Die Digitalisierung des Gesundheitswesens hat den Kampf der beiden Online-Apotheken-Riesen Redcare Pharmacy und DocMorris auf eine neue Stufe gehoben. Während das elektronische Rezept in Deutschland beiden Unternehmen Rückenwind verleiht, zeigen sich deutliche Unterschiede in Tempo und Strategie.
Redcare Pharmacy, ehemals Shop Apotheke Europe, brillierte zuletzt mit beeindruckenden Wachstumszahlen und operativer Stärke. DocMorris hingegen steckt mitten in einer radikalen Transformation mit kompromissloser Deutschland-Fokussierung. Doch die jüngsten Entwicklungen werfen neue Fragen auf: Bei Redcare sorgte der überraschende Rücktritt von Finanzvorstand Jasper Eenhorst Ende September für Unruhe unter Anlegern. DocMorris kämpft derweil mit enttäuschenden Wachstumszahlen, die Analysten zu Prognosesenkungen zwangen. Welcher der beiden Kontrahenten hat nun die besseren Karten für die digitale Zukunft?
Geschäftsmodell: Breite gegen Fokus
Oberflächlich betrachtet gleichen sich Redcare und DocMorris wie ein Ei dem anderen. Beide verkaufen rezeptfreie und verschreibungspflichtige Medikamente sowie Kosmetik über ihre Online-Plattformen. Der Teufel steckt jedoch im Detail der strategischen Ausrichtung.
Redcare Pharmacy spielt auf der europäischen Bühne und ist in sieben Ländern präsent: Deutschland, Österreich, Frankreich, Belgien, Italien, den Niederlanden und der Schweiz. Mit 13,5 Millionen aktiven Kunden bis Mitte 2025 hat das Unternehmen eine beachtliche Reichweite aufgebaut.
DocMorris wählte einen radikal anderen Weg. Nach dem Verkauf des Schweizer Geschäfts konzentriert sich das Unternehmen nun fast ausschließlich auf Deutschland. Eine mutige Wette auf das E-Rezept-Potenzial des größten europäischen Pharmamarktes. Diese Strategie ist zweischneidig: Einerseits ermöglicht sie maximale Ressourcenkonzentration, andererseits steigt die Abhängigkeit von einem einzigen Markt dramatisch. Die Halbjahreszahlen zeigten ein währungsbereinigtes Wachstum von 10,2 Prozent – zu wenig, um die Märkte zu begeistern.
Zahlenwerk: David gegen Goliath?
Die Geschäftszahlen des ersten Halbjahres 2025 sprechen eine deutliche Sprache. Redcare Pharmacy legte einen Wachstumssprint hin: Der Umsatz schoss um 27,3 Prozent auf 1,426 Milliarden Euro nach oben. Besonders beeindruckend: Das deutsche Geschäft mit verschreibungspflichtigen Medikamenten explodierte förmlich mit einem Plus von 155 Prozent auf 222 Millionen Euro. Das Management bestätigte selbstbewusst die Jahresprognose mit einer bereinigten EBITDA-Marge zwischen 2 und 2,5 Prozent.
DocMorris konnte da nicht mithalten. Zwar wuchs auch hier das deutsche Rx-Geschäft kräftig um 43,5 Prozent, doch im Vergleich zu Redcare wirkt das fast bescheiden. Der Gesamtumsatz kletterte im ersten Halbjahr um 10,2 Prozent auf 572,1 Millionen Schweizer Franken. Für das Gesamtjahr 2025 peilt DocMorris ein Umsatzplus von über 10 Prozent an, muss aber weiter rote Zahlen hinnehmen: Das bereinigte EBITDA soll zwischen minus 35 und minus 55 Millionen Franken liegen.
Kennzahl (H1 2025) | Redcare Pharmacy | DocMorris |
---|---|---|
Umsatz | 1,426 Mrd. EUR | 572,1 Mio. CHF |
Umsatzwachstum | +27,3 % | +10,2 % |
Rx-Wachstum Deutschland | +155 % | +43,5 % |
Bereinigtes EBITDA | 27,2 Mio. EUR | -28,8 Mio. CHF |
Aktive Kunden | 13,5 Millionen | 10,5 Millionen |
Aktuelle Turbulenzen: Führungswechsel trifft auf Wachstumsschwäche
Die vergangenen Wochen brachten beiden Unternehmen Herausforderungen. Bei Redcare Pharmacy schlug die Nachricht vom bevorstehenden Abgang des Finanzvorstands Jasper Eenhorst wie eine Bombe ein. Die Aktie geriet Ende September unter Druck, während Investoren über die Gründe rätselten.
