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Überlegungen zu Engagements im Wassersektor, die Wasseraufbereitung (Teil 4)

Dieser vierte Teil wirft einen Blick auf Potentiale in den Hauptbereichen der Wasseraufbereitung und schließt damit an die vorangegangenen Grundüberlegungen zum Wassersektor (Teil 1), zum Besitz von und Versorgung mit Wasser (Teil 2) und zu Perspektiven in den Bereichen Wassertransport und Wasserqualität (Teil 3) an.

 

Wasseraufbereitung als Thema für Investoren

 

Auch Wasseraufbereitung offenbart die Konsequenzen, die sich aus den Verflechtungen der im ersten Teil genannten Eigenschaften von Wasser im Hinblick auf dessen Markteigenschaften und sozialer Bedeutung ergeben. Die zwangsläufig höheren Gestehungskosten aufbereitungsbedürftigen Wassers im Vergleich zu „sauberem“ Wasser lassen sich aus marktwirtschaftlicher Sicht nur dann rechtfertigen, wenn auch ein entsprechend höherer Verkaufspreis für Wasser erzielt werden kann. Gerade das ist aber im Öffentlichen Versorgungsbereich aus politischen und sozialen Gründen selbst in OECD-Ländern nur begrenzt möglich.

Wirtschaftliche Chancen von Unternehmen im Bereich Wasseraufbereitung bemessen sich entsprechend mehr an kostensenkenden Wirkungen ihrer Angebote denn an deren Innovationstiefe und technischer Exzellenz. Zudem sind bei bereits hoher Verschuldung potentieller Kunden die Marginalkosten pro zusätzlich gewonnenem Kubikmeter häufig ein relevanteres Kriterium als die Durchschnittskosten der Gesamtmenge aufbereitetem Wassers. Öffentliche Haushalte stellen im großtechnischen Bereich den Großteil der Kundschaft und deren knappe Kassen sind nicht nur in Deutschlandi eher die Regel als die Ausnahme. In anderen Worten: Die Tendenz geht eher zur kostenmindernden Aufrüstung bestehender Anlagen und Wasserversorgungssysteme und weniger zum Bau neuer, technisch innovativer Gesamtlösungen, selbst wenn letztere auf längere Sicht eine kostengünstigere Bereitstellung nutzbaren Wassers versprechen würden.

Möglichkeiten im Bereich technischer Aufrüstung

 

In Teil 3 dieser Artikelreihe wurden bereits einige börsennotierte Beispielswerte aus dem Bereich der technischen Ausrüstung zur Wasseraufbereitung diskutiert. Zukünftige Marktchancen aufgrund technischer Innovationen ergeben sich hier hauptsächlich aus den beiden Faktoren geringerer Energiebedarf und Reinigung von Sonderschadstoffen, z.B. von Arzneimittelrückständen und sonstigen speziellen Verunreinigungen. Im Hinblick auf beide Faktoren dürften membranbasierte Aufbereitungsverfahren, wie z.B. Umkehrosmose, Nanofiltration und Elektrodeionisation, auf absehbare Zeit die Technologie der Zukunft bleiben.

Fortschritte, und damit gegebenenfalls Marktvorteile für Anbieter, sind am ehesten innerhalb dieser Verfahren und beim Ersatz etablierter mechanischer, physikalischer, chemischer oder biologischer Methoden durch membranbasierte Verfahren zu erwarten. Besondere Aufmerksamkeit erregten in den letzten Jahren die von Siemens (WKN 723610) entwickelte elektrochemische Entsalzungii und die medienwirksame Ankündigung einer neuen Membrangeneration ab dem Jahr 2020 durch den Rüstungskonzern Lockheed Martin (WKN 894648)iii. Es mag jedoch bezweifelt werden, ob solche Innovationen für den Wasserbereich hauptausschlaggebend für die Kursentwicklung solch großer Technologiekonzerne werden können.

Auch die Aktienkurse kleinerer spezialisierter Unternehmen konnten von eigenen technologischen Innovationen bisher selten langfristig profitieren. Ein nicht unüblicher Verlauf lässt sich am Beispiel des Kurses der britischen Modern Water PLC (WKN A0MUMW) nachverfolgen. Neue technische Lösungen führen zu anfänglichen Euphoriephasen der Anleger, die häufig mit dem Bau von Pilotprojekten oder Erstaufträgen zusammenfallen. Der nachfolgende Rücklauf dürfte nicht zuletzt Ergebnis der bereits angesprochenen Marktgegebenheiten im kommunalen Wassersektor sein.

Alternative Verfahren wie z.B. Bio-Brennstoffzellen, die auf kleintechnischer Basis bereits funktionieren oder sich noch im Versuchsstadium befinden, sind sicher der Beobachtung wert, bieten derzeit keine offensichtlichen Chancen außerhalb der Sphäre von Venture Capital.

Grafik 1: Kursentwicklung Modern Water PLC
Grafik 1: Kursentwicklung Modern Water PLC

Möglichkeiten im Bereich Anlagenbau, Management und Betrieb

 

Zusätzliche Geschäftsfelder entstehen, wenn zwar zum Verbrauch ungeeignetes Wasser vorhanden ist, aber noch keine Aufbereitungsmöglichkeiten bestehen. Meerwasserentsalzung ist dabei in der globalen Betrachtung in jeder Hinsicht das mengenmäßig größte Geschäftsfeld. Gängige Zahlen zum globalen Bedarfiv sagen aber auch dabei wenig über das Marktpotential aus, da sich ein Großteil der potentiellen Konsumenten derart teures Wasser nicht leisten kann. Trinkwassergestehungskosten aus Meerwasser einschließlich Energiekosten von unter 50 US-cent/Kubikmeter sind zwar inzwischen möglichv, aber selbst an Standorten in reichen Ländern liegen die Gesamtkosten für entsalztes Meerwasser für die kommunale Wasserversorgung oft im kritischen Bereichvi.

Entsprechend sind auch Unternehmen, die Entsalzungs- oder anderweitige Wasseraufbereitungsanlagen bauen und betreiben, aus Investorensicht keine Selbstläufer. Das weltweite Bedarfspotential an Trinkwasser garantiert auch in diesem Fall keine stetigen Kursanstiege oder Renditen. Ähnlich wie bei den spezialisierten Technik-Unternehmen neigen die Kurse relevanter Firmen zur Bildung von Peaks je nach Auftragslage und aktuellem Öffentlichen Interesse am Thema Wasser.

Die gezeigte Grafik zu Modern Water PLC ist speziell in Hinsicht auf Letzteres symptomatisch für die Entwicklung einer Reihe von Werten in der großtechnischen Wