Ausstieg aus dem Kohlestrom noch vor 2030: Wenn es nach der britisch-kanadischen Initiative „Powering Past Coal Alliance“ geht, gehört Kohle zu den Auslaufmodellen unter den Energieträgern. Zwanzig Nationen schlossen sich im Rahmen des Bonner Klimagipfels an – Deutschland und die USA gehören bislang nicht dazu.
Im Rahmen der Klimaschutzgespräche der Vereinten Nationen sagten in der vergangenen Woche fast zwanzig Länder und Regionen den Kohleausstieg ab 2030 zu, darunter Großbritannien, Kanada, Dänemark, Finnland, Italien, Frankreich, die Niederlande, Portugal, Belgien, Schweiz, Neuseeland, Äthiopien, Mexiko, Chile und die Marshallinseln. Sie alle schlossen sich der britisch-kanadischen Initiative „Powering Past Coal Alliance“ an, die für die Abschaffung von Kohle zur Stromerzeugung wirbt. Bis zum kommenden Jahr sollen sich bis zu 50 Länder beteiligen. Zwei Nationen bleiben vorerst außen vor: Die USA und Deutschland – das Gastgeberland des Klimagipfels.
Trump unterstützt Kohlebergbau trotz sinkender Nachfrage
Dass der US-amerikanische Präsident Donald Trump eine Rückkehr der Kohle propagiert, ist bekannt. Die erste Schritte dahin sind getan: Umweltauflagen und die unter seinem Amtsvorgänger Barack Obama erlassenen Richtwerte für Kohlendioxidemissionen sind bereits aufgehoben. Der effektive Kohleverbrauch in den USA ist dessen ungeachtet rückläufig: Zahlreiche Kohlekraftwerke haben in der jüngeren Vergangenheit geschlossen, der Rückgang der Kohlenutzung hinterlässt seine Spuren am Arbeitsmarkt: Nach Angaben der Appalachian Regional Commission sind allein in dieser traditionellen Kohlebergbauregion in den vergangenen sechs Jahren rund 33.500 Arbeitsplätze in der Branche verloren gegangen. Die Instandhaltung der amerikanischen Kohlekraftwerke ist darüber hinaus schlicht unrentabel: Viele der Anlagen sind veraltet und sanierungsbedürftig; Investitionen, welche die Unternehmen angesichts der günstigeren Alternativen wie Erdgas nicht tätigen.
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Alternative Energien erobern die USA
Dagegen erweisen sich Wind- und Solarkraft als am stärksten wachsende alternative Energiequellen in den USA. Auch billiges Erdgas konkurriert erfolgreich mit dem Kohlestrom. Ein Neubau kommerzieller Kohlekraftwerke ist kurzfristig nicht geplant: Amerika setzt auf Gas und erneuerbare Energien. Bis 2018 sollen Windkraftanlagen mit 10 Gigawatt Leistung entstehen. Dazu kommen 2,6 Gigawatt Solarstrom und 38 Gigawatt Erdgas durch neu eröffnete Kraftwerke. Selbst der wichtigste Kohlestromerzeuger des Landes, AEP, investiert in erneuerbare Energien und errichtet für 4,5 Milliarden USD einen riesigen Windpark.
Kohlebedarf sinkt – Kohle-Arbeitsmarkt boomt
Kurioserweise befindet sich, trotz rückläufigem Kohleverbrauchs, der Arbeitsmarkt der Branche im Aufwind. Laut dem Wirtschaftsnachrichtendienst Bloomberg sind die Ursachen für dieses Phänomen komplex. Demnach ist die Kohleproduktion 2016 in den USA angestiegen, nachdem die Kohlepreise sich weltweit im Aufwärtstrend befanden. Aktuelle Ursache war damals eine durch Produktionskürzungen in China hervorgerufenen Verknappung. Anfang diesen Jahres wiederum verursachte der Zyklon Debbie erneut Preisanstiege, nachdem die australische Kohleproduktion als Folge der Naturkatastrophe temporär zurückging. Ein Preisverfall beim Erdgas machte derweil Kohle in den USA als Teil des Strom-Mixes wieder wettbewerbsfähiger. Dennoch ist die Kohleproduktion in den USA seither wieder gesunken.
Deutschland erreicht Initiativenziel nicht
Die Situation in Deutschland stellt sich ein wenig anders dar. Das Land, das mit seinem Kampf gegen CO2-Emissionen weltweit mit gutem Beispiel voran geht, bezieht aktuell immer noch 40% der Energie aus verstromter Kohle. Das ist ein höherer Anteil als in anderen Ländern. Auch in Deutschland ist der Verbrauch von Stein- und Braunkohle langfristig sicherlich rückläufig. Aktuell sind die fossilen Brennstoffe allerdings nach wie vor wichtige Mittel zur Stromerzeugung. Trotz Milliardeninvestitionen in alternative Energien kann Deutschland sein Ziel, 40% der Treibhausemissionen bis 2020 zu reduzieren, vorläufig unmöglich erreichen. Aktuelle Prognosen rechnen mit voraussichtlich nur etwas mehr als 30% Reduktion.
Kanada und Großbritannien betonen wirtschaftliches Potential der Alternativen
Die kanadischen und britischen Behörden üben, wie die Financial Times berichtet, keine Kritik an der Entscheidung der USA und Deutschlands, sich dem Abkommen nicht anzuschließen. Sie betonten vielmehr die wirtschaftlichen Möglichkeiten, die sich aus dem Umstieg in erneuerbare Energien ergeben. So forderte Claire Perry, die britische Ministerin für Klimawandel und Industrie explizit Donald Trump auf, sich am Beispiel anderer Länder zu orientieren und zu sehen, welches Wachstums- und Energiepotential die neuen Energien haben auch im Hinblick auf den Arbeitsmarkt. Ihre kanadische Amtskollegin Catherine McKenna fügte hinzu, dass Kohle kein Comeback erleben würde: Die erneuerbaren Energien würden mit Fortschreiten der Technologie immer preiswerter.
Ihr Nils Glasmacher
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