Tesla, Nvidia & Bitcoin: Warum die Tech-Rally ins Stocken gerät

Der japanische Investor SoftBank hat seine gesamte Nvidia-Beteiligung veräußert, während Bitcoin trotz institutioneller Käufe stagniert und europäische Märkte uneinheitlich reagieren.

Tesla, Nvidia & Bitcoin: Warum die Tech-Rally ins Stocken gerät
Kurz & knapp:
  • SoftBank verkauft gesamte Nvidia-Position für 5,8 Milliarden
  • Bitcoin stagniert trotz neuer MicroStrategy-Käufe
  • Europäische Börsen zeigen gemischtes Bild
  • Puma-Aktie profitiert von Lizenzmodell-Strategie

Liebe Leserinnen und Leser,

manchmal sind es die Dinge, die nicht passieren, die an der Börse die größten Wellen schlagen. Während der US-Senat gestern Abend grünes Licht für ein Ende des längsten Regierungsstillstands der Geschichte gab, reagierten die Märkte heute mit überraschender Zurückhaltung. Die Euphorie vom Montag? Verflogen. Stattdessen herrscht Nervosität – denn mit dem Ende des Shutdowns kommt etwas, das vielen Anlegern noch mehr Sorgen bereitet: eine Flut nachgeholter Wirtschaftsdaten, die zeigen könnten, wie es wirklich um die US-Konjunktur steht. Gleichzeitig sorgt ein spektakulärer Aktienverkauf für Aufsehen, der Fragen aufwirft, ob die KI-Party ihren Höhepunkt bereits überschritten hat.

SoftBank dreht Nvidia den Rücken – ein Warnsignal?

Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Der japanische Technologie-Investor SoftBank hat seine gesamte Nvidia-Beteiligung im Oktober für 5,8 Milliarden Dollar verkauft. Alle 32,1 Millionen Aktien – weg. CEO Masayoshi Son, bekannt für seine risikofreudigen Wetten, braucht das Geld für seinen neuen Großangriff: das 500-Milliarden-Dollar-Projekt Stargate zum Ausbau von KI-Rechenzentren und rund 40 Milliarden Dollar für OpenAI, den ChatGPT-Entwickler.

Doch das Timing lässt aufhorchen. Nvidia, der Inbegriff des KI-Booms, hatte erst Ende Oktober als erstes Unternehmen weltweit die 5-Billionen-Dollar-Marke geknackt. Seit seinem jüngsten Rekordhoch ist der Kurs allerdings bereits um fast 16 Prozent zurückgefallen – und heute geht es weitere 3,2 Prozent abwärts. Anleger fragen sich: Sieht Son, der Nvidia schon einmal 2019 verkaufte und damit eine 100-Milliarden-Dollar-Rally verpasste, diesmal klarer? Oder wiederholt sich die Geschichte?

Die Nervosität geht über Nvidia hinaus. Auch andere Chip-Werte wie Broadcom, Marvell Technology und ARM Holdings verlieren heute zwischen 1,8 und 5,1 Prozent. Die Warnung ist klar: Wenn selbst die überzeugten KI-Bullen anfangen, Kasse zu machen, sollten Anleger wachsam werden.

Bitcoin tritt auf der Stelle – trotz frischer Milliardenkäufe

Auch bei Bitcoin fehlt der Schwung. Die weltgrößte Kryptowährung dümpelt bei rund 104.000 Dollar vor sich hin, nachdem sie gestern noch 0,9 Prozent verloren hatte. Das ist bemerkenswert, denn eigentlich gab es gute Nachrichten: MicroStrategy, inzwischen in Strategy umbenannt, hat weitere 487 Bitcoins für durchschnittlich 102.557 Dollar gekauft. Der Bestand des Unternehmens liegt damit bei beeindruckenden 641.692 Coins – ein Gegenwert von rund 67 Milliarden Dollar.

Doch der Markt zeigt sich unbeeindruckt. Mehr noch: Short-Seller-Legende Jim Chanos, der einst den Enron-Skandal voraussah, hat seine Wette gegen Strategy aufgelöst. Nicht etwa, weil er überzeugt wurde – sondern weil die Aktie so stark gefallen ist, dass das Aufgeld auf den Bitcoin-Wert von 2,5 auf 1,23 geschmolzen ist. Strategy-Aktien liegen dieses Jahr 20,4 Prozent im Minus, während Bitcoin selbst um 11,6 Prozent zugelegt hat. Ein klares Zeichen, dass Anleger die aggressive Verschuldungsstrategie des Unternehmens zunehmend kritisch sehen.

Immerhin gibt es einen Lichtblick: Die Digitalbank SoFi kündigte heute an, als erste US-Bank Krypto-Handel anzubieten. Kunden können künftig Bitcoin, Ethereum und Solana kaufen, halten und verkaufen – ein Schritt, der zeigt, wie sehr digitale Assets im Mainstream angekommen sind.

Europa feiert, Deutschland bleibt verhalten

Während die Wall Street hadert, zeigte sich Europa heute von seiner starken Seite. Der Euro Stoxx 50 kletterte um 1,1 Prozent und kratzte am Allzeithoch. Der französische CAC-40 legte sogar 1,3 Prozent zu, getrieben von Luxusgüter- und Autowerten. Hermes stieg um 3,7 Prozent, LVMH um 2,4 Prozent – offenbar setzen Investoren auf ein starkes Weihnachtsgeschäft.

Der DAX hingegen kam nur um 0,5 Prozent voran. Schuld daran waren vor allem die Rüstungswerte. Hensoldt brach um 8,4 Prozent ein, nachdem das Unternehmen eine enttäuschende Prognose für 2026 und 2027 vorgelegt hatte. Das implizierte EBITDA liegt etwa 7 Prozent unter den Erwartungen, die Umsatzprognose für 2026 mit 2,8 Milliarden Euro deutlich unter den erhofften 3,0 Milliarden. Im Sog verloren auch Rheinmetall 3,1 Prozent und Renk 3,1 Prozent – ein Dämpfer für eine Branche, die zuletzt von Rekord zu Rekord eilte.

Zu den Gewinnern gehörte dagegen Vodafone, das um beeindruckende 8,3 Prozent zulegte. Der Telekom-Riese übertraf mit seinen Halbjahreszahlen die Erwartungen – und das Beste: Das Deutschland-Geschäft, lange Zeit Sorgenkind, wuchs im zweiten Quartal erstmals seit 18 Monaten wieder. Morgan Stanley sprach von einer „massiven Verbesserung“ der Profitabilität.

Google investiert 6,4 Milliarden in Deutschland – doch es gibt einen Haken

Gute Nachrichten auch aus der Tech-Welt: Google will bis 2029 rund 6,4 Milliarden Euro in Deutschland investieren. Geplant sind ein neues Rechenzentrum in Dietzenbach bei Frankfurt sowie der Ausbau bestehender Standorte. Vizekanzler Lars Klingbeil lobte das Vorhaben als „echte Zukunftsinvestitionen“ – und betonte, dass keine Staatssubventionen fließen.

Doch die Google-Aktie reagierte mit einem leichten Minus von 0,4 Prozent. Der Grund? Die Investition kommt nicht überraschend und reiht sich ein in einen Boom, von dem vor allem die Region Frankfurt profitiert. Dort sitzt mit dem DE-CIX einer der größten Internetknoten weltweit. Erst vergangene Woche kündigten Deutsche Telekom und Nvidia an, gemeinsam eine Milliarde Euro in ein Münchner Rechenzentrum zu stecken. Insgesamt werden Betreiber in Deutschland dieses Jahr etwa 12 Milliarden Euro investieren – ein Zeichen, wie sehr KI und Cloud-Dienste die Infrastruktur-Nachfrage befeuern.

Puma setzt auf Lizenzmodell – Aktie springt an

Während viele Unternehmen heute unter Druck standen, gehörte Puma zu den Gewinnern. Die Aktie schoss zeitweise um über 6 Prozent nach oben, nachdem der Sportartikelhersteller den Wechsel zu einem Lizenzmodell mit United Legwear in den USA und Kanada bekanntgegeben hatte. Statt wie bisher über ein Joint Venture werden Socken, Unterwäsche und Kinderkleidung künftig von United Legwear produziert und vertrieben – Puma kassiert dafür Lizenzgebühren.

Die Umstellung ist Teil einer Strategie, das Nordamerika-Geschäft zu vereinfachen und sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren. Für Anleger bedeutet das vor allem eines: mehr Transparenz in der Finanzberichterstattung. Puma United, das bisherige Gemeinschaftsunternehmen, wird ab November als „aufgegebener Geschäftsbereich“ ausgewiesen. 2024 steuerte es noch 427,9 Millionen Euro Umsatz bei – künftig fällt das weg, dafür kommen planbarere Lizenzeinnahmen.

Was Anleger jetzt im Blick haben sollten

Die heutige Marktlage zeigt: Die Börse befindet sich in einer Übergangsphase. Das Ende des US-Shutdowns ist zwar positiv, doch die nun anstehenden Wirtschaftsdaten könnten unangenehme Überraschungen bereithalten. Schon in den kommenden Tagen dürfte der Arbeitsmarktbericht für September veröffentlicht werden – und der könnte zeigen, ob die US-Konjunktur wirklich so robust ist, wie viele hoffen.

Gleichzeitig mehren sich die Warnzeichen, dass die KI-Euphorie übertrieben sein könnte. SoftBanks Nvidia-Verkauf, die schwachen Prognosen von CoreWeave und die Warnungen von Wall-Street-Größen wie den CEOs von Morgan Stanley und Goldman Sachs lassen aufhorchen. Hedgefonds-Legende Michael Burry, der 2008 mit seiner Wette gegen den US-Immobilienmarkt berühmt wurde, hat ebenfalls Shorts auf Nvidia und Palantir aufgebaut.

Für deutsche Anleger bleibt die Lage ambivalent: Während europäische Aktien von einer möglichen Entspannung in Washington profitieren, dämpfen schwache Rüstungswerte und Unsicherheiten bei Tech-Titeln die Stimmung. Bei Kryptowährungen fehlt trotz institutioneller Käufe der Schwung – ein Zeichen, dass viele Investoren lieber abwarten, wohin die Reise geht.

Eines ist klar: Die kommenden Wochen werden zeigen, ob die Rally der vergangenen Monate auf solidem Fundament steht – oder ob wir gerade den Anfang einer längeren Korrektur erleben.

Herzliche Grüße und einen erfolgreichen Handelstag,
Andreas Sommer

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