Der Beginn des Ukraine Konflikt liegt mittlerweile fast vier Jahre zurück. Damit auch der Beginn der umfassenden Sanktionen. Sanktionen die den wiedererwachten Bären in die Knie zwingen sollten. Der Konflikt in der Ukraine und die politischen Krisen in Zentralasien sind ein Baustein innerhalb eines Umbruchs. Quasi eine Zeitenwende hin zu einer Weltordnung wie sie so schon einmal Jahrtausende existiert hat.
Der „Osten“ ordnet sich neu, damit ändert sich auch die Rolle Europas. Russland als Teil Europas und Asiens spielt hier eine bedeutende Rolle, besonders durch die „alten“ Einflusssphären, deren Ursprünge noch vor der Geburt der Sowjetunion liegen. Sind die Russland Sanktionen die Basis für eine Neugeburt des alten Zentrums?
Russland Sanktionen: Wie alles begann
Die Ukrainekrise brach aus und damit das Sanktionsregime des Westens gegenüber Russland. Doch zurück zu den Anfängen der Krise, ja des Krieges. Während sich Russland in einer Phase der Kontraktion und Neugliederung befand, stieß der Westen, mit seinen Supranationalen Institutionen, weiter Richtung Osten vor. Ein Umstand der oberflächlich betrachtet eigentlich kein Grund für einen solchen Konflikt gibt, doch so einfach ist es nicht.
Die Hand in Richtung Europa
Anfang des neuen Jahrtausends machte Russland der EU immer wieder das Angebot einer Eurasischen Wirtschaftsunion, doch solche Vorstöße zu einer engeren Zusammenarbeit wurden zurückgewiesen. Die Antwort der USA war eher fragwürdiger Natur mit der Installation des Raketen Abwehrsystems in Osteuropa. Vordergründig zur Abwehr von möglichen Angriffen Irans auf Europa. Mit diesem Schachzug, den die europäischen Staaten mittrugen, kühlte das Verhältnis merklich ab und alte Ängste und Feindbilder kamen erneut auf.
Ukraine driftet in den Westen
Letztendlich gefährlich wurde es für Russland, als die Ukraine Richtung Westen driftete. Hier wurden strategische Interessen berührt, die nicht ignoriert werden konnten. Der einzige eisfreie Tiefwasserhafen Russlands liegt auf der Krim, die Stadt und Marinestützpunkt Sewastopol. Die Reaktion Russlands, hätte in den Schaltzentralen der Europäischen Staaten antizipiert werden können, doch entweder wurde die Erwartung ignoriert oder sogar in Kauf genommen. Das obwohl der polnisch-US amerikanische Politikwissenschaftler Zbigniew Kazimierz Brzeziński, neben vielen anderen, schon im letzten Jahrhundert die besondere Strategische Bedeutung der Ukraine hervorgehoben hat.
Vielleicht lag hier schon der Beginn des Military QE über das ich in zwei Artikeln schon berichtete (Military QE Artikel 1, Military QE Artikel 2).
Egal wie, der offene Konflikt kam zustande und existiert bis zum heutigen Tage. Damit kam es zu den Sanktionen gegen Russland.
Ein Sanktionsregime, dass nicht von allen europäischen Staaten begrüßt wird, da eigene wirtschaftliche Interessen berührt wurden und werden.
Der Westen, Zapad 2017 – ein „BlackSwan“ Szenario für die Finanzmärkte
Sanktionen zwangen Russland nicht in die Knie
Sanktionen werden seit vielen Jahrzehnten immer wieder gern gegen unliebsame Regime und Staaten angewendet. Ein Paradebeispiel ist der Iran. Ein Land das es trotz Jahrzehnte anhaltender Sanktionen schafft Satelliten in das Weltall zu schießen, eine eigene Rüstungsindustrie besitzt und sogar Automobile herstellt. Ein krasser Gegensatz zu den Arabischen Nachbarstaaten. Die Sanktionen brachten in der Vergangenheit wenig und haben gegen Russland ebenfalls keinen Erfolg.
Abkühlung der russischen Wirtschaft
Zu Beginn der Russland Sanktionen kam es zwar zu einer merklichen Abkühlung des Wirtschaftswachstums, ja sogar zu einer leichten Rezession aber diese Umstände hielten nicht lang an. Die Regierung um Vladimir Vladimirovich Putin behielt die Wirtschaft im Auge und hatte die richtigen Lehren aus der Vergangenheit gezogen. Anstatt zuzuschauen wie die Arbeitslosigkeit ansteigt, wurden die Löhne massiv gesenkt. Ein Umstand der die Russische Seele weniger belastet, als eine hohe Arbeitslosigkeit.
Auch der Haushalt wurde nicht überstrapaziert, im Jahr 2015 erreichte die Verschuldung mit 15,9% ihren Höhepunkt und nahm seitdem ab. Sie liegt mittlerweile bei geringen 12,6% des GDP. Auch das Budgetdefizit hält sich in Grenzen, während es im vergangenen Jahr noch bei -3,4% lag, liegt es aktuell bei nur -1,5%.
Inflation unter Kontrolle
Selbst die Inflation konnte begrenzt werden, ein weiterer Punkt der für die Russischen Bürger wichtig ist. Hier hallt der Horror der 90er Jahre nach. Im Jahr 2014 betrug die Inflation 6% und erreichte ihren Höhepunkt 2015 mit 17%. Mittlerweile ist sie wieder gesunken und beträgt nur noch 2,2%.
