PayPal, Tesla & Thyssenkrupp: Wenn alte Riesen plötzlich wieder tanzen
Liebe Leserinnen und Leser,
manchmal sind es gerade die totgesagten Aktien, die für die größten Überraschungen sorgen. Während die Märkte gebannt auf die morgige Fed-Entscheidung starren, spielen sich heute faszinierende Comebacks und überraschende Wendungen ab. PayPal wagt einen kühnen Krypto-Vorstoß, Tesla erlebt eine bemerkenswerte Renaissance, und bei Thyssenkrupp klopft plötzlich ein indischer Stahlmagnat an die Tür. Dazu explodiert der Goldpreis auf neue Rekorde – ein Warnsignal oder nur der Anfang?
PayPal: Der schlafende Riese erwacht
Die PayPal-Aktie hat ein brutales Jahr hinter sich – minus 20 Prozent seit Januar. Doch jetzt zeigt der Zahlungsdienstleister, dass er noch lange nicht zum alten Eisen gehört. Mit „PayPal Links“ startet das Unternehmen eine kleine Revolution im Peer-to-Peer-Zahlungsverkehr. Nutzer können künftig über personalisierte Links Geld versenden – und das Beste kommt noch: Bitcoin, Ethereum und Stablecoins werden direkt integriert.
Was nach einem verzweifelten Versuch klingt, an den Krypto-Hype anzudocken, ist in Wahrheit ein cleverer Schachzug. PayPal verbindet seine 400 Millionen Nutzer weltweit mit der Krypto-Welt – und das ohne komplizierte Wallet-Adressen oder technisches Gefummel. Die Integration mit Google würde zusätzliche Reichweite bringen, auch wenn die Details hier noch unklar sind.
Für deutsche Anleger besonders interessant: Die Expansion nach Europa ist bereits angelaufen. Noch diesen Monat sollen Großbritannien und Italien folgen, Deutschland dürfte nicht lange auf sich warten lassen. Die Frage ist nur: Reicht das, um die Aktie aus ihrem Dornröschenschlaf zu wecken?
Tesla: Vom Sorgenkind zum Börsenstar
Noch im April lag Tesla am Boden. Schwache Absatzzahlen, der erste Quartalsverlust seit Jahren, dazu Elon Musks politische Eskapaden – die Aktie war um 40 Prozent eingebrochen. Doch was dann geschah, liest sich wie ein Lehrbuchbeispiel für eine Trendwende.
Seit den April-Tiefs hat sich der Kurs um satte 85 Prozent erholt. Musk selbst kaufte am Freitag Tesla-Aktien im Wert von einer Milliarde Dollar – ein deutliches Vertrauenssignal. Die Wall Street feiert die Aktie wieder, und tatsächlich: Mit einem Plus von 1,5 Prozent gehört Tesla heute zu den Tagesgewinnern.
Was ist passiert? Die Antwort liegt paradoxerweise in Trumps Politik. Die angekündigten Zölle könnten Tesla zum großen Gewinner machen – als einziger relevanter E-Auto-Hersteller mit massiver US-Produktion. Während deutsche Autobauer zittern, könnte Tesla seine Marktposition in Amerika zementieren. Ein Szenario, das vor einem Jahr noch undenkbar schien.
Thyssenkrupp: Indische Hochzeit statt deutscher Tristesse?
Die Meldung schlug ein wie eine Bombe: Der indische Stahlgigant Jindal Steel will Thyssenkrupp Steel komplett übernehmen. Die Aktie explodierte förmlich – plus 4,4 Prozent an einem ansonsten schwachen Tag. Für einen Konzern, der gerade 11.000 Stellen abbauen will, kommt das Angebot zur rechten Zeit.
Jindal verspricht das, wovon deutsche Stahlkocher träumen: Zwei Milliarden Euro für die grüne Transformation, Zugang zu Eisenerz aus Afrika und eine wasserstofffähige Anlage in Oman. Das klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Doch die Inder meinen es ernst – sie betreiben bereits Stahlwerke auf drei Kontinenten und erwirtschaften mit 22 Prozent EBITDA-Marge traumhafte Renditen.
Die IG Metall zeigt sich überraschend offen, die Politik ebenfalls. Nach dem gescheiterten Versuch mit Tata Steel 2019 könnte es diesmal klappen. Für Anleger stellt sich die Frage: Ist das der Befreiungsschlag für Thyssenkrupp oder nur eine weitere Episode im endlosen Stahl-Drama?
Gold durchbricht alle Schranken
Während sich alle auf Aktien und Krypto stürzen, vollzieht sich beim Gold eine stille Revolution. 3.703 Dollar kostete die Feinunze heute zwischenzeitlich – neuer Rekord. Seit Jahresbeginn sind das plus 40 Prozent. Zum Vergleich: Bitcoin schaffte „nur“ 22 Prozent, der DAX magere 19 Prozent.
Die Logik dahinter ist bestechend: Morgen senkt die Fed vermutlich die Zinsen, möglicherweise sogar um 0,5 Prozentpunkte. Niedrigere Zinsen machen Gold attraktiver, da Anleihen dann weniger abwerfen. Dazu kommen geopolitische Spannungen und die Angst vor einer Rezession. Gold als „Krisenwährung“ erlebt seine Renaissance.
Besonders pikant: Während Citigroup vor einem Ethereum-Rückgang auf 4.300 Dollar warnt (was die Analysten übrigens als Kursziel, nicht als „Crash“ bezeichnen), explodiert das analoge Gold. Ist das die Rache der Traditionalisten an der Krypto-Generation?
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Apropos Megatrends: Während Gold und Krypto gegeneinander antreten, wird im Hintergrund der Chip-Sektor zum eigentlichen Taktgeber des 21. Jahrhunderts. Milliardenprogramme in den USA, Europa und China befeuern einen Wettlauf um technologische Vorherrschaft – und einzelne Aktien könnten davon besonders profitieren. Ich habe mir dazu eine Analyse angeschaut, die spannend aufzeigt, welche europäische Tech-Firma jetzt schon als „neue Nvidia“ gehandelt wird. Wer sich tiefer einlesen möchte, findet den detaillierten Report hier: Die neue Nvidia – Report abrufen.
ProSieben: Wenn die Luft ausgeht
Nicht alle Geschichten enden heute positiv. ProSiebenSat.1 kassierte eine deftige Gewinnwarnung – der Werbemarket bleibt schwach, die Prognose wurde drastisch gesenkt. Statt 520 Millionen Euro EBITDA werden es nur noch 420 bis 470 Millionen. Die Aktie stürzte um fast 4 Prozent ab.
Das Timing könnte kaum schlechter sein. Gerade erst hat die italienische MFE den Sender übernommen, die Aktie hatte sich erholt. Doch die deutsche TV-Landschaft bleibt ein Minenfeld. Streaming-Dienste graben den klassischen Sendern das Wasser ab, die Werbekunden sparen. Für Anleger ist das eine klare Warnung: Manche Geschäftsmodelle sind einfach nicht mehr zu retten.
Morgen wird spannend: Die Fed entscheidet über die Zinsen, und die Märkte dürften nervös reagieren. Schaeffler präsentiert ehrgeizige Ziele für die E-Auto-Sparte, und bei D-Wave rumort es nach den jüngsten Insiderverkäufen. Bleiben Sie wachsam – in Zeiten wie diesen trennt sich die Spreu vom Weizen besonders schnell.
Ihr Andreas Sommer