Die weltweiten Finanzmärkte stecken in einer Zwickmühle: Während die Eskalation des Handelskonflikts zwischen den USA und China die Konjunkturaussichten trübt, warnen Notenbanker und Ökonomen vor den Folgen der protektionistischen Politik. Die jüngsten Entwicklungen zeigen ein widersprüchliches Bild – zwischen kurzfristiger Entspannung und strukturellen Risiken.
Fed warnt vor Handelsrisiken und US-Schulden
Ein aktueller Bericht der US-Notenbank offenbart tiefe Besorgnis unter Finanzexperten. 73% der befragten Fachleute sehen den globalen Handel als größtes Risiko für die Finanzstabilität – mehr als doppelt so viele wie noch im November. "Die Sorge über Handelskonflikte dominiert in diesem Zyklus", heißt es im Fed-Report. Besonders alarmierend: Die Möglichkeit eines eskalierenden Handelskriegs könnte schwerwiegende Folgen haben.
Parallel wachsen die Bedenken über die Tragfähigkeit der US-Staatsverschuldung. Die Fed verweist zudem auf erhöhte Volatilität in den Treasury-Märkten, wo sich 27% der Befragten Sorgen über die Marktfunktion machen – ein deutlicher Anstieg gegenüber 17% im Herbst. Während das Bankensystem als stabil gilt, warnt die Fed vor hoher Hebelung bei Hedgefonds und steigenden Kreditvergaben an wenig regulierte Nichtbanken.
IMF schlägt Alarm – Wachstumsprognosen gekürzt
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat seine globalen Wachstumsprognosen für 2025 um 0,5 Prozentpunkte auf 2,8% gesenkt. "Die Weltwirtschaft steht an einem Scheideweg", warnt das IWF-Direktorium. Die sprunghaft gestiegenen Handelsspannungen nähren Unsicherheit, Marktvolatilität und Risiken für Wachstum und Finanzstabilität.
IWF-Chefin Kristalina Georgieva räumt ein: "Ich will nichts beschönigen – wir haben noch eine ziemlich herausfordernde Zeit vor uns." Besorgniserregend ist die zunehmende Polarisierung: Während China die US-Zölle als "Missbrauch" brandmarkt und vor Gefahren für die Finanzstabilität warnt, setzt die Trump-Administration auf Konfrontation – selbst gegenüber Verbündeten wie Japan.
Währungsmärkte im Ausnahmezustand
Der Dollar konnte sich nach wochenlangem Abwärtstrend erstmals seit Mitte März wieder behaupten. Auslöser waren vorsichtige Hoffnungen auf eine Deeskalation im US-China-Konflikt. Peking gewährte teilweise Zollbefreiungen für US-Importe – wenn auch in begrenztem Umfang. "Es fühlt sich an, als bewegen wir uns eher in Richtung Deeskalation als Eskalation", kommentiert Fiona Cincotta von City Index.
Doch die Erholung bleibt fragil. Seit Trumps überraschender Ankündigung neuer Strafzölle am 2. April hat der Dollar bereits 4% verloren. Analysten warnen vor anhaltender Volatilität, solange keine klare Lösung des Handelsstreits in Sicht ist. Besonders der Yen bleibt im Fokus, da Japan im Handel mit den USA unter Druck gerät, seine Währungspolitik zu ändern.
Zentralbanken in der Zwickmühle
Die geldpolitischen Entscheidungsträger weltweit stehen vor komplexen Herausforderungen. Während die Bank of Japan (BOJ) angesichts steigender Löhne und Inflation eigentlich zinserhöhende Schritte erwägt, zwingen die Handelsrisiken zu Vorsicht. "Die BOJ muss die Auswirkungen der US-Zölle genau beobachten", räumt Gouverneur Kazuo Ueda ein.
In Kolumbien dürfte die Zentralbank trotz politischen Drucks die Leitzinsen unverändert lassen. Die Inflation liegt mit 5,09% noch deutlich über dem Zielkorridor, während die Abwertung des Peso und fallende Ölpreise neue Risiken schaffen. Analysten haben ihre Erwartungen für Zinssenkungen bereits nach unten korrigiert.
Ausblick: Fragile Entspannung mit Langzeitrisiken
Die jüngsten Entwicklungen zeigen erste Anzeichen einer vorsichtigen Entspannung im Handelsstreit. Doch die strukturellen Risiken bleiben bestehen: Die Fed warnt vor anhaltend hohen Bewertungen an den Märkten, der IWF sieht die globale Wirtschaftsordnung unter Druck, und die Zentralbanken müssen ihre geldpolitischen Spielräume neu bewerten.
Die kommenden Wochen werden entscheidend sein – sowohl für die Verhandlungen zwischen den USA und China als auch für die Reaktionen der Finanzmärkte. Sollte es nicht gelingen, die Handelsspannungen dauerhaft zu reduzieren, drohen weitere Wachstumseinbußen und Marktturbulenzen. Die Fed fasst es zusammen: "Die Unsicherheit bleibt erhöht."