im Mai 2026 zu entfernen. Während der Präsident den Fed-Chef nicht wegen geldpolitischer Meinungsverschiedenheiten entlassen kann, könnten die Renovierungskosten anderen rechtlichen Handhabe bieten. Wirtschaftsberater Kevin Hassett hatte bereits bestätigt, dass die Regierung die Kosten und Powells Aussagen dazu genau prüft.
Zolleinnahmen verändern fiskalische Dynamik
Parallel dazu zeigen neue Daten eine dramatische Entwicklung bei den amerikanischen Zolleinnahmen. Im Juni stiegen die Zollerlöse um 301 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 27 Milliarden Dollar. Auf Jahresbasis erreichten sie bereits 113 Milliarden Dollar – ein Anstieg von 86 Prozent.
Diese Entwicklung könnte Trumps Tarifstrategie fundamental verändern. Während Märkte bisher davon ausgingen, dass der Präsident bei Zöllen "immer einen Rückzieher macht" (TACO-Prinzip), warnen Macquarie-Ökonomen vor einem Strategiewechsel. Trump könnte von der Nutzung von Zöllen als Verhandlungsinstrument zu deren Einsatz als Einnahmequelle übergegangen sein.
Globale Zentralbanken unter Druck
Die Probleme beschränken sich nicht auf die USA. In Japan stehen Regierungsbonds vor einem Ausverkauf, nachdem Ministerpräsident Shigerus Ishiba in Umfragen abstürzt. Oppositionsparteien fordern Steuersenkungen, die die Staatsfinanzen weiter belasten würden. Bei einer Staatsverschuldung von 250 Prozent des BIP sehen Anleger die Yields 30-jähriger Staatsanleihen bereits nahe Allzeithochs.
Auch Neuseelands Zentralbank warnt vor strukturellen Veränderungen durch die alternde Bevölkerung. Die Sparquote dürfte zunächst steigen, dann aber fallen, was Zinssätze und Vermögenspreise beeinflussen könnte.
Fiskalische Vereinnahmung der Geldpolitik
Die hohen Zolleinnahmen könnten Trumps Wunsch verstärken, auch die Geldpolitik zu beeinflussen. Eine "fiskalisch vereinnahmte" Fed könnte gedrängt werden, die Zinslast der Regierung zu senken und eine Schuldenspirale zu verhindern. Dies würde bedeuten, dass die Notenbank die reale Schuldenlast durch niedrige Zinsen oder Quantitative Lockerung wegInflationiert.
Macquarie-Ökonomen sehen darin eine Erklärung für Trumps Absicht, Powell zu ersetzen. Eine solche Entwicklung könnte die Zinsstrukturkurve weiter steilmachen, da langfristige Treasuries bei Bedenken über die Kaufkraft des Dollars und strukturell höhere Inflation unter Druck geraten.
Internationale Handelsauswirkungen
Die neue Zollpolitik zeigt bereits globale Auswirkungen. China, das mit verlangsamtem Wachstum kämpft, sieht seine Exporte unter Druck. Für das zweite Quartal erwarten Ökonomen ein BIP-Wachstum von nur noch 5,1 Prozent nach 5,4 Prozent im ersten Quartal.
Gleichzeitig profitieren einige Sektoren von der Unsicherheit. Während Kubas Wirtschaft im fünften Jahr schrumpft und das Land vor dem Kollaps steht, zeigen sich andere Märkte widerstandsfähiger. Großbritannien vermeldete überraschend starke Einzelhandelsumsätze im Juni, getrieben von ungewöhnlich heißem Wetter.
Ausblick: Neue Marktdynamik
Die Kombination aus politischem Druck auf Zentralbanken, steigenden Zolleinnahmen und globalen Wachstumssorgen verändert die Marktdynamik grundlegend. Anleger müssen sich auf eine Welt einstellen, in der fiskalische und monetäre Politik stärker miteinander verwoben sind als in den vergangenen Jahrzehnten.
Die Frage ist nicht mehr, ob diese Entwicklungen eintreten, sondern wie schnell und mit welchen Auswirkungen auf die Finanzmärkte.