Die weltweiten Finanzmärkte befinden sich zu Beginn des zweiten Quartals 2025 in einem Spannungsfeld aus Unsicherheit und vorsichtigem Optimismus. Der Goldpreis hat gestern ein neues Allzeithoch erreicht, während Anleger nervös auf die für morgen angekündigten US-Zolltarife warten. Die geopolitischen Spannungen und handelspolitischen Unsicherheiten setzen dabei sowohl industrielle Aktivitäten als auch Inflationserwartungen unter Druck.
Goldpreis profitiert von wachsender Unsicherheit
In einem Umfeld zunehmender geopolitischer Spannungen erreichte Gold gestern mit 3.148,88 US-Dollar pro Unze ein neues Rekordhoch. Die Ankündigung des US-Präsidenten Donald Trump, morgen umfassende Zolltarife für alle Länder einzuführen, treibt Anleger verstärkt in den sicheren Hafen. „Trumps Tarifkommentare und seine zunehmend unberechenbare Haltung gegenüber Russlands Krieg gegen die Ukraine schaffen das perfekte Chaos für neue Goldpreisrekorde“, erklärt Adrian Ash, Forschungsleiter bei BullionVault.
Die Rallye des Edelmetalls ist beeindruckend: Mit einem Anstieg von mehr als 15 Prozent seit Jahresbeginn verzeichnete Gold das stärkste Quartal seit 1986. Neben den handelspolitischen Unsicherheiten stützen auch die starke Nachfrage der Zentralbanken, die anhaltenden Konflikte im Nahen Osten und Europa sowie die zunehmenden Investmentströme in goldgestützte ETFs den Preisanstieg.
Goldman Sachs hat am Montag die Wahrscheinlichkeit einer US-Rezession von 20 auf 35 Prozent erhöht und weitere Zinssenkungen der Federal Reserve prognostiziert, da Trumps Zollpolitik die Weltwirtschaft und Finanzmärkte erschüttert. Für das zinsloses Gold sind niedrigere Zinsen traditionell positiv.
Europäische Wirtschaft im Spannungsfeld
Die europäischen Aktienmärkte haben sich heute nach dem gestrigen Rückgang leicht erholt. Der paneuropäische STOXX 600 Index stieg um ein Prozent, nachdem er am Vortag auf den niedrigsten Stand seit über zwei Monaten gefallen war. Die Erholung bleibt jedoch fragil vor dem Hintergrund der morgigen US-Zollankündigung.
Goldman Sachs hat bereits reagiert und sein 12-Monats-Ziel für den europäischen Leitindex von 580 auf 570 Punkte gesenkt, um die erwarteten Auswirkungen der US-Zölle einzupreisen.
Besonders aufmerksam werden die Märkte die Reaktion der britischen Regierung beobachten. Der britische Wirtschaftsminister Jonathan Reynolds äußerte sich heute hoffnungsvoll, dass möglicherweise verhängte US-Zölle durch ein technologie-orientiertes Wirtschaftsabkommen zwischen beiden Ländern rasch wieder aufgehoben werden könnten. Gleichzeitig hält sich Großbritannien aber auch die Option offen, mit Vergeltungszöllen zu antworten, falls die Verhandlungen scheitern sollten. „Je länger wir keine potenzielle Lösung haben, desto mehr müssen wir unsere eigene Position überdenken“, erklärte Reynolds.
Produktion unter Druck, während Inflation nachlässt
Die europäische Industrieproduktion zeigt zunehmend Anzeichen von Schwäche. In Spanien schrumpfte die Fertigungsaktivität im März den zweiten Monat in Folge, wie der HCOB Spain Manufacturing Purchasing Managers‘ Index (PMI) mit 49,5 Punkten zeigt (Februar: 49,7). Dieser Rückgang folgt auf ein Jahr kontinuierlicher monatlicher Expansion. Jonas Feldhusen, Ökonom bei der Hamburg Commercial Bank, warnte: „Die Teilnehmer berichteten von zunehmender Kundenunsicherheit infolge der unberechenbaren Zollankündigungen, was zur Verschiebung von Geschäftsabschlüssen führte.“
Auch in Südafrika bleibt die Fertigungsindustrie unter Druck, obwohl sich die Stimmung leicht verbessert hat. Der saisonbereinigte Absa-PMI stieg im März auf 48,7 Punkte, verglichen mit 44,7 im Februar, bleibt damit aber weiterhin unter der Expansionsschwelle von 50 Punkten. Eine Zunahme der Exportverkäufe sorgte für eine leichte Belebung, die allgemeine Stimmung im verarbeitenden Gewerbe bleibt jedoch aufgrund geplanter Stromausfälle und angespannter Beziehungen zwischen Südafrika und den USA gedämpft.
Auf der positiven Seite steht die Entwicklung der Inflation in der Eurozone. Nach Daten von Eurostat sank die Verbraucherpreisinflation in der Eurozone im März auf 2,2 Prozent, nach 2,3 Prozent im Februar. Diese Entwicklung verstärkt die Erwartungen einer weiteren Zinssenkung durch die Europäische Zentralbank (EZB) bei ihrer Sitzung am 17. April. Besonders der Rückgang der Kerninflation, die ohne schwankungsanfällige Lebensmittel- und Energiepreise ermittelt wird, auf 2,4 Prozent (von 2,6 Prozent) liegt unter den Prognosen und dürfte die EZB erleichtern.
„Der deutliche Rückgang der Dienstleistungsinflation in der Eurozone im März stärkt die Argumente für eine Zinssenkung durch die EZB bei ihrer Sitzung am 17. April“, bestätigten Analysten von Capital Economics.
Chinesische Banken erhöhen Kreditzinsen trotz Konjunkturschwäche
In einer überraschenden Wendung haben mehrere chinesische Großbanken, darunter die China Construction Bank, die China Merchants Bank und die Bank of China, ihre Zinssätze für Verbraucherkredite angehoben – nur wenige Wochen nachdem sie diese auf Rekordtiefs gesenkt hatten. Die neuen Zinssätze, die seit gestern gelten, liegen bei mindestens 3 Prozent, nach zuvor rund 2,5 Prozent.
Diese Kehrtwende erfolgt trotz der Bemühungen der chinesischen Führung, den Konsum anzukurbeln, um das für 2025 angestrebte Wirtschaftswachstum von etwa 5 Prozent zu erreichen. Die vier größten staatlichen Banken Chinas hatten erst am Sonntag angekündigt, durch private Platzierungen insgesamt 520 Milliarden Yuan (71,54 Milliarden US-Dollar) aufzubringen, um die Realwirtschaft zu stärken.
Hintergrund der Zinserhöhungen sind offenbar wachsende Bedenken hinsichtlich der Qualität von Verbraucherkrediten. Ein Kreditmanager einer staatlichen Bank, der anonym bleiben wollte, erklärte, dass günstigere Kredite die Schuldenlast finanziell belasteter Kreditnehmer erhöhen und dadurch die Vermögensqualität der Banken erheblich beeinträchtigen könnten. Zudem besteht die Sorge, dass einige Kreditnehmer die günstigen Verbraucherkredite nutzen, um höherverzinsliche Hypotheken zu refinanzieren, anstatt den Konsum anzukurbeln.
„Trotz der Konsumoffensive scheint die Regierung besorgt über die Finanzstabilität angesichts der schnell schrumpfenden Nettozinsmargen und der sich verschlechternden Vermögensqualität zu sein“, kommentierte Gary Ng, Senior-Ökonom bei Natixis.
Immobilienmärkte reagieren auf Steueränderungen
In Großbritannien stagnierten die Hauspreise im März überraschend, wie Daten des Kreditgebers Nationwide zeigen. Der Durchschnittspreis blieb unverändert bei 271.316 Pfund, während Ökonomen mit einem monatlichen Anstieg von 0,2 Prozent gerechnet hatten. Im Jahresvergleich lagen die Preise 3,9 Prozent höher, was der Jahresrate vom Februar entspricht.
Robert Gardner, Chefökonom bei Nationwide, bezeichnete die Stagnation als „nicht überraschend, angesichts des Auslaufens der Stempelsteuerbefreiung Ende März“. Ab dem 1. April werden Erstkäufer in Großbritannien wieder Stempelsteuer auf Häuser über 300.000 Pfund zahlen müssen, statt wie bisher erst ab 425.000 Pfund.
Ausblick: Märkte warten auf Arbeitsmarktdaten
In den kommenden Tagen richten sich die Blicke der Anleger auf wichtige US-Arbeitsmarktdaten, die am Freitag veröffentlicht werden. Diese könnten weitere Aufschlüsse über den Zustand der US-Wirtschaft geben und die Zinssenkungserwartungen beeinflussen. Bereits heute werden die US-Job-Openings erwartet.
Alexander Zumpfe, Edelmetallhändler bei Heraeus Metals Germany, betont: „Der Markt beobachtet den 2. April genau auf weitere Wirtschaftsindikatoren, die die geldpolitischen Entscheidungen der Federal Reserve beeinflussen könnten. Wenn Zinssenkungen bestätigt werden, würde dies der Aufwärtsdynamik von Gold zusätzlichen Auftrieb verleihen.“
Während der Goldpreis von der Unsicherheit profitiert, verharren andere Edelmetalle in engeren Handelsspannen. Silber notierte bei 34,06 Dollar je Unze, während Platin um 0,4 Prozent auf 988,35 Dollar fiel und Palladium um 0,3 Prozent auf 985,86 Dollar zulegte.