Liebe Leserinnen und Leser,
320 Milliarden Dollar Marktkapitalisierung – so viel steht bei Nvidia auf dem Spiel, wenn heute Abend die Quartalszahlen veröffentlicht werden. Doch während alle Augen auf den KI-Chip-Giganten gerichtet sind, vollziehen sich an den Märkten bereits jetzt bemerkenswerte Verschiebungen. Warren Buffetts Berkshire Hathaway hat erstmals massiv bei Alphabet zugegriffen und damit rund 4,9 Milliarden Dollar in die Google-Mutter investiert – die Aktie schoss daraufhin um sechs Prozent auf ein neues Allzeithoch. Gleichzeitig signalisiert Micron höhere Investitionen, Gold durchbricht die 4.100-Dollar-Marke, und der Ölpreis gibt deutlich nach. Was auf den ersten Blick wie ein normaler Handelstag aussieht, offenbart bei genauerem Hinsehen: Die großen Player positionieren sich neu.
Buffetts Alphabet-Coup: Wenn Legenden ihre Meinung ändern
Die Nachricht schlug gestern ein wie eine Bombe: Berkshire Hathaway hat im dritten Quartal eine neue Position bei Alphabet aufgebaut – im Wert von etwa 4,9 Milliarden Dollar. Für Warren Buffett, der Tech-Aktien traditionell skeptisch gegenübersteht, ist das ein bemerkenswertes Signal. Die Reaktion ließ nicht auf sich warten: Alphabet-Aktien stiegen um sechs Prozent und markierten ein neues Rekordhoch.
Was macht Alphabet für das Orakel von Omaha so attraktiv? Zum einen präsentierte Google mit Gemini 3 gestern ein KI-Modell, das nicht nur schneller und vielseitiger arbeitet als seine Vorgänger, sondern auch deutlich interaktiver. Analysten bescheinigen dem neuen Chatbot „herausragende Benchmark-Ergebnisse“ – und das zu einem Zeitpunkt, an dem OpenAIs GPT-5 trotz guter Leistung auf gemischte Reaktionen stößt. Zum anderen könnte die EU-Kommission das europäische KI-Gesetz abschwächen, was den regulatorischen Druck auf Tech-Konzerne verringern würde.
Für deutsche Anleger ist Buffetts Schachzug ein Wink mit dem Zaunpfahl: Während viele noch über die Bewartungen der Magnificent Seven diskutieren, setzt einer der erfolgreichsten Investoren der Geschichte auf genau diese Unternehmen. Die Botschaft: Qualität hat ihren Preis – und manchmal lohnt es sich, diesen zu zahlen.
Micron unter Druck: Wenn Wachstum teuer wird
Während Alphabet jubelt, kämpft Micron mit den Erwartungen. Auf der RBC Capital Markets Konferenz in New York signalisierte CFO Mark Murphy gestern, dass die aktuellen Kapitalausgaben von 18 Milliarden Dollar unter Druck geraten werden. Grund sind mehrjährige Kundenverträge und eine anhaltende Marktenge, die voraussichtlich über 2026 hinaus anhalten wird. Die Aktie verlor daraufhin ein Prozent.
Das Paradoxe: Technologisch steht Micron nach Aussage von CTO Scott DeBoer „in der stärksten Position seiner Geschichte“. Die Gamma-Node-Technologie läuft ausgereift, 3D-DRAM ist marktführend, und bei PCI Gen 6 liegt das Unternehmen erstmals an der Spitze. Auch der HBM4-Speicher soll im zweiten Quartal ausgeliefert werden, mit einer Produktionshochlauf in der zweiten Jahreshälfte.
Doch die Investoren blicken weniger auf die Technologie als auf die Kosten. Höhere Kapitalausgaben bedeuten kurzfristig Druck auf die Margen – auch wenn Murphy betonte, dass man „extrem diszipliniert“ bei Investitionen bleibe. Immerhin: Die Cashflows verbessern sich deutlich, und das Unternehmen rechnet damit, in naher Zukunft eine Netto-Cash-Position zu erreichen. Für Anleger ist das ein klassischer Zielkonflikt: Kurzfristige Belastungen gegen langfristige Wettbewerbsfähigkeit abwägen.
