Die Eskalation der Handelsspannungen zwischen den USA und China sowie neue US-Zölle auf zahlreiche Handelspartner dominieren die wirtschaftliche Agenda. Die Auswirkungen sind bereits in Verbraucherstimmung, Unternehmensprognosen und politischen Reaktionen weltweit spürbar.
Verbraucherstimmung unter Druck
Der US-Verbrauchervertrauensindex der University of Michigan fiel im April auf 52,2 Punkte – ein deutlicher Rückgang gegenüber 57,0 Punkten im Vormonat. "Die Verbraucher sehen Risiken für mehrere Aspekte der Wirtschaft, vor allem aufgrund der anhaltenden Unsicherheit in der Handelspolitik", kommentierte Joanne Hsu, Direktorin der Umfrage. Besonders besorgniserregend: Die Erwartungen an das Einkommenswachstum schwächten sich weiter ab.
Die Inflationserwartungen der Verbraucher stiegen auf 6,5% für das kommende Jahr – der höchste Stand seit 1981. Nach der teilweisen Aussetzung von Zollerhöhungen am 9. April gingen die Erwartungen zwar leicht zurück, blieben aber deutlich über dem Niveau des Vormonats. "Die Entwicklung der Inflationserwartungen folgte den handelspolitischen Ankündigungen dieses Monats", so Hsu.
Pharmabranche zwischen den Fronten
In China berichten einige Pharmaunternehmen über erste Zollbefreiungen für bestimmte Medikamente. "Anekdotisch berichten Unternehmen, dass sie einige Artikel zollfrei einführen können", sagte Michael Hart, Präsident der amerikanischen Handelskammer in China. Die Befreiungen scheinen jedoch auf bestimmte Medikamente beschränkt zu sein, nicht auf ganze Sektoren.
Große Pharmakonzerne wie AstraZeneca, GSK, Johnson & Johnson und Merck mit US-Produktionsstätten für den chinesischen Markt stehen vor schwierigen Entscheidungen: Entweder absorbieren sie die durch die chinesischen Vergeltungszölle entstehenden Kosten selbst oder geben sie an die Verbraucher weiter. Besonders betroffen sind Produkte, die in Chinas nationalen Arzneimittel-Erstattungskatalog aufgenommen wurden oder Teil des Mengenabnahmeprogramms sind.
EU sucht Dialog, warnt vor Gegenmaßnahmen
Die Europäische Union will "keinen Stein auf dem anderen lassen", um die handelsbedingte Unsicherheit zu verringern, betonte der irische Finanzminister Paschal Donohoe. "Wir versuchen in unserem Engagement mit den USA Wege zu finden, diese Unsicherheit zu verringern und eine Einigung zu erzielen."
Donohoe zeigte sich zuversichtlich, dass die EU in ihren Verhandlungen mit den USA geschlossen bleiben wird. EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis betonte jedoch, die Union werde bei ausbleibender Einigung mit Gegenmaßnahmen reagieren. Der IMF hatte seine Wachstumsprognose für 2025 bereits um 0,5 Prozentpunkte auf 2,8% gesenkt – hauptsächlich aufgrund der handelspolitischen Spannungen.
Russland sieht begrenzte direkte Auswirkungen
Die russische Zentralbank sieht die Auswirkungen der Handelsspannungen auf die heimische Wirtschaft bisher als begrenzt an. "Der Hauptkanal des Einflusses dieser Zollkriege auf die russische Wirtschaft ist ein Rückgang der Preise für unsere Hauptexportgüter", erklärte Zentralbankchefin Elvira Nabiullina. Das Handelsvolumen mit den USA sei zu gering, um direkte Auswirkungen zu spüren.
Allerdings warnte Nabiullina vor indirekten Effekten: "Bei einer dramatischeren Fragmentierung der Weltwirtschaft und einer tieferen Verlangsamung des globalen Wachstums könnten die inflationsfördernden Effekte bedeutender sein." Die Bank hält ihren Leitzins bei 21%, sieht aber die Wahrscheinlichkeit für weitere Zinserhöhungen gesunken.
Kanada vor ungewisser Fiskalpolitik
Mit den kanadischen Bundeswahlen am 28. April wächst die Unsicherheit über die künftige Fiskalpolitik. CIBC-Chefvolkswirt Avery Shenfeld warnt davor, den Wahlkampfversprechen zu viel Gewicht beizumessen. "Es könnte eine erhebliche Lücke geben zwischen dem, was schriftlich steht… und dem, was wir am Tag der Haushaltsvorlage sehen werden."
Besonders kritisch: Die Prognosen sowohl der Liberalen als auch der Konservativen basieren auf Annahmen des Parlamentarischen Budgetamtes, die bereits überholt sein könnten. Sie berücksichtigen nicht die vollen Auswirkungen der US-Zölle auf wichtige kanadische Exporte. "Wir wollen eigentlich nicht, dass ein Premierminister die Fiskalpolitik in Stein meißelt", so Shenfeld. Die Situation bleibe dynamisch und hänge stark von der globalen Handelsentwicklung ab.