Lebensversicherungen – Der Fisch stinkt!

Die Versicherungsbranche steht unter Druck. Das noch immer vorherrschende Niedrigzinsumfeld belastet die Deckung und auch Solvency II macht sich bemerkbar. Es sind harte Zeiten für die Branche, deren Streben nach Run Off Lösungen vor diesem Hintergrund mehr als nur verständlich sind. Die Branche ist in ihrem verzweifelten bestreben Solvency II zu erfüllen vereint.

 

Was beinhaltet Solvency II

Die Richtlinie Solvency II beinhaltet Regelungen hinsichtlich des Risikomanagements, der Eigenmittelausstattung und den Publikationspflichten. Diese drei Säulen ähneln dem Basel II Regelwerk.

Die drei Säulen:

  1. Mindestkapitalanforderungen und Solvabilitätskapitalanforderung
  2. Erhöhte Anforderungen an die Qualität des Risikomanagementsystem
  3. verschärfte Berichtspflichten gegenüber den Aufsichtsbehörden und öffentlichen Angaben

 

Es gibt jedoch ein kleines Hintertürchen für die Unternehmen der Versicherungsbranche.

Die Solvabilitätskapitalanforderung (SCR), eine Sollgröße für das Eigenkapital, wird nach Solvabilität II mit Hilfe der sogenannten Standardformel oder eines internen Modells berechnet. Die Firmen können ihrer speziellen Situation angepasste Modelle genehmigen lassen; tun sie dies nicht, haben sie die im Folgenden betrachtete Standardformel anzuwenden: – Quelle: Wikipedia

Neben der Einbringung eigener interner Modelle gibt es weitere auf 16 Jahre ausgelegte Übergangsregelungen. Das bedeutet das Solvency II erst im Jahr 2032 voll in Kraft tritt. Egal wie, weiter soll uns Solvency II im gesamten hier nicht interessieren.

 

Mindestkapitalanforderungen Grund für die Run Off Bestrebungen

Ende März schrieb ich zum Thema Solvency und Run Off Gesellschaften folgendes:

Als einer der Gründe wird die erhöhte Eigenkapitalanforderung von Solvency II angeführt, die sehr viel Kapital bindet, dass sonst besser verwendet werden könnte.

Es scheint so, als wäre ein Rennen darüber ausgebrochen, wer als erstes seine Altlasten entsorgen kann. Ein Phänomen, dass schon in anderen Branchen aufgetreten ist. Vor der Great Financial Crisis stießen manche, gut informierte Banken ihre strukturierten Kreditportfolios ab, während andere der Meinung waren, dass es sich dabei noch um ein gutes Geschäft handelt. Das Ende von Bear Stearns, Lehman, IKB, etc. ist bekannt.

Misstrauisch machen auch die verschiedenen Dienstleister, die in letzter Zeit vermehrt in Erscheinung treten. Dazu kann man auf Versicherungswirtschaft-Heute lesen:

Externe Plattformen, die inzwischen wie Pilze aus der Erde schießen, sich schönreden und auf das große Geschäft spekulieren, stehen bereit, um das Geschäft abzuwickeln. Es fällt auf, dass in den letzten Wochen immer mehr Experten das neue Geschäftsmodell als höchst profitabel preisen und dessen Vorzüge auch oder gerade für die Kunden hervorheben.

Irgendetwas ist beim Produkt nicht in Ordnung, wenn sich die Anbieter davon möglichst distanzieren wollen.

Im Januar schrieb ich zu dem Thema, dass bei den Lebensversicherungen alles in Ordnung sei folgendes:

Der Grundtenor des Versicherungsverbandes und der Politik ist, dass alles in Ordnung ist und die Aufsicht ihren Job macht. Die Aufsicht ihren Job macht? Etwa so wie vor der Finanzkrise? Hoffen wir mal das hier die richtigen Lektionen gelernt wurden.

Der Chef der BaFin wurde am gestrigen Abend auch zitiert mit der Aussage, dass es in der Branche „Pappenheimer“ gibt, um die man sich in „Manndeckung“ kümmere.

Die FAZ hat den Braten gerochen. Sie schloss aus dem gestrigen Diskussionsverlauf, dass die Nerven auf Seiten der Politik und der Lebensversicherer blank liegen und die Lage wesentlich beklemmender ist, als sie dargestellt wird.

Und erneut hat die FAZ ein Schmankerl aufgetan. Gabriel Bernardino war am letzten Dienstag im Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten zu Gast. Gabriel Bernardino ist der Präsident des EIOPA, der Europäischen Versicherungsaufsicht, ein guter Grund genauer zuzuhören.

Crash der Lebensversicherungen?

 

Kommentar zu den Deutschen Lebensversicherern

Er äußerte sich der FAZ zufolge zuerst positiv über die Deutschen Lebensversicherer, die in seinen Augen insgesamt in einer stabilen Verfassung seien. Doch dann kam der Hammer:

„Es gibt eine Reihe von Unternehmen in Deutschland, die ohne Übergangsregeln insolvent wären. … Ich kann nicht ausschließen, dass es Situationen geben könnte, in denen Unternehmen vor Schwierigkeiten stehen.“ Quelle: FAZ

Die Aussage Bernardinos kann man ganz einfach übersetzen:

Nach den Regeln die vor Insolvenz schützen sollen, sind sie insolvent. Daher wurden die Regeln eben geändert.

So lässt sich das Streben nach Run Off Lösungen besser verstehen, denn die Mindestkapitalanforderungen sind es, die die Branche dazu treiben. Den Aussagen des EIOPA Präsidenten zufolge sind sie ja auch insolvent und die Run Offs sind wohl damit eher eine Art verkappter Fire Sale an irgendwelche Zweckgesellschaften, die dazu dienen sollen, die Risiken aus der Bilanz zu entfernen.

Welch blendende Aussichten die Branche doch hat. Der Fisch stinkt vom Kopf her und alles erinnert irgendwie an die Banken in der Zeit vor der GFC.

 

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