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Gold glänzt, Öl schwächelt: Die Flucht in Sicherheit
Während die Tech-Welt zwischen Hoffnung und Skepsis schwankt, vollzieht sich an den Rohstoffmärkten eine bemerkenswerte Bewegung. Gold stieg gestern um 0,94 Prozent auf über 4.106 Dollar je Feinunze – der höchste Stand seit Wochen. Anleger suchen offenbar Zuflucht vor der Unsicherheit rund um die Nvidia-Zahlen und die verzögerten US-Arbeitsmarktdaten, die nach der längsten Regierungsschließung der US-Geschichte nun endlich veröffentlicht werden.
Ganz anders das Bild bei Öl: Die Nordseesorte Brent fiel um 2,16 Prozent auf 63,49 Dollar je Barrel, WTI gab um 2,3 Prozent auf 59,34 Dollar nach. Auslöser waren Berichte über eine neue US-Initiative zur Beendigung des Ukraine-Kriegs. US-Sondergesandter Steve Witkoff führt offenbar getrennte Gespräche mit Russland und der Ukraine, und hochrangige US-Militärs sind bereits in der Region eingetroffen. Die Märkte spekulieren auf eine mögliche Entspannung – mit direkten Auswirkungen auf die Energiepreise.
Für deutsche Verbraucher könnte das doppelt positive Folgen haben: Nicht nur der Ölpreis sinkt, auch der Gaspreis gab um zwei Prozent nach. Eine Megawattstunde zur Dezember-Lieferung kostete gestern nur noch 31 Euro – das entspricht Verbraucherpreisen von etwa acht bis neun Cent pro Kilowattstunde. Die Entlastung kommt zur rechten Zeit, auch wenn die geopolitischen Risiken weiterhin hoch bleiben.
DAX zwischen Hoffnung und Realität
Der deutsche Leitindex beendete den Handelstag gestern mit einem Mini-Plus von 0,1 Prozent bei 23.163 Punkten – ein schwacher Trost nach den Verlusten der Vortage. Die Anleger bleiben „hin- und hergerissen zwischen den unter Liebesentzug großer Investoren leidenden US-Big-Techs und milliardenschweren Investitionen wie von Warren Buffetts Berkshire Hathaway“, kommentierte Christine Romar von CMC Markets.
Während BASF, Daimler Truck und Heidelberg Materials zu den Gewinnern zählten, bildeten Rheinmetall-Aktien das Schlusslicht. Der Rüstungskonzern kämpft mit Verzögerungen bei einem möglichen Milliardenauftrag der Bundeswehr für sechs Hightech-Fregatten – ein Deal, der ursprünglich noch vor Weihnachten erwartet wurde. Die Unsicherheit belastet den Kurs, auch wenn Analysten dem Unternehmen langfristig gute Chancen einräumen.
Der Euro gab derweil den vierten Tag in Folge nach und fiel auf 1,1547 Dollar – den tiefsten Stand seit etwa einer Woche. Die Dollar-Stärke reflektiert wachsende Zweifel an einer weiteren Zinssenkung der Fed im Dezember. Die Chancen dafür stehen laut CME FedWatch Tool derzeit bei 50:50.
Was heute zählt
Alle Blicke richten sich heute Abend auf Nvidia. Die Quartalszahlen des KI-Chip-Giganten gelten als Lackmustest für den gesamten Tech-Sektor. Analysten erwarten ein Umsatzwachstum von über 50 Prozent – doch die Märkte sind nervös. Jede Enttäuschung, jeder Hinweis auf nachlassende Nachfrage könnte eine Kettenreaktion auslösen.
Parallel dazu werden heute die Minuten der letzten Fed-Sitzung veröffentlicht. Sie könnten Aufschluss darüber geben, wie die Notenbanker über weitere Zinssenkungen denken – ein entscheidender Faktor für die Märkte. Und morgen folgen die mit Spannung erwarteten US-Arbeitsmarktdaten für September, die nach der Regierungsschließung endlich nachgeliefert werden.
Eines wird klar: Die Märkte befinden sich in einer Übergangsphase. Buffetts Alphabet-Einstieg zeigt, dass selbst Skeptiker die Chancen der Tech-Giganten erkennen. Gleichzeitig mahnen die Reaktionen auf Microns Investitionspläne zur Vorsicht – Wachstum hat seinen Preis. Und während Gold glänzt und Öl fällt, warten Anleger auf die Signale, die ihnen die Richtung für die kommenden Wochen weisen.
Bleiben Sie informiert und besonnen,
Ihr Andreas Sommer


