Seit Beginn der ultralockeren Geldpolitik der Notenbanken schwirren viele Begrifflichkeiten durch die Medien. Dabei interessiert Sie doch sicher nur eines: Wird es tatsächlich eine spürbare Inflation geben, oder werden wir in einer Deflation versinken?
Zu einhundert Prozent kann wohl niemand diese Frage beantworten. Viel schlimmer ist, dass die meisten (Fach-)Medien bei der Beantwortung dieser Frage nicht nur keine Hilfe sind, sondern aus Mangel an Wissen über das Geldsystem zusätzlich Verwirrung stiften. In diesem Artikel möchte ich eine Antwort geben, und zwar eine Antwort, die verständlich ist und mit der Sie etwas anfangen können. Zum besseren Verständnis dieses Textes empfiehlt es sich, den Artikel „Fiat aeh was?“ vom Kollegen ORBP zu lesen. Speziell den Teil „The Credit Creation Model“.
Nun die erste Frage: Warum erzeugt die Geldpolitik keine Inflation in den Konsumentenpreisen, allerdings eine ernstzunehmende in Anlagegütern? Diese Frage lässt sich eigentlich recht leicht beantworten, war aber der erste Punkt, der in den meisten Zeitungen im Zusammenhang mit der Geldpolitik falsch dargestellt wurde. Ich teile nicht alle Konzepte der aktuellen volkswirtschaftlichen Auffassung zum Thema Geldpolitik, aber dieses ist zwingend logisch.
Vermögensbewertung im Nullzinsumfeld
Angenommen Sie haben ein Vermögen von 500.000 Euro und jemand bietet Ihnen eine Immobilie für diesen Betrag zum Kauf an. Die Mieteinnahmen liegen bei 25.000 Euro im Jahr und die Immobilie ist Top in Schuss. Würden Sie diese kaufen? Wahrscheinlich. Hätten Sie diese auch im Jahre 1990 gekauft? Höchstwahrscheinlich nicht. Doch was macht den Unterschied an dieser Stelle? Mario Draghi macht den Unterschied, denn im Jahr 1990 hätten Sie eine fast risikolose deutsche Staatsanleihe mit einem Zinssatz von 10 % erwerben können. Warum also das Risiko einer Immobilie tragen, für einen Ertrag der noch deutlich darunter liegt? Rechnerisch kann man die Bewertung von Anlagen auf den Punkt bringen:
(Jahresertrag / Zinssatz) – Risikoprämie = Wert
Eine Immobilie mit einem Ertrag von 25.000 DM im Jahr bei einem Finanzierungszinssatz von 10% hätte dementsprechend einen Wert von unter 250.000 DM im Jahre 1990 besessen. Eine Immobilie mit einem Ertrag von 25.000 Euro heute, bei einem Finanzierungszinssatz von 2%, wäre damit bis zu 1,25 Millionen Euro wert. Allerdings müssten die Risikoprämien im aktuellen Umfeld eher über denen im Hochzinsumfeld liegen. Trotzdem wird deutlich, warum die aktuelle Geldpolitik massive Auswirkungen auf Anlagegüter hat. Die Bewertung des Aktienmarktes ist in diesem Zusammenhang identisch, allerdings sind die Risikoprämien am Aktienmarkt noch höher und die Fantasie für die zukünftige Entwicklung spielt eine größere Rolle als bei Immobilien.
Geldpolitik und Inflation
Doch warum wirkt die Geldpolitik nicht auf die Konsumentenpreise? Dazu eine einfache Frage: Haben Sie etwas von den EZB Billionen abbekommen? Ist Ihre Brieftasche heute dicker als vorher? 99% der Menschen müssen wohl mit „nein“ antworten. Die EZB Politik hat nun mal keinen direkten Einfluss auf die Gehälter oder auf das Geldvermögen der Sparer. Genau an dieser Stelle ist nun der Grund zu finden, warum die aktuelle Politik zwar Anlagegüter stützt, allerdings die Preise im Laden nicht getrieben werden.
