Liebe Leserinnen und Leser,
11 Milliarden Dollar für eine Datenplattform, 108 Milliarden für ein Medienimperium, und in Deutschland kämpft ein Stahlhändler plötzlich um seine Unabhängigkeit. Was auf den ersten Blick wie drei voneinander unabhängige Geschichten aussieht, offenbart bei genauerem Hinsehen ein gemeinsames Muster: Überall verschieben sich gerade die Gewichte zwischen etablierten Playern und Herausforderern – getrieben von KI-Ambitionen, Streaming-Dominanz und industrieller Konsolidierung. Während die Märkte auf die Fed-Entscheidung am Mittwoch warten, sortieren sich die Karten in mehreren Branchen komplett neu.
IBM greift nach Confluent – und baut die KI-Infrastruktur der Zukunft
IBM will 11 Milliarden Dollar auf den Tisch legen, um Confluent zu übernehmen. 31 Dollar je Aktie, komplett in bar – das Angebot katapultierte die Confluent-Aktie im vorbörslichen US-Handel um fast 30 Prozent nach oben auf 29,80 Dollar. IBM selbst legte 2,2 Prozent zu. Was auf den ersten Blick wie ein weiterer Tech-Deal aussieht, ist in Wahrheit ein strategischer Schachzug im Rennen um die KI-Vorherrschaft.
Confluent liefert eine Open-Source-Plattform für Echtzeit-Datenströme, die auf Apache Kafka basiert – eine Technologie, die für KI-Anwendungen unverzichtbar wird. Mehr als 6.500 Kunden nutzen die Plattform bereits, darunter über 40 Prozent der Fortune-500-Unternehmen. IBM-Chef Arvind Krishna formuliert es klar: „Mit Confluent werden wir die smarte Datenplattform für Unternehmens-IT bereitstellen – speziell gebaut für KI.“ Die Botschaft dahinter: Wer künftig KI-Agenten und generative Modelle im Unternehmensalltag einsetzen will, braucht eine Infrastruktur, die Daten in Echtzeit zwischen Systemen, Anwendungen und APIs bewegt.
Der Deal reiht sich ein in IBMs Open-Source-Strategie nach den Übernahmen von Red Hat und HashiCorp. Analysten erwarten, dass die Transaktion bereits im ersten vollen Jahr nach Abschluss zum bereinigten EBITDA beiträgt und im zweiten Jahr den freien Cashflow steigert. Der Abschluss ist für Mitte 2026 geplant – vorausgesetzt, die Aktionäre stimmen zu. Die größten Confluent-Investoren, die zusammen 62 Prozent der Stimmrechte halten, haben ihre Zustimmung bereits signalisiert.
Paramount fordert Netflix heraus – und Trump mischt sich ein
Während IBM im Stillen zuschlägt, tobt in Hollywood ein offener Bieterkampf. Paramount hat ein feindliches Übernahmeangebot für Warner Bros. Discovery lanciert: 30 Dollar je Aktie, komplett in bar, was einem Unternehmenswert von 108,4 Milliarden Dollar entspricht. Das ist deutlich mehr als das Netflix-Angebot von vergangener Woche, das Warner mit 82,7 Milliarden Dollar bewertete – allerdings nur für das Studio- und Streaming-Geschäft, ohne die TV-Sender wie CNN.
Paramount-Chef David Ellison argumentiert aggressiv: Sein Angebot bringe 18 Milliarden Dollar mehr Cash für die Aktionäre und habe einen „sichereren, schnelleren Abschlussweg“ als der Netflix-Deal. Die Warner-Aktie sprang im frühen US-Handel um 7,4 Prozent auf 28,06 Dollar, Netflix-Papiere gaben 2,7 Prozent auf 97,56 Dollar nach. Paramount selbst legte 1,9 Prozent zu.
Hinter dem Bietergefecht stehen nicht nur finanzielle, sondern auch politische Motive. Paramount argumentiert, dass Netflix durch die Warner-Übernahme seinen Marktanteil im globalen Streaming-Geschäft massiv ausbauen würde – Paramount spricht von einem „antikompetitiven Szenario“. US-Präsident Donald Trump hatte bereits am Wochenende gewarnt, der Netflix-Marktanteil könne „ein Problem“ werden, und angekündigt, persönlich in die kartellrechtliche Prüfung einzugreifen. Netflix hatte für den Fall eines Scheiterns eine Vertragsstrafe von 5,8 Milliarden Dollar an Warner zugesagt.
Die Konstellation ist brisant: Paramount gehört der Familie von Larry Ellison, einem bekannten Trump-Unterstützer. Zu Warner gehört CNN, ein Sender, der häufig kritisch über Trump berichtet. Spekulationen, das Weiße Haus könnte ein Interesse am Erfolg des Paramount-Angebots haben, befeuern die Debatte zusätzlich. Paramount hat sein Angebot bis zum 8. Januar befristet – die Entscheidung könnte also noch vor Jahresende fallen.
Klöckner zieht an – Worthington Steel klopft an
In Deutschland sorgt eine mögliche Übernahme für Aufregung, die auf den ersten Blick weniger spektakulär klingt, aber für die Branche erhebliche Bedeutung hat. Der US-Stahlhändler Worthington Steel verhandelt über ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot für Klöckner & Co und führt bereits eine Buchprüfung durch. Die Klöckner-Aktie schoss daraufhin im XETRA-Handel um fast 30 Prozent nach oben – der stärkste Anstieg im MDAX.
Klöckner selbst betonte in einer Pflichtmitteilung, dass noch offen sei, ob und unter welchen Bedingungen ein Angebot tatsächlich komme. Die DZ Bank urteilt, die Schlagzeilen seien „klar positiv und kursrelevant“, warnt aber vor einem „asymmetrischen Risiko beim Scheitern der Gespräche“. Im Windschatten von Klöckner gewann auch die Salzgitter-Aktie 5,2 Prozent – zusätzlich gestützt von einer Kaufempfehlung der UBS.
Die Stahlbranche steht unter erheblichem Druck: hohe Energiekosten, schwache Nachfrage aus China, strukturelle Überkapazitäten. Eine Konsolidierung gilt seit Langem als überfällig. Sollte Worthington Steel tatsächlich zuschlagen, wäre das ein Signal, dass internationale Investoren in der Branche Chancen sehen – trotz aller Widrigkeiten.
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Deutsche Wirtschaft sendet Lebenszeichen – doch die Hürden bleiben hoch
Inmitten der Deal-Flut gibt es aus Deutschland auch konjunkturelle Lichtblicke. Die Produktion im produzierenden Gewerbe stieg im Oktober deutlich stärker als erwartet. Nach den jüngst überraschend guten Auftragseingängen nährt das die Hoffnung, dass die deutsche Wirtschaft langsam wieder Tritt fasst. Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen dämpft allerdings die Euphorie: Die Industrie habe sich zwar stabilisiert, von einem nennenswerten Aufschwung sei aber nichts zu sehen. US-Zölle, schwache China-Nachfrage und strukturelle Probleme blieben Belastungsfaktoren.
Eine Ifo-Studie zeigt, wo die US-Zölle am härtesten treffen: Salzgitter verliert nach Berechnungen 1,16 Prozent der Bruttowertschöpfung – der höchste Wert bundesweit. Dahinter folgen die Auto-Hochburgen Dingolfing-Landau (minus 1,08 Prozent), Wolfsburg (minus 1,06 Prozent) und Böblingen (minus 1,05 Prozent). Es gibt aber auch Profiteure: Potsdam gewinnt 0,23 Prozent, der Main-Taunus-Kreis 0,22 Prozent. Die Botschaft: Dienstleister könnten Marktanteile gewinnen, während die Industrie leidet.
Krypto erholt sich – Fed-Hoffnung treibt die Kurse
Auch am Kryptomarkt sorgt die Aussicht auf eine Fed-Zinssenkung am Mittwoch für Rückenwind. Bitcoin legte in den vergangenen 24 Stunden 3,1 Prozent zu und handelt aktuell bei 90.906 Dollar. Ethereum gewann sogar 6,4 Prozent und notiert bei 3.132 Dollar. Die Gesamtmarktkapitalisierung aller Kryptowährungen stieg um 3,9 Prozent auf 3,12 Billionen Dollar.
Die CME FedWatch-Daten zeigen eine Wahrscheinlichkeit von 87,4 Prozent für eine Zinssenkung um 25 Basispunkte – ein deutlicher Anstieg gegenüber 66,9 Prozent vor einem Monat. Niedrigere Zinsen machen risikoreichere Assets wie Krypto attraktiver, weil die Opportunitätskosten sinken. Allerdings bleibt Bitcoin mit aktuell 90.906 Dollar deutlich unter seinem Jahreshoch – ein Zeichen dafür, dass Anleger trotz Fed-Hoffnung vorsichtig bleiben.
Was diese Woche zählt
Am Mittwoch richtet sich alle Aufmerksamkeit auf die Fed. Eine Zinssenkung gilt als ausgemacht, doch die begleitenden Kommentare von Jerome Powell dürften entscheidend sein: Signalisiert er weitere Schritte oder eine Pause? Die Deutsche Bank erwartet, dass Powell hohe Hürden für künftige Senkungen betont – was faktisch eine Pause im Zinszyklus bedeuten würde. Daneben stehen Quartalszahlen von Broadcom am Donnerstag an, die Aufschluss über die Nachhaltigkeit der KI-Investments geben könnten. Und in Hollywood tickt die Uhr für Warner Bros.: Paramount, Netflix oder ein dritter Bieter – bis Jahresende könnte die Entscheidung fallen.
Bis dahin wünsche ich Ihnen einen erfolgreichen Start in die Woche.
Herzliche Grüße
Andreas Sommer


