Oft genug kommen Experten mit Ideen um die Ecke, die nicht haltbar, wenig durchdacht oder auch zu kompliziert sind. Dabei zeichnen sich gute Ideen wie der Partizipalismus vor allem durch Einfachheit und Berechenbarkeit aus.
Geldschöpfung im Kapitalismus
Wie schon oft in diesem Blog thematisiert, wird Geld in unserem System vor allem per Giralgeldschöpfung geschaffen. Seit ein paar Jahren nun werden allerdings auch die Notenbanken deutlich aktiver bei der Schöpfung des Geldes. Allerdings haben diese Vorgänge (wie ebenfalls schon öfter hier im Blog thematisiert) alle die Eigenschaft, eine Schuld zu hinterlassen. Um es kurz zu sagen, erst wenn jemand einen Kredit erhält, entsteht neues Geld. Erneut verweise ich auf den Text „Fiat aeh was?“ des Kollegen ORBP um nicht unnötig Fakten zu wiederholen.
Ohne neue Geldschöpfung kann es in einem System wie dem unseren keine positive Nettogewinnerwartung in Unternehmen geben. Dafür muss man sich nur ein System vorstellen, in dem die Geldmenge festgelegt ist und das Geld verteilt wurde. Früher oder später stehen die Privaten oder die Firmen im Schnitt mit leeren Taschen da. Dabei kann es natürlich Einzelnen gelingen, zu den Gewinnern zu gehören, aber im Saldo ist dieses nicht möglich. Erst durch die Ausweitung der Geldmenge entstehen Möglichkeiten für mehrere Wirtschaftssubjekte per Saldo einen positiven Ertrag zu generieren.
Daher lebt unser Schuldgelssystem schon lange von der Beleihung unserer Erwartungen der nächsten Monate und Jahre. Im Privatsektor in Form des Gehaltes und bei den Firmen in Erwartung der künftigen Gewinne.
Dabei werden Kreditverbindlichkeiten aufgenommen, die eine sofortige Ersparnis (in Unternehmen wäre es ein zusätzlicher Gewinn) in voller Höhe der Summe erzeugen. Diese werden dann aber erst über Jahre zurückgeführt. Solange alle dieses „Spiel“ spielen und sich verschulden und die Löhne in der Tendenz steigen (nur so kann eine Neuverschuldung überhaupt ermöglicht werden), kann das System ohne große Verzerrungen laufen.
Kommt an einer Stelle nun ein Problem auf, kommt es regelmäßig zum Desaster. Auch wenn viele Marktteilnehmer im Glauben verhaftet sind, dass es an dieser Stelle nur einer zusätzlichen Regulierung bedarf, um Krisen zu verhindern, sollte hier ganz klar festgestellt sein, dass diese Krisen zum aktuellen kapitalistischen System dazu gehören und unvermeidbar sind. Einzig ihre Ausprägung und der Kanal, in dem die Energie entweicht, könnte durch Regulierung „gelenkt“ werden.
Gibt es eine Lösung für das Grundproblem im Kapitalismus?
Doch wie könnten wir uns nun aus der aktuellen Lage befreien? Dazu sollte es Prämissen geben, die den Vorschlag praktikabel werden lassen. Nur so könnte es tatsächlich klappen, das System umzugestalten, ohne auf all zu große Ablehnung zu stoßen. Dazu sollten konkrete Vorschläge so wenig Änderungen wie möglich verursachen.
Vorschläge wie die Abschaffung von Notenbanken oder ähnlichem sind damit automatisch nicht praktikabel. Auch eine deutlich höhere Besteuerung des Kapitals, um der Ungleichverteilung zu begegnen, ist damit (leider) wenig aussichtsreich. Wie kann also eine leichte Umverteilung ohne großen Widerstand gelingen? Die Antwort ist nicht neu, es geht um das Helikoptergeld. Doch wie erzeugen wir dieses nun, ohne die Notenbankbilanz in Probleme zu stürzen?
