Liebe Leserinnen und Leser,
stellen Sie sich vor, Bernie Sanders und Donald Trump ziehen am selben Strang – klingt absurd? Ist aber genau das, was gerade bei Intel passiert. Während die US-Regierung überraschend sozialistische Töne anschlägt und Staatsanteile an Chip-Giganten fordert, kämpft Tesla mit halbiertem Cybertruck-Absatz und brennenden Batterien in Grünheide. Derweil zeigt sich der Kryptomarkt vor Jackson Hole nervös – Bitcoin tritt auf der Stelle, während Altcoins heimlich durchstarten.
Der Staat als Großaktionär: Amerikas neuer Wirtschaftskurs
Was für eine Ironie der Geschichte: Ausgerechnet unter Trump 2.0 erlebt Amerika eine wirtschaftspolitische Wende, die man eher in Skandinavien vermuten würde. Die US-Regierung will sich Anteile an Intel und anderen Chip-Herstellern sichern – im Tausch gegen die milliardenschweren Subventionen aus dem CHIPS Act.
Bernie Sanders jubelt, Elizabeth Warren bleibt skeptisch, und Handelsminister Howard Lutnick prüft, wie der Staat „Eigenkapital“ für seine „Investitionen“ bekommen kann. Bei Intel geht es um satte 10,9 Milliarden Dollar. Das Pikante daran: Trump hatte bereits Nvidia und AMD erlaubt, KI-Chips nach China zu verkaufen – gegen 15 Prozent Umsatzbeteiligung für Uncle Sam. Die Zeiten, in denen amerikanische Politiker vor „Sozialismus“ warnten, scheinen vorbei.
Für deutsche Anleger ist das ein Weckruf: Die Spielregeln im Tech-Sektor werden gerade neu geschrieben. Wenn Washington plötzlich Mitspracherecht in Vorstandsetagen fordert, könnte das die Bewertungen der gesamten Halbleiterbranche durcheinanderwirbeln.
Teslas Cybertruck-Debakel: Vom Hoffnungsträger zum Ladenhüter
Die Verkaufszahlen sprechen eine deutliche Sprache: Gerade einmal 4.306 Cybertrucks fanden im letzten Quartal einen Käufer – ein Drittel weniger als noch zu Jahresbeginn. Selbst Fords elektrischer F-150 Lightning, den viele schon abgeschrieben hatten, verkaufte sich mit 5.842 Einheiten besser als Musks Edelstahl-Monster.
Dabei hatte Tesla große Pläne: 250.000 Einheiten pro Jahr sollten vom Band rollen. Stattdessen brennen in Grünheide Batteriezellen – zum Glück ohne größere Schäden, aber das Timing könnte kaum schlechter sein. Die Produktion läuft zwar weiter, doch die Symbolik ist verheerend: Während die Verkäufe stocken, gehen buchstäblich Träume in Rauch auf.
Der Pickup-Markt in Amerika bleibt fest in der Hand der Verbrenner. Gewerbliche Kunden schreckt die Reichweite ab, Privatleute das polarisierende Design. Was als Revolution gedacht war, entpuppt sich als teures Nischenprojekt.
Krypto vor Jackson Hole: Die Ruhe vor dem Sturm?
113.400 Dollar – dort parkt Bitcoin seit Tagen und wartet auf Jerome Powell. Der Fed-Chef spricht morgen in Jackson Hole, und die Krypto-Gemeinde hält den Atem an. Die Fed-Protokolle zeigten gestern eine tief gespaltene Notenbank: Sorgen über Zölle hier, Inflationsängste dort, und mittendrin ein schwächelnder Arbeitsmarkt.
Interessant ist, was unter der Oberfläche passiert: Während Bitcoin 0,23 Prozent nachgab, legten Ethereum (+1,4%), Solana (+2,1%) und sogar der oft belächelte Dogecoin (+2%) zu. Die Altcoin-Saison klopft leise an die Tür. Besonders auffällig: OKB explodierte mit einem Plus von 43,7 Prozent – hier scheint sich etwas zusammenzubrauen.
Die ETF-Abflüsse erzählen ihre eigene Geschichte: 316 Millionen Dollar verließen gestern die Bitcoin-ETFs, bei Ethereum waren es 240 Millionen. Institutionelle Investoren nehmen vor Powells Rede Risiko vom Tisch. Kein Wunder, dass der Crypto Fear & Greed Index bei neutralen 50 Punkten dümpelt.
Deutsche Industrie im Umbruch: Wenn Konkurrenten kooperieren
Mercedes und BMW in Gesprächen über eine Antriebs-Allianz? Was nach einem schlechten Scherz klingt, nimmt konkrete Formen an. Ola Källenius machte den ersten Schritt, Oliver Zipse zeigte sich zunächst skeptisch. Jetzt sondieren beide Premiumhersteller eine Zusammenarbeit, die vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen wäre.
Parallel dazu macht Berkshire Hathaway mobil: Warren Buffett übergibt die operative Führung an Greg Abel und stellt sein Portfolio breiter auf. Die Botschaft ist klar: Selbst die erfolgreichsten Investoren passen sich an die neue Realität an.
Bei Rheinmetall zeigt sich ein paradoxes Bild: Während alle von Frieden in der Ukraine sprechen, sehen Analysten gerade darin eine Chance für den Rüstungskonzern. Ein Waffenstillstand könnte massive Wiederaufbau- und Modernisierungsprogramme nach sich ziehen – mit Rheinmetall als potenziellem Profiteur.
Handel ohne Handelskrieg: EU und USA einigen sich
Die Autozölle sinken rückwirkend zum 1. August von 27,5 auf 15 Prozent – immerhin ein Fortschritt, auch wenn deutsche Hersteller sich mehr erhofft hatten. Der Deal zeigt, wie sehr Europa in der Defensive ist: 750 Milliarden Dollar für US-Energie, weitere 600 Milliarden an Investitionen – Brüssel zahlt einen hohen Preis für den Handelsfrieden.
Bitter für Winzer und Spirituosenhersteller: Sie bleiben außen vor und müssen weiter hohe Zölle zahlen. Die „digitalen Handelsbarrieren“ sollen fallen, aber Sefcovic stellte klar: Am Digital Markets Act wird nicht gerüttelt. Big Tech bleibt im Visier der EU-Regulierer.
Die nächsten Tage versprechen Spannung pur: Morgen spricht Powell in Jackson Hole, die US-Arbeitsmarktdaten stehen an, und Nvidia präsentiert nächste Woche seine mit Spannung erwarteten Quartalszahlen. Die Märkte stehen am Scheideweg – zwischen Rezessionsängsten und KI-Euphorie, zwischen Zinssorgen und Liquiditätsflut. Bleiben Sie wachsam, denn in diesem Umfeld kann sich das Blatt schnell wenden.
Herzliche Grüße und erfolgreiche Investments,
Andreas Sommer