Die globalen Finanzmärkte erleben turbulente Zeiten, maßgeblich getrieben durch eine aggressive US-Handelspolitik und eskalierende Zollkonflikte, die am 11. Juni 2025 weiterhin für erhebliche Verwerfungen sorgen. Die Unsicherheit, angefacht durch die amtierende Trump-Administration, greift um sich und zwingt Notenbanken sowie Unternehmen weltweit zu Kurskorrekturen und strategischen Neuausrichtungen. Die Auswirkungen sind vielfältig und reichen von drastischen Einbrüchen im bilateralen Handel bis hin zu steigenden Inflationssorgen und einer Neubewertung der Zinspolitik. Doch was sind die konkreten Auslöser und welche weitreichenden Konsequenzen zeichnen sich für die internationale Gemeinschaft ab?
Eskalierende Handelskonflikte und die Rolle der USA
Im Zentrum der aktuellen Verwerfungen steht die protektionistische Handelspolitik der USA. Die von Präsident Trump verhängten und angedrohten Zölle haben nicht nur den Handel mit China in eine neue Runde der Konfrontation geführt, sondern belasten auch die transatlantischen Beziehungen und das globale Handelssystem insgesamt. Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), warnte erst kürzlich in Peking eindringlich davor, dass Zwangsmaßnahmen im Handel keine finanziellen Ungleichgewichte lösen könnten. Vielmehr sei das Risiko gegenseitiger wirtschaftlicher Schäden so groß, dass alle Seiten politische Anpassungen zur Lösung der Spannungen in Betracht ziehen müssten. Lagarde betonte, dass seit 2014 global subventionsbezogene Interventionen, die den Handel verzerren, mehr als verdreifacht wurden, wobei sie sowohl China für seine extensive Subventionspraxis als auch die USA für exzessive öffentliche Ausgaben, die zu Ungleichgewichten beitragen, in die Verantwortung nahm.
Die jüngsten Versuche, im US-chinesischen Handelsstreit zu einer Deeskalation zu gelangen, werden von Marktbeobachtern mit Skepsis betrachtet. Zwar gab es Berichte über ein "Konzept eines Plans für einen Vorschlag für einen Rahmen für ein Abkommen", doch Details bleiben vage und die Zustimmung beider Präsidenten sowie die Implementierung stehen noch aus. Die Marktreaktion fiel entsprechend verhalten aus, was die Unsicherheit über die Nachhaltigkeit jeglicher Vereinbarung widerspiegelt. Die Frage, ob die im April verhängten Zölle überhaupt rechtmäßig sind, beschäftigt weiterhin die Gerichte.
Parallel zu diesen globalen Spannungen hat die Europäische Union ihrerseits neue Sanktionen gegen Russland auf den Weg gebracht. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte ein 18. Sanktionspaket an, das auf Moskaus Energieeinnahmen, Banken und die Militärindustrie abzielt – eine direkte Reaktion auf den andauernden Krieg in der Ukraine.
Konkrete Auswirkungen: Deutsche Wirtschaft und EU-Russland-Handel
Die politischen Verwerfungen und Sanktionen haben bereits tiefe Spuren in den Handelsbeziehungen hinterlassen, insbesondere zwischen Deutschland und Russland. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) an diesem Mittwoch berichtete, sind die deutschen Importe aus Russland zwischen 2021 und 2024 um dramatische 95% eingebrochen. Im gleichen Zeitraum sanken die deutschen Exporte nach Russland um 72%. Dieser Trend spiegelt sich auf EU-Ebene wider, wenn auch leicht abgeschwächt: Die EU insgesamt reduzierte ihre Importe aus Russland um 78% und die Exporte um 65%.
Diese Entwicklung hat das Handelsbilanzdefizit der EU gegenüber Russland erheblich reduziert – von 147,5 Milliarden Euro im Jahr 2022 auf 4,5 Milliarden Euro im Jahr 2024. Destatis erklärte, dass der fortbestehende Importüberschuss hauptsächlich darauf zurückzuführen sei, dass die EU weiterhin in erheblichem Umfang Öl und Erdgas aus Russland importiere. Russlands Wirtschaft hat sich zwar widerstandsfähiger als erwartet gezeigt, sieht sich aber nun mit niedrigeren Ölpreisen und schrumpfenden Haushaltseinnahmen konfrontiert. Das russische Wirtschaftsministerium musste bereits seine Prognosen für die Öl- und Gasexporteinnahmen für 2025-2027 nach unten korrigieren und erwartet für dieses Jahr einen Rückgang um 15%.
Auch abseits der reinen Handelsströme bleiben die geopolitischen Spannungen hoch, wie die anstehende Verlegung der bilateralen Gespräche zwischen den USA und Russland von Istanbul nach Moskau unterstreicht, die der neue russische Botschafter in Washington, Alexander Darchiev, bestätigte. Eine schnelle Wiederherstellung der Beziehungen sei laut Darchiev jedoch aufgrund des Widerstands von "Falken" im US-Kongress und des "tiefen Staates" in weiter Ferne.
Inflationäre Folgen und Zinspolitik im Wandel
Die verhängten Importzölle der Trump-Administration beginnen sich nun spürbar auf die Konsumentenpreise in den USA niederzuschlagen. Ökonomen erwarten, dass der für heute erwartete US-Verbraucherpreisindex (CPI) für Mai eine moderate Gesamtsteigerung zeigen dürfte, was auf relativ günstigere Benzinpreise zurückzuführen ist. Die Kernrate des CPI (ohne Lebensmittel und Energie) könnte jedoch den stärksten Anstieg seit vier Monaten verzeichnen, da die Zölle nun verstärkt auf die Preise für andere Güter durchschlagen. Einzelhändler wie Walmart hatten bereits Preiserhöhungen für Ende Mai und Juni angekündigt. Diese Entwicklung könnte die Inflationsdaten bis zum Jahresende prägen und die Stagflationsängste weiter befeuern. Die Federal Reserve wird die Daten genau beobachten, auch wenn für die nächste Sitzung keine Zinsänderung erwartet wird.
Zusätzliche Unsicherheit in Bezug auf die US-Wirtschaftsdaten entsteht durch Ressourcenengpässe beim Bureau of Labor Statistics (BLS). Die für die Erhebung wichtiger Wirtschaftsindikatoren zuständige Behörde kündigte die Aussetzung der CPI-Datenerhebung in drei Städten an und plant, die Veröffentlichung von rund 350 Indizes im Rahmen des Erzeugerpreisindex (PPI) einzustellen. Dies ist eine Folge von Massenentlassungen, Kündigungen und Einstellungsstopps. Obwohl das BLS versichert, dass die veröffentlichten Daten strengen Standards genügen, äußern ehemalige Mitarbeiter Bedenken über den Personalmangel und dessen Auswirkungen auf die Datenqualität, insbesondere auf granularer Ebene.
Diese globale Gemengelage aus Handelskonflikten und Inflationsdruck zwingt auch andere Zentralbanken zur Vorsicht. Eine knappe Mehrheit der von Reuters befragten Ökonomen erwartet, dass die Bank of Japan (BOJ) aufgrund der Unsicherheit über die US-Zollpolitik in diesem Jahr von einer weiteren Zinserhöhung absehen wird. Der nächste Zinsschritt um 25 Basispunkte wird nun mehrheitlich erst für Anfang 2026 prognostiziert. Dies steht im Kontrast zu früheren Erwartungen und spiegelt die wachsende Besorgnis über die globalen Wirtschaftsaussichten wider. Gleichzeitig plant die BOJ, das Tempo der Reduzierung ihrer Staatsanleihekäufe ab dem nächsten Fiskaljahr zu verlangsamen. Die japanische Regierung erwägt zudem, die Emission von superlangen Anleihen zu kürzen.
Die Bank of Japan beschäftigt sich intensiv mit Innovationen im Zahlungsverkehr, um mit der rasanten Entwicklung digitaler Währungen Schritt zu halten, während Japan sich von einer bargeldfixierten Gesellschaft zu einer mit steigendem Anteil bargeldloser Zahlungen wandelt (42,8% in 2024). Seit 2023 läuft ein Pilotprogramm für eine digitale Zentralbankwährung (CBDC), einen digitalen Yen. BOJ-Direktor Kazushige Kamiyama und Vize-Gouverneur Shinichi Uchida betonten die Notwendigkeit, Japans Zahlungssystem zukunftssicher zu gestalten, auch wenn eine unmittelbare Abschaffung des Bargelds nicht erwartet wird. Uchida warnte gar vor einem hypothetischen Szenario, in dem der Yen durch andere Instrumente wie Krypto-Assets als Hauptzahlungsmittel abgelöst werden könnte, falls das Vertrauen in die Stabilität des Yen schwinden sollte. Diese Überlegungen gewinnen an Dringlichkeit angesichts der globalen Dynamik: In den USA hat Präsident Trump der Federal Reserve die Ausgabe eines digitalen Dollars untersagt, scheinbar um Kryptowährungen und Stablecoins zu fördern. Die EZB hingegen treibt die Entwicklung eines digitalen Euro voran, auch um sich von dominanten US-Zahlungsanbietern unabhängiger zu machen. China forciert derweil die Internationalisierung des digitalen Yuan.
Ausblick: Fragile Hoffnung auf Entspannung
Die Finanzmärkte dürften angesichts der vielschichtigen Herausforderungen volatil bleiben. Die Hoffnung auf eine baldige und nachhaltige Lösung der Handelskonflikte ist gering, wie die vorsichtige Reaktion auf die jüngsten US-chinesischen Gesprächsansätze zeigt. EZB-Präsidentin Lagarde mahnte zur Einhaltung globaler Regeln und zur Verfolgung bilateraler oder regionaler Abkommen, die auf gegenseitigem Nutzen basieren. Der heutige Tag wird weitere wichtige Daten wie den US-Verbraucherpreisindex und den Lohn-Tracker der EZB bringen, die von Investoren genauestens analysiert werden. Auftritte verschiedener EZB-Ratsmitglieder könnten zusätzliche Hinweise auf die zukünftige Geldpolitik in der Eurozone geben. Die Weltwirtschaft steht vor einer Zerreißprobe, und die nächsten Monate werden entscheidend dafür sein, ob eine weitere Eskalation der Handelskonflikte abgewendet werden kann oder ob der globale Protektionismus die Oberhand gewinnt.