Liebe Leserinnen und Leser,
während Viking Holdings gestern mit Traumzahlen die Rückkehr der Reiselust feierte, kämpfen anderswo Unternehmer mit den harten Realitäten der Trump’schen Zollpolitik. Von amerikanischen Friseursalons bis zu indischen Shrimp-Farmen – die Schockwellen der neuen Handelspolitik erreichen jeden Winkel der Weltwirtschaft. Und mittendrin: Eine überraschend optimistische Ukraine-Diplomatie, die die Märkte aufhorchen lässt.
Wenn der Anzug den Unterschied macht
Die Bilder aus Washington hätten unterschiedlicher nicht sein können: Wolodymyr Selenskyj im schwarzen Anzug, Donald Trump mit Komplimenten für die Garderobe, beide lächelnd. "Das beste unserer Treffen", verkündete der ukrainische Präsident – ein bemerkenswerter Kontrast zum frostigen Aufeinandertreffen im Februar, als Selenskyjs Militär-Look im Oval Office für Verstimmung sorgte.
War es wirklich nur der Anzug? Oder spüren beide Seiten den wachsenden Druck, nach über drei Jahren Krieg endlich Bewegung in die festgefahrene Situation zu bringen? Trump brachte sogar trilaterale Gespräche mit Putin ins Spiel. NATO-Generalsekretär Rutte sprach von einem "sehr erfolgreichen" Treffen, selbst Russlands Sondergesandter Dmitrijew nannte es einen "wichtigen Tag der Diplomatie".
Die Ölmärkte reagierten prompt: Brent-Crude fiel um 0,4% auf 66,35 Dollar. Die Aussicht auf mögliche Friedensgespräche und damit verbundene Lockerungen der Russland-Sanktionen dämpfte die Preise. Allerdings warnen Analysten vor überzogenem Optimismus – zu viele Knackpunkte bleiben ungelöst, allen voran die Frage der besetzten Gebiete.
Vikings Traumreise durch stürmische Gewässer
Während die Geopolitik für Unsicherheit sorgt, zeigt Viking Holdings, wie Luxus-Konsum trotz allem floriert. Der Kreuzfahrt-Betreiber übertraf im zweiten Quartal alle Erwartungen: 99 Cent bereinigter Gewinn je Aktie statt der prognostizierten 97-99 Cent, dazu ein Umsatzsprung von 18,5% auf 1,88 Milliarden Dollar.
Das Erfolgsrezept? Eine zahlungskräftige Kernkundschaft, die sich von wirtschaftlichen Turbulenzen nicht beirren lässt. CEO Torstein Hagen kann sich über eine Auslastung von 95,6% freuen. Noch beeindruckender: 96% der Kapazitäten für 2025 sind bereits verkauft, für 2026 liegt die Buchungsquote bei 55% – jeweils deutlich über den Vorjahreswerten.
Die Zahlen erzählen eine klare Geschichte: Nach der Pandemie-Durststrecke explodiert die Nachfrage nach hochwertigen Reiseerlebnissen. Vikings bereinigte EBITDA-Marge kletterte um satte 28,5%. Mit 2,6 Milliarden Dollar Cash in der Kriegskasse ist das Unternehmen bestens positioniert für weiteres Wachstum.
Der Zoll-Schock: Wenn Haarverlängerungen zum Luxusgut werden
Jetzt der harte Schnitt zur anderen Seite des amerikanischen Traums. In Smyrna, Georgia, kämpft Dajiah Blackshear-Calloway um ihr Geschäft. Die 34-jährige Salonbesitzerin sieht ihre Stammkunden immer seltener. Der Grund: Trumps Zölle auf China und Vietnam haben die Preise für Haarverlängerungen und -kleber explodieren lassen.
Ein Paket Haar aus Vietnam? Von 190 auf 290 Dollar gestiegen. Haarkleber aus China? Von 8 auf 15 Dollar pro Flasche. "Wir werden auf jeder Ebene getroffen", klagt Blackshear-Calloway. Ihre Lösung: Kundinnen sollen ihr eigenes Haar mitbringen. Ein Quick Weave ohne Material kostet jetzt 140 Dollar, mit Haar springt der Preis auf 400 Dollar.
Die Geschichte wiederholt sich quer durch die USA. Diann Valentine, Gründerin von Slayyy Hair, starrte fassungslos auf eine Rechnung über 300.000 Dollar – Zollgebühren für 26.000 Einheiten Flechthaare im Hafen von Los Angeles. Vier Mitarbeiter musste sie bereits entlassen, arbeitet nun 16-Stunden-Tage, um zu kompensieren.
André Perry vom Brookings Institution bringt es auf den Punkt: "Viele schwarze Unternehmer starteten mit weniger Kapital." Die Zölle treffen sie überproportional hart, besonders in margenschwachen Bereichen wie Beauty-Produkten. Ein perfekter Sturm aus Handelspolitik und struktureller Ungleichheit.