Der aktuelle Weg der Notenbanken ist nicht sinnvoll, da eben wieder Schuldverhältnisse im Rahmen der QE Maßnahmen geschaffen werden, die theoretisch irgendwann getilgt werden müssten. Nein, hier weichen wir nun in die Hoheit des Staates aus, vertreten durch das Bundesministerium der Finanzen. Natürlich bringt es nichts, einfach Geld zu verteilen, welches durch neue Staatsanleihen besorgt wird. Dieser Umstand kann zwar theoretisch angewandt werden, nicht allerdings in Zeiten, in denen sich die Wirtschaftssubjekte Sorgen über die weltweite Tragfähigkeit der Schulden machen. Außerdem würde dieser Weg, je nach aktueller Verzinsung der Staatsanleihen den Weg zu neuer Vermögenskonzentration eröffnen. Nein, wir gehen den Weg über das Münzregal.
Gelddrucken ja, aber „richtig“!
Der Bund hat das Recht (nach Genehmigung durch die EZB) Münzen auszugeben. Dabei gibt es verschiedene Arten von Münzen, die Umlaufmünzen (1 Eurocent bis 2 Euro Nennwert) und die Gedenkmünzen (5 Euro – 200 Euro Nennwert). Im Normalfall nimmt der Bund durch die Ausgabe von Münzen Geld ein, da er diese in Umlauf bringt und nur die Produktionskosten tragen muss. Diese Einnahmen nennt man Münzgewinn.
Dieser Münzgewinn ist bei der Ausgabe von hohen Nennwerten natürlich sehr groß, denn die Produktionskosten sind überschaubar. Einzig der Edelmetallgehalt sollte nicht zu hoch sein. Der Staat könnte nun also ein Konjunkturprogramm auflegen und echte Kaufkraft schaffen. Dazu muss er Münzen zu den Selbstkosten erschaffen und an die Bevölkerung verteilen.
Diesen Vorgang nenne ich Partizipalismus. Jeder deutsche Bundesbürger, der sein 18. Lebensjahr im Jahre 2017 vollenden wird, sollte vom Staat eine 200 Euro „Finanzkrisengedenkmünze“ erhalten. Dieser Schritt wird dann jedes Jahr wiederholt. Was würden wir durch diesen Schritt erreichen?
Die Auswirkungen des Partizipalismus
Auf den ersten Blick erkennbare positive Effekte wären:
- Schaffung höherer Kaufkraft als Schuldverhältnis, da der Staat nur neue Schuld in Höhe der Kosten für die Prägung aufbringen muss
- Ein Konjunkturprogramm, welches direkt durch die Konsumenten gelenkt wird. Daher sind Fehlinvestitionen direkter Staatsprogramme unwahrscheinlicher
- Eine sanfte Umverteilung durch den Partizipalismus ohne Steuersenkungen (200 Euro haben für den Millionär einen anderen Stellenwert als für den Geringverdiener und Steuersenkungen sind leichter durchzuführen als Erhöhungen und daher schwer zurück zu nehmen)
- Eine Erhöhung des allgemeinen Preisniveaus
- Eine Verstetigung der Gewinnerwartung von Unternehmen auch ohne neue Verschuldung und dadurch bedingte Zunahme von Investitionen
- Arbeitsplatzerhalt und evtl. sogar Schaffung
- Eine genauere Lenkbarkeit der Inflation in der Eurozone durch den Partizipalismus, da die Gedenkmünze nur im betreffenden Land als Zahlungsmittel zugelassen werden muss (im Gegensatz zu den Umlaufmünzen)
- Ein deutlich besserer Schutz vor Finanzkrisen trotz des weiterhin bestehenden Schuldgeldsystems
- Sehr wenige Änderungen durch den Gesetzgeber, daher praktikabel Ende des Wachstumszwangs für einen Erhalt des Systems
Auf den ersten Blick erkennbare negative Effekte wären:
- Eine unvernüftig hohe Ausgabe von diesen Münzen, würde die Inflation stark anheizen
Inflation? Deflation? Konfusion! – Geldpolitik aus einer anderen Perspektive
Fazit
Jeder Schritt in einem komplexen System hat auch Auswirkungen, die nicht schon vorher sichtbar sind. Es liegt mir daher fern zu behaupten, dass dieser Vorschlag perfekt wäre. Und doch erkenne ich in ihm deutliches Potenzial zur Krisenbewältigung. Der Kapitalismus kann dauerhaft nur funktionieren, wenn Menschen auch wieder partizipieren können und Zuversicht beim Blick in die Zukunft empfinden. Es wird Zeit, diese Zuversicht zurück zu bringen.
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