Die ausländischen Devisenreserven fielen zwar zu Anfang der Sanktionen rasant, doch steigen sie seit 2015 wieder an. Auch die Goldreserven wuchsen bisher von Jahr zu Jahr an. Seit 2000 wurden die Goldvorräte um mehr als das fünffache angehoben und liegen mittlerweile bei 1828 Tonnen. (Mehr zum Thema Gold)
All das sind Entwicklungen mit denen man nicht gerechnet hat, im Anbetracht der geltenden Sanktionen. Selbst der Aktienmarkt wirkt stabil.
An dieser Lage ist die Neugeburt der Seidenstraße nicht unbeteiligt.
Russland Sanktionen wirkungslos aufgrund der Seidenstraße?
Der Eurozentrische Blick verhindert im Westen die Tatsache, dass die Weltordnung Jahrtausende lang eine andere war. Gilt doch Griechenland und die Welt des Mare Nostrum als die Geburtsstätte der Zivilisation. Doch das ist ein verfälschter Blick, der die großen Zivilisationen wie im Indusgebiet Mohenjo-Daro oder Persien, Asia Minor und die alten Zentren in Zentralasien außer Acht lässt. Ein Umstand, der den Blick versperrt.
Neue Seidenstraße erhebt sich
Die Seidenstraße belebt sich wieder, unter der Federführung Chinas. Die alten Machtzentren, die einst durch den Handel blühten, erheben sich erneut. Bei uns in Europa und im Westen misstrauisch beäugt, aufgrund der nicht mit unserem Demokratieverständnis einhergehenden Regierungsformen und der damit herrschenden Repressalien gegenüber der Bevölkerung, bewegt sich etwas in den Ländern auf dem nördlich verlaufenden Seidenstraßen Korridor. Zu diesen gehören die Mongolei, Kasachstan, Russland und Ukraine mit dem Endpunkt innerhalb Europas.
Erst vor kurzem habe ich über den Bau des Asiatische Super Grid berichtet. Dieser umfasst neben China, Südkorea, Japan und die Mongolei auch Russland. Damit einhergehen wirtschaftliche Entwicklungen, die sich positiv auf die Länder auswirken werden.
Landwirtschaft und Energie
Für den Ausbau und die Digitalisierung aller Lebensbereiche und dem technologischen Fortschritt werden Seltene Erden immer begehrter. Hier liegt der Trumpf bei Kasachstan, dass über große Vorkommen verfügt. Daneben gibt es noch ein anderes Wirtschaftsgut, dass zunehmend unbezahlbar wird. Chernozem, was soviel wie Dunkle Erde bedeutet, bildet die Grundlage der Kornkammer Russlands und der Ukraine. Agrarflächen und damit die Nahrungsmittelversorgung sind zentral und da hat Russland die Nase vorn. Es ist ihr Part in dem Puzzle, neben der Energieversorgungssicherheit, solang die Fossilen Rohstoffe benötigt werden.
Auf dem südlich verlaufenden Korridor heben sich Usbekistan und Kirgisistan hervor, denn dort liegt der Tian Shan Belt, nach Südafrika das größte Goldverkommen der Welt.
Die Zentrale Einbindung Russlands in dieses von uns aus gesehen östliche Handels- und Wirtschaftsnetzwerk, ermöglichte es ihnen die Sanktionen zu ignorieren. Es gelang Russland sogar recht unbeschadet die Sanktionen zu überstehen und beschleunigte die Neuausrichtung, hin zu der „Neuen Alten Seidenstraße“. Schaut man sich die Karte eher aus der Perspektive eines Menschen der Antike an, kommt man zu dem Schluss, dass es sich nicht um den Osten handelt, sondern eher um das Zentrum, an dessen Peripherie Europa als wichtiger Handelspartner lockt.
Das Pulsierende Herz der Wirtschaft wandert zurück in das Zentrum
Der Falsche Blickwinkel Europas versperrt zur Zeit noch die nüchterne Betrachtung der Neuordnung, sodass auch keine vernünftigen Rückschlüsse getätigt werden können. Europa hält sich noch immer für den Mittelpunkt der Welt und nimmt aus dieser Fehleinschätzung jede Änderung des Status Quo als einen Angriff war. Es werden zurzeit die Chancen, die mit dem größten Wirtschaftskorridor, der die Eurasischen Landmassen umfasst, innerhalb des Westens nicht erkannt oder aufgrund von Kuturellerarroganz ignoriert.
Ich denke, die besten Investitionsmöglichkeiten, die nicht durch Financial Engineering korrumpiert werden, liegen neben dem Globalen Techsektor (Alphabet, Amazon, Tencent, Baidu, etc.) in der Neuen Mitte. Das ist zwar noch Zukunftsmusik, da die Entwicklung erst die Anfangsetappe genommen hat, doch investieren tut man in die Zukunft, nicht in die Vergangenheit.
Die Länder, die an der „Neuen Alten Seidenstraße“ liegen, sollten für die nächsten Jahre und Jahrzehnte interessante und lukrative Investitionsmöglichkeiten bieten. Anzuraten ist es hier über Fonds zu investieren, da die Handelbarkeit der Einzeltitel für den normalen Retailkunden nicht ausreichend gegeben ist. Ob es Fonds gibt, die die Staaten der Seidenstraße gezielt angehen ist ungewiss, doch sollte es genügend Fonds geben, über die man in Osteuropa, einschließlich Russland und die Türkei, China und die Mongolei investieren kann. BlackRock iShares hat jedenfalls einige ETF´s im Angebot, die einen Teil der Länder abdecken.
Cooler Artikel! Danke