Doch es gab auch positive Nachrichten: Ein wegweisendes Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. Juli bestätigte die Rechtmäßigkeit von Rezept-Boni durch EU-Versandapotheken – ein Sieg für beide Kontrahenten. Zudem verlängerte die Gematik die wichtige CardLink-Zulassung von Redcare bis Januar 2027, was einen reibungslosen E-Rezept-Betrieb sichert.
DocMorris profitierte ebenfalls vom BGH-Urteil und der CardLink-Verlängerung. Allerdings überschatteten die enttäuschenden Halbjahreszahlen diese positiven Entwicklungen. Das schwächere Wachstum im Vergleich zu Redcare sorgte für lange Gesichter bei Anlegern. Um die ambitionierte Wachstumsstrategie zu finanzieren, hatte DocMorris zuvor eine Kapitalerhöhung durchgeführt.
E-Rezept-Revolution: Wer macht das Rennen?
Das elektronische Rezept ist der Gamechanger für beide Online-Apotheken. Doch wer nutzt diese historische Chance besser? Die Zahlen sprechen für Redcare Pharmacy: Mit einem Rx-Umsatzplus von 155 Prozent im ersten Halbjahr ließ das Unternehmen DocMorris (plus 43,5 Prozent) alt aussehen.
Redcares breitere geografische Aufstellung und überlegene operative Performance verschaffen dem Unternehmen klare Vorteile. Der Weg zur Profitabilität scheint geebnet – langfristig strebt das Management eine bereinigte EBITDA-Marge von über 8 Prozent an.
DocMorris setzt hingegen alles auf eine Karte: Deutschland. Die radikale Fokussierung könnte sich auszahlen, wenn es gelingt, verlorene Marktanteile zurückzuerobern. Doch der Weg ist steinig: Das Unternehmen muss das Wachstum beschleunigen und gleichzeitig die Kosten in den Griff bekommen. Der angestrebte Break-even beim EBITDA soll erst 2026 erreicht werden.
Was sagen die Analysten?
Die Expertenmeinungen zeigen eine klare Tendenz zugunsten von Redcare Pharmacy. Mit einem durchschnittlichen Kursziel von 152 bis 154 Euro sehen Analysten erhebliches Aufwärtspotenzial. Die Deutsche Bank bekräftigte erst kürzlich ihre Kaufempfehlung mit einem ambitionierten Kursziel von 214 Euro.
Bei DocMorris ist das Bild uneinheitlicher. Die Einschätzungen schwanken zwischen „Halten“ und „Kaufen“, die Kursziele liegen zwischen 9,42 und 12,89 Schweizer Franken. Diese breite Spanne spiegelt die Unsicherheit über die künftige Entwicklung wider.
Wachstumschampion oder Turnaround-Kandidat?
Im Duell der Online-Apotheken-Giganten stehen sich ein etablierter Wachstumschampion und ein fokussierter Herausforderer gegenüber. Redcare Pharmacy punktet mit beeindruckender Wachstumsdynamik, breiter geografischer Präsenz und bereits erreichter operativer Profitabilität. Der CFO-Wechsel wirkt wie eine vorübergehende Störung, die den langfristigen Erfolgskurs nicht gefährden sollte.
DocMorris ist die klassische Turnaround-Wette. Das Unternehmen muss beweisen, dass die Deutschland-Fokussierung aufgeht und es beim Wachstumstempo zu Redcare aufschließen kann. Die frische Kapitalspritze schafft zwar Luft zum Atmen, doch die Umsetzung bleibt riskant.
Für welche Aktie sollten sich Anleger entscheiden? Das hängt vom persönlichen Risikoprofil ab. Wer auf bewährtes Wachstum im boomenden Online-Apothekenmarkt setzen will, liegt bei Redcare Pharmacy richtig. Risikofreudige Investoren könnten bei DocMorris auf eine erfolgreiche Wende und damit verbundene Kursgewinne spekulieren – vorausgesetzt, die Deutschland-Strategie trägt Früchte.
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