Indiens Shrimp-Farmer im Überlebenskampf
Die Zoll-Dominoeffekte erreichen auch Indiens Südküste. V. Srinivas aus dem Dorf Veeravasaram überlegt, nach 20 Jahren aus dem Shrimp-Geschäft auszusteigen. Trumps 50%-Zolldrohung hat die Exporteure gezwungen, ihre Preise an die Farmer um 20% zu kürzen. "Diese Preise bringen mir keine Gewinne mehr", sagt der 46-Jährige, der bereits sein Familiengrundstück verpfändet hat und auf 45.800 Dollar Schulden sitzt.
Die Zahlen sind ernüchternd: Indien exportierte letztes Jahr Meeresfrüchte für 7,4 Milliarden Dollar, 40% davon waren Shrimps. Die USA sind der wichtigste Abnehmer, beliefern Ketten wie Walmart und Kroger. Doch während Indien bereits unter 25% Zoll ächzt (plus weitere 25% ab 27. August als Strafe für russische Ölkäufe), zahlt Konkurrent Ecuador nur 15%.
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Von 300.000 Shrimp-Farmern in Andhra Pradesh denkt die Hälfte über einen Ausstieg nach. Die Alternative? Fischzucht, Gemüsehandel, irgendetwas anderes. Ecuador beobachtet die Situation genau. "Indien ist in den USA so konzentriert wie wir in China", sagt José Antonio Camposano von Ecuadors Aquakultur-Kammer. "Da könnten wir Boden gutmachen."
Japans Zinswende: Zu spät für den Yen?
Ein Szenenwechsel nach Tokio, wo der erfahrene Politiker Taro Kono ungewöhnlich deutliche Worte findet. Japan müsse die Zinsen erhöhen und seine Finanzen in Ordnung bringen, um den schwachen Yen zu stärken, der Inflation anheizt und Haushalte belastet. "Die Zinserhöhungen kommen bereits zu spät", kritisiert der ehemalige Außenminister.
Die Bank of Japan hob die Zinsen im Januar auf 0,5% – nach einem Jahrzehnt der Nullzinspolitik. Kono fordert mehr: Japan brauche eine neue wirtschaftliche Rahmenordnung, die "Abenomics" ersetzt. Der schwache Yen, einst Segen für Exporteure, sei nun zur Wurzel einer lähmenden Inflation geworden.
Seine Diagnose trifft einen Nerv. Während Notenbankchef Kazuo Ueda wegen möglicher US-Zölle zur Vorsicht mahnt, leiden Rentner und Unternehmen unter steigenden Importkosten. Ein klassisches Dilemma: Zu schnelle Zinserhöhungen könnten die Wirtschaft abwürgen, zu langsame den Yen weiter schwächen.
Blick nach vorn: Jackson Hole und die große Zinsfrage
Diese Woche richtet sich der Fokus auf Jackson Hole, wo Fed-Chef Jerome Powell am Donnerstag zur Wirtschaftslage sprechen wird. Die Märkte preisen zu 83,6% eine Zinssenkung um 25 Basispunkte im September ein. Heute spricht zunächst Fed-Gouverneurin Michelle Bowman – eine der beiden Dissidenten, die bei der letzten Sitzung für eine Senkung stimmten.
In Deutschland steht morgen die Auktion 5-jähriger Bundesanleihen an. Die EZB beobachtet derweil genau, wie sich die US-Geldpolitik entwickelt. Jede Fed-Bewegung hat das Potenzial, den Euro-Dollar-Kurs zu verschieben und damit die Importpreise in der Eurozone zu beeinflussen.
Die Earnings-Saison geht weiter: Home Depot enttäuschte heute mit einem Gewinn von 4,68 Dollar je Aktie (erwartet: 4,72 Dollar), während Palo Alto Networks mit starken KI-getriebenen Cybersecurity-Zahlen überzeugte. Die unterschiedlichen Performances zeigen: Die Zweiklassengesellschaft an den Märkten verfestigt sich.
Was bleibt?
Die Welt sortiert sich neu. Während Luxus-Kreuzfahrten boomen und Tech-Aktien von KI-Fantasien beflügelt werden, kämpfen kleine Unternehmer mit den harten Realitäten protektionistischer Politik. Von amerikanischen Beauty-Salons bis zu indischen Shrimp-Farmen – die neue Handelspolitik schafft klare Gewinner und Verlierer.
Die vorsichtig optimistischen Töne aus Washington zur Ukraine mögen die Ölpreise drücken, doch der Weg zum Frieden bleibt steinig. Und während Japan über das Ende seiner Niedrigzins-Ära debattiert, warten alle auf Signale aus Jackson Hole.
In dieser Gemengelage bleibt nur eine Gewissheit: Die alten Regeln gelten nicht mehr. Wer heute erfolgreich investieren will, muss flexibel bleiben und die neuen geopolitischen Realitäten einpreisen. Die Märkte honorieren derzeit vor allem eines: Anpassungsfähigkeit.
Bleiben Sie wachsam – und lassen Sie sich von der Komplexität nicht entmutigen. Manchmal liegt gerade in der Unübersichtlichkeit die größte Chance.
Ihr Eduard Altmann
P.S.: Morgen werfen wir einen genaueren Blick auf die deutschen Anleiheauktionen und was sie über die Stimmung am Bondmarkt verraten. Außerdem: Warum die Schweizer Immobilienaktien trotz höherer Leerstände eine Überraschung bereithalten könnten.
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