Die Unabhängigkeit der Zentralbanken gerät weltweit unter Druck. US-Präsident Donald Trump eskaliert seinen Konflikt mit Fed-Chef Jerome Powell und kündigt für heute einen persönlichen Besuch bei der Federal Reserve an. Dieser beispiellose Schritt verdeutlicht, wie Handelspolitik und Geldpolitik zunehmend verschmelzen – mit globalen Auswirkungen.
Direkte Konfrontation in Washington
Trumps angekündigter Besuch bei der Fed um 16 Uhr Ortszeit markiert einen neuen Höhepunkt in seinem Kampf gegen Powell. Der Präsident hatte den Notenbankchef zuletzt als "Numbskull" bezeichnet und offen mit seiner Entlassung gedroht. Im Zentrum steht Trumps Forderung nach aggressiveren Zinssenkungen, die Powell mit Verweis auf unsichere Inflationseffekte der Handelszölle ablehnt.
Parallel läuft eine Untersuchung des 2,5 Milliarden Dollar teuren Fed-Renovierungsprojekts, das angeblich um 700 Millionen Dollar über dem Budget liegt. Trump nutzt diese Kostenüberschreitungen als zusätzliche Munition gegen den Zentralbankchef.
Handelspolitik verändert Marktstrukturen
Während Trump in Washington Druck auf die Fed ausübt, zeigen sich die Auswirkungen seiner Handelspolitik bereits an den internationalen Märkten. Japan profitiert von einem überraschend milden Handelsabkommen: Die ursprünglich angedrohten 25-prozentigen Zölle wurden auf 15 Prozent reduziert. Japans Topix-Index erreichte daraufhin ein Rekordhoch von 2.984 Punkten, der Nikkei durchbrach erstmals seit einem Jahr die 42.000er-Marke.
Besonders japanische Banken reagierten euphorisch mit einem Kursplus von 3,6 Prozent. Die Marktteilnehmer spekulieren, dass die handelspolitische Klarheit der Bank of Japan Spielraum für weitere Zinserhöhungen verschafft. Die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen stiegen auf 1,6 Prozent – den höchsten Stand seit Oktober 2008.
Zentralbanken unter politischem Druck
Die politische Einflussnahme auf Geldpolitik ist kein rein amerikanisches Phänomen. In Australien überraschte die Zentralbank die Märkte mit einer Zinspause bei 3,85 Prozent, obwohl eine Senkung erwartet worden war. Gouverneurin Michele Bullock betonte die Notwendigkeit eines "gemessenen und graduellen Ansatzes" – ein direkter Kontrast zu Trumps Forderungen nach schnellen Zinssenkungen.
Auch Neuseelands Zentralbank navigiert zwischen handelspolitischen Unsicherheiten und geldpolitischen Zielen. Chefvolkswirt Paul Conway warnte vor den unbekannten Auswirkungen der US-Zölle auf die heimische Inflation, hielt aber weitere Zinssenkungen für möglich.
Handelsgespräche als Druckmittel
Die Macht der US-Handelspolitik wird an verschobenen Terminen deutlich. Hochrangige Gespräche zwischen Südkorea und den USA wurden kurzfristig wegen Terminproblemen von Finanzminister Scott Bessent abgesagt. Seoul steht unter enormem Zeitdruck, da ab August 25-prozentige Zölle drohen. Das japanische Beispiel zeigt jedoch, dass Verhandlungserfolge möglich sind.
Globale Produktionsverschiebungen
Während die Handelspolitik Finanzmärkte bewegt, verändern sich bereits die realen Wirtschaftsströme. Thailand, Südostasiens größtes Automobilproduktionszentrum, verzeichnete im Juni einen Produktionsanstieg von zwölf Prozent. Toyota und Honda nutzen das Land als Exportbasis – möglicherweise profitieren diese Standorte von Handelsumlenkungen weg von direkten US-Importen.
Ausblick: Politik bestimmt Märkte
Trumps Fed-Besuch symbolisiert eine neue Ära, in der Handelspolitik, Geldpolitik und Geopolitik untrennbar miteinander verwoben sind. Während japanische Märkte von milden Zöllen profitieren, warten andere Länder nervös auf ihre Verhandlungsergebnisse. Die traditionelle Unabhängigkeit der Zentralbanken steht dabei zunehmend infrage – mit unabsehbaren Folgen für die globale Finanzstabilität.