Die Edelmetallmärkte nehmen nach ihrer spektakulären Rally eine Verschnaufpause. Gold, Silber und Platin verzeichneten am Mittwoch Gewinnmitnahmen, nachdem sie zuvor historische Höchststände erreicht hatten. Doch was bedeutet das konkret für Anleger – und wie geht es weiter?
Konsolidierung nach Höhenflug
Gold rutschte um 0,4 Prozent auf 4.468,96 Dollar je Feinunze ab, nachdem es zuvor bei 4.525,18 Dollar ein neues Allzeithoch markiert hatte. „Der Goldmarkt zeigt eine gewisse Chart-Konsolidierung und moderate Gewinnmitnahmen nach den Rekordständen“, erklärte Jim Wyckoff, leitender Analyst bei Kitco Metals. Die US-Gold-Futures für Februar gaben 0,2 Prozent auf 4.497,90 Dollar nach.
Silber erwischte es härter: Nach einem historischen Hoch von 72,70 Dollar verlor das Metall 0,8 Prozent auf 70,86 Dollar. Noch dramatischer fiel der Rücksetzer bei Platin aus, das trotz eines Rekords bei 2.377,50 Dollar letztlich 3,3 Prozent auf 2.198,30 Dollar einbüßte. Palladium brach sogar um neun Prozent auf 1.692,43 Dollar ein, nachdem es zuvor den höchsten Stand seit drei Jahren erreicht hatte.
Politische Einflüsse treiben Unsicherheit
Verantwortlich für die anhaltende Nervosität an den Märkten sind vor allem politische Faktoren. US-Präsident Donald Trump äußerte am Dienstag den Wunsch, der nächste Fed-Vorsitzende solle die Zinsen senken, wenn es den Märkten gut gehe. Die US-Notenbank hat die Leitzinsen in diesem Jahr bereits dreimal gesenkt – Händler preisen für das kommende Jahr zwei weitere Zinssenkungen ein. Gold profitiert traditionell von niedrigen Zinsen und gedeiht besonders in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit.
Auf geopolitischer Ebene verschärft sich die Lage: Die US-Küstenwache wartet derzeit auf Verstärkung, bevor sie möglicherweise versucht, einen mit Venezuela verbundenen Öltanker zu entern und zu beschlagnahmen. Die Verfolgung läuft bereits seit Sonntag. Solche Spannungen befeuern typischerweise die Nachfrage nach sicheren Häfen wie Gold.
Fundamentale Stärke bei Industriemetallen
Die Performance der Edelmetalle in diesem Jahr ist beeindruckend: Silber schoss um 147 Prozent nach oben und übertraf damit sogar Golds Zuwachs von über 70 Prozent deutlich. Platin und Palladium, die primär in Autokatalysatoren zur Emissionsreduzierung eingesetzt werden, legten um etwa 160 beziehungsweise mehr als 100 Prozent zu.
Die Treiber? Knappes Angebot aus den Minen, Unsicherheit durch Zollpolitik und eine Rotation von Gold-Investments in andere Edelmetalle. „Das nächste Kursziel für Gold liegt bei 4.600 Dollar je Unze, für Silber bei 75 Dollar bis Jahresende. Die Charttechnik bleibt bullish“, prognostiziert Wyckoff optimistisch.
US-Arbeitsmarkt sendet gemischte Signale
Während die Edelmetalle konsolidieren, sorgen Daten vom US-Arbeitsmarkt für Diskussionen. Die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe fielen überraschend um 10.000 auf 214.000 – Analysten hatten 224.000 erwartet. Ein positives Signal für den Dollar, doch die Interpretation bleibt komplex.
Der Arbeitsmarkt verharrt in einem „No Hire, No Fire“-Modus, wie Ökonomen es beschreiben. Trotz robuster Wirtschaft – das BIP wuchs im dritten Quartal so stark wie seit zwei Jahren nicht mehr – hat sich die Einstellungsdynamik fast zum Stillstand verlangsamt. Die Zahl der fortgesetzten Leistungsbezieher stieg um 38.000 auf 1,923 Millionen. Die Arbeitslosenquote kletterte im November auf ein Vierjahreshoch von 4,6 Prozent, was teilweise auf den 43-tägigen Regierungsstillstand zurückzuführen ist.
Inflationsdruck durch Zollpolitik
Die US-Wirtschaft steht vor neuen Herausforderungen: Laut Morgan Stanley bereiten sich Unternehmen darauf vor, die Preise 2026 erneut anzuheben, um die Kosten höherer Zölle weiterzugeben. „Zölle haben die Nicht-Lohnkosten in den vergangenen zwei Quartalen stark nach oben getrieben“, erklärte Analyst Michael Gapen.
Im dritten Quartal konnten Firmen bereits mehr dieser Kosten an Verbraucher weitergeben – die Preise je Einheit stiegen stärker als die Nicht-Lohnkosten, was half, die Profitabilität wiederherzustellen. Umfragedaten zeigen nun, dass Unternehmen planen, die Preise 2026 weiter zu erhöhen. Gelingt dies, dürfte die Inflation anziehen, aber Entlassungen könnten vermieden werden.
Ausblick: Vorsichtiger Optimismus
Die Finanzmärkte navigieren durch widersprüchliche Signale. Einerseits zeigt die Wirtschaft Stärke, andererseits belasten Inflationssorgen und Arbeitsmarktrisiken. Die Federal Reserve hat ihre Zinsen im Dezember erneut um 25 Basispunkte auf 3,50 bis 3,75 Prozent gesenkt, signalisierte aber, dass weitere Senkungen vorerst unwahrscheinlich sind – bis mehr Klarheit über Arbeitsmarkt und Inflation herrscht.
Für Edelmetallanleger bleibt das Umfeld grundsätzlich unterstützend: Niedrigere Zinsen, geopolitische Spannungen und Inflationsängste sprechen für eine anhaltende Nachfrage. Kein Wunder also, dass die Technicals laut Analysten bullish bleiben – auch wenn kurzfristige Gewinnmitnahmen für Volatilität sorgen. Das dürfte spannend werden.