Inflation? Nein! Oder besser: Noch nicht!
„Inflation ist immer und überall ein monetäres Phänomen“, so sagte einst Milton Friedman zu Recht. Allerdings wird dieser Satz oftmals fehlinterpretiert. Ohne die richtigen monetären (geldlichen) Rahmenbedingungen ist eine echte Inflation nahezu ausgeschlossen. Und selbst passende monetären Rahmenbedingungen sind noch lange kein Garant für Inflation. Was genau muss also passieren, damit die Dauersorge der Sparer vor Inflation gerechtfertigt ist?
Nehmen wir mal zur Vereinfachung an, dass es aktuell nur noch 2 Unternehmen gibt die um die Gunst der Konsumenten buhlen. Diese Unternehmen haben in den letzten Jahren viele Schulden angehäuft um attraktive Produkte zu generieren. Dabei haben sie im gleichen Ausmaß Guthaben bei den Konsumenten geschaffen (Siehe Credit Creation Modell). Die Preise der produzierten Güter orientieren sich am möglichen Potenzial am Markt. Je mehr Schulden also gemacht werden, desto mehr Guthaben entstehen, desto höher können die Preise steigen.
Schulden entsprechen Guthaben
Dieses System haben wir nun seit der Abschaffung des Goldstandards. Sollte eines der beiden Unternehmen (oder zuletzt in der EU war es ein Staat) nun kollabieren, werden die Schulden und damit auch die entsprechenden Guthaben (auf der anderen Seite) „wertlos“. Es droht eine Bankenkrise, denn die Bank schuldet die Guthaben den Sparern und muss die Verluste ausgleichen. Sollte sie es nicht können, würde es zu einer Deflation kommen, da die Guthaben dahinschmelzen wie ein Eis in der Sonne. Es entsteht nun zusätzlich ein Dominoeffekt. Diesen sahen wir zuletzt in der großen Finanzkrise nach dem Zusammenbruch von Bear Stearns und Lehman. Da nach solch einer Geldschmelze viel weniger Geld im System ist, kann das verbliebene Unternehmen nur geringere Preise durchsetzen. Und wahrscheinlich würde es durch Entlassungen und/oder geringeren Investitionen die Deflationsspirale noch verstärken.
Dieser Text beschreibt kein Horrorszenario, sondern die ganz normale Realität im Kapitalismus unter dem Credit Creation System. Jede Krise endet in einer Deflation, die die Fehlinvestitionen ausbügelt und die wertlosen Guthaben vernichtet. Doch dieses Mal wird es anders werden!
Zentralbankgeld
Den meisten Menschen ist gar nicht klar, was die EZB aktuell real tut. Sie schafft Zentralbankgeld. Zentralbankgeld ist anders als das oben beschriebene Geld, welches die Banken selbst schaffen (Giralgeldschöpfung). Es bleibt solange, bis die Notenbank es nicht mehr im System lassen will! Es erhält die Guthaben, die nur durch Fehlinvestitionen entstanden sind und normalerweise verschwinden würden. Sollte also wie im oben beschriebenen Fall wirklich einmal eines der beiden Unternehmen verschwinden, würde das verbliebene Unternehmen eine völlig neue Realität vor sich finden. Die verbliebenen Produkte würden auf eine viel größere Geldmenge treffen und Sie ahnen es, nun kann sie kommen – die Inflation!
Und das solche Entwicklungen denkbar sind, zeigt bereits die Entwicklung rund um die Krise bei General Electric.
Fazit zur kommenden Inflation
Wenn Sie also wissen wollen, wann es so weit sein wird, dann achten Sie auf die Anzeichen. Ein Zinsanstieg ist der Vorbote eines solchen Szenarios, denn nicht alle Unternehmen können diesen überleben. Sollten bald ein paar Headlines zu spektakulären Pleiten die Zeitungen zieren, können Sie sich sicher sein, die Inflation wird sich ihren Weg bahnen.