Die globalen Finanzmärkte erleben eine paradoxe Situation: Während Präsident Trumps aggressive Zollpolitik ursprünglich für Verunsicherung sorgte, profitieren ausgerechnet die Handelsabteilungen der großen Banken von der entstehenden Volatilität. Gleichzeitig stehen Regulierungsbehörden vor der Herausforderung, das rasant wachsende Schattenbankensystem zu zügeln.
Banken kassieren dank Zoll-Turbulenz
Die großen globalen Banken dürften ihre Handelserlöse im zweiten Quartal um etwa 10 Prozent steigern können, schätzt die Analysefirma Crisil Coalition Greenwich. Der Grund: Trumps Zollankündigungen im April sorgten für erhebliche Marktbewegungen und rekordhohe Handelsvolumen am US-Anleihenmarkt.
"Volatilität ist der Friend der Handelserlöse", erklärt Mollie Devine, Analystin bei Coalition. Besonders die Aktiensparten der Banken profitierten überproportional mit geschätzten Zuwächsen von 18 Prozent, während Anleihen- und Währungsgeschäfte um 5 Prozent zulegten.
Die elektronische Handelsplattform Tradeweb meldete für April ein durchschnittliches Tagesvolumen von 2,7 Billionen Dollar – ein Anstieg von 38,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Besonders US-Staatsanleihen erlebten die größte Wochensteigerung seit 2001, als die ersten Zolldrohungen die Renditen nach oben trieben.
Schattenbanken im Fokus der Regulierer
Parallel zu den Handelsgewinnen verschärfen Regulierungsbehörden weltweit ihre Überwachung des Schattenbankensystems. Der Financial Stability Board (FSB) empfiehlt direkte Hebel-Beschränkungen für Nicht-Bank-Finanzunternehmen, nachdem deren Vermögen 2022 bereits 218 Billionen Dollar oder knapp die Hälfte aller globalen Finanzanlagen erreichte.
Die Sorge der Aufseher ist berechtigt: Bereits während der COVID-19-Pandemie im März 2020 verstärkten gehebelte Hedgefonds die Marktturbulenzen erheblich. Ähnliche Probleme entstanden beim Kollaps des Hedgefonds Archegos 2021 oder der Beinahe-Implosion britischer Pensionsfonds 2022.
Zeitgleich verhängte das US-Finanzministerium Sanktionen gegen 22 Unternehmen, die als "Schattenbanken" iranische Ölgeschäfte abwickelten. Die Türkei-basierte Pulcular Enerji etwa kaufte 2024 iranisches Öl im Wert von hunderten Millionen Dollar über diese informellen Kanäle.
Geldpolitik zwischen Druck und Zurückhaltung
Die handelspolitischen Spannungen beeinflussen auch die Geldpolitik erheblich. Präsident Trump forderte die Federal Reserve auf, die Zinssätze um mindestens 3 Prozentpunkte zu senken, um die jährlichen Refinanzierungskosten von 360 Milliarden Dollar pro Punkt zu reduzieren.
Die Fed zeigt sich jedoch zurückhaltend. Während eine Zinssenkung im Juli praktisch ausgeschlossen ist, sehen Trader nur eine 63-prozentige Wahrscheinlichkeit für eine Reduzierung im September. Die Zentralbank wartet ab, wie sich die Handelsunsicherheit auf Wachstum und Inflation auswirkt.
In Mexiko kämpft die Zentralbank mit hartnäckigen Kerninflationsraten von 4,24 Prozent – dem höchsten Stand seit April 2024. Obwohl die Gesamtinflation im Juni auf 4,32 Prozent sank, erwarten Analysten nur noch zwei weitere Zinssenkungen um jeweils 25 Basispunkte in diesem Jahr.
Klimarisiken treffen Eurozone
Zusätzlich zu den handelspolitischen Verwerfungen warnt die Europäische Zentralbank vor drastischen Klimaauswirkungen. Extreme Wetterereignisse könnten das Eurozone-BIP in den nächsten fünf Jahren um bis zu 5 Prozent drücken – ein Einbruch vergleichbar mit der Finanzkrise oder COVID-19.
Das Szenario "Katastrophen und politische Stagnation" der Zentralbanker-Gruppe NGFS sieht Hitzewellen und Dürren 2026, gefolgt von Überschwemmungen 2027. Nur eine konsequente Netto-Null-Politik mit 55 Prozent weniger Treibhausgasen bis 2030 könnte die Verluste größtenteils abmildern.
Märkte hoffen auf Verhandlungserfolg
Trotz der anhaltenden Zolldrohungen zeigen sich die Aktienmärkte überraschend widerstandsfähig. Die Terminkontrakte auf S&P 500, Nasdaq und Dow Jones notierten vorbörslich am Mittwoch im Plus. Investoren setzen darauf, dass die bis August verschobenen Zollfristen Raum für Verhandlungen schaffen.
"Die Märkte haben sich an Trumps Verhandlungsstil gewöhnt", erklärt Stratege Ross Bramwell von Homrich Berg. "Er startet sehr aggressiv und landet dann auf einem deutlich niedrigeren Niveau."
Die Volatilität dürfte den Banken weiterhin in die Karten spielen. Analyst Mike Mayo von Wells Fargo sieht die erhöhte Handelsaktivität nicht als Ausnahme, sondern als Rückkehr zur Normalität nach 15 Jahren Nullzinspolitik.