Die US-Finanzmärkte erleben eine bemerkenswerte Dynamik: Während die Federal Reserve unter politischem Druck steht, erreichen die Aktienmärkte neue Höchststände und globale Handelsspannungen nehmen zu. Diese Entwicklungen zeigen, wie eng Geldpolitik, Geopolitik und Märkte miteinander verwoben sind.
Geldpolitik zwischen Unabhängigkeit und politischem Druck
Die Unabhängigkeit der Federal Reserve gerät zunehmend unter Beschuss. Präsident Trump versucht erstmals in der Geschichte, Fed-Gouverneurin Lisa Cook zu entlassen – ein beispielloser Schritt, der die Märkte nervös macht. Ein Bundesrichter stoppte die Entlassung vorläufig, doch die Regierung ging bereits in Berufung. Der Fall wird voraussichtlich vor dem Supreme Court landen und könnte die Fähigkeit der Fed zur politikfreien Zinspolitik dauerhaft beeinträchtigen.
Gleichzeitig sorgen schwächer als erwartete Inflationsdaten für Optimismus bei Zinssenkungen. Der Erzeugerpreisindex fiel überraschend um 0,1 Prozent, während Ökonomen einen Anstieg von 0,3 Prozent erwartet hatten. Diese Entwicklung stärkt die Erwartungen für eine Zinssenkung in der kommenden Woche – Trader sehen eine 90-prozentige Wahrscheinlichkeit für einen Schnitt um 0,25 Prozentpunkte.
Märkte erreichen trotz Unsicherheiten neue Rekorde
Die Aktienmärkte zeigen sich von den politischen Turbulenzen unbeeindruckt. Der S&P 500 und die Nasdaq markierten neue Allzeithochs, angetrieben vor allem durch Oracle, dessen Aktie um 41 Prozent explodierte. Das Unternehmen profitiert vom KI-Boom und erreichte eine Marktkapitalisierung von fast einer Billion Dollar.
Auch die Chip-Branche feierte: Nvidia stieg um 4,3 Prozent, AMD um 3,8 Prozent und Broadcom um 9,6 Prozent. Der Halbleiter-Index erreichte ein Rekordhoch, während Energieversorger für Rechenzentren ebenfalls kräftig zulegten. Diese Entwicklungen spiegeln die anhaltende KI-Euphorie wider, die trotz makroökonomischer Unsicherheiten die Märkte antreibt.
Analysten von Barclays und Deutsche Bank erhöhten ihre Jahresendziele für den S&P 500 auf 6.450 beziehungsweise 7.000 Punkte. Sie verweisen auf solide Unternehmensgewinne, widerstandsfähiges Wirtschaftswachstum und die anhaltende KI-Begeisterung.
Globale Handelsspannungen verschärfen sich
Während die US-Märkte florieren, verschärfen sich die internationalen Handelskonflikte. Mexiko kündigte an, die Zölle auf chinesische Autos von 20 auf 50 Prozent zu erhöhen – ein Schritt, der als Reaktion auf US-Druck interpretiert wird. Wirtschaftsminister Marcelo Ebrard rechtfertigte die Maßnahmen mit dem Schutz von 325.000 Arbeitsplätzen.
Diese Entwicklung zeigt, wie die Trump-Administration ihre Handelspolitik global durchsetzt. Mexiko, das über das USMCA-Abkommen eng mit den USA verbunden ist, will offenbar verhindern, dass China es als „Hintertür“ zu den US-Märkten nutzt. Die Maßnahmen betreffen Importe im Wert von 52 Milliarden Dollar und umfassen neben Autos auch Stahl, Textilien und Motorräder.
Fintech-Sektor zeigt gemischte Signale
Der Finanzsektor erlebt währenddessen einen wichtigen Wendepunkt: Klarna gelang ein erfolgreicher Börsengang an der NYSE. Die schwedische Buy-Now-Pay-Later-Plattform sammelte über eine Milliarde Dollar ein und erreichte eine Bewertung von fast 20 Milliarden Dollar. Die Aktie sprang am ersten Handelstag um 30 Prozent.
Klarnas Erfolg signalisiert eine Wiederbelebung des IPO-Markts nach Jahren der Flaute. Sieben Unternehmen gehen diese Woche in New York an die Börse – die stärkste Woche seit Jahren. Der BNPL-Sektor profitiert von anhaltend hoher Inflation und vorsichtigen Verbrauchern, die ihre Ausgaben strecken wollen.
Regulatorische Entwicklungen prägen die Zukunft
Parallel zu den Marktentwicklungen nehmen regulatorische Eingriffe zu. Die Federal Trade Commission prüft Arbeitsverträge großer Gesundheitsdienstleister, insbesondere Konkurrenzklauseln. Das Consumer Financial Protection Bureau warnte vor möglichen Stellenkürzungen aufgrund neuer Finanzierungsbeschränkungen durch den Kongress.
Diese Entwicklungen zeigen, wie die neue Regierung ihre Agenda in verschiedenen Bereichen durchsetzt. Während die Märkte kurzfristig optimistisch bleiben, könnten die langfristigen Auswirkungen auf Regulierung und internationale Beziehungen erheblich sein.
Die kommende Woche wird entscheidend: Mit den Verbraucherpreisdaten am Donnerstag und der Fed-Sitzung in der Folgewoche stehen wichtige Weichenstellungen an, die über die weitere Marktrichtung entscheiden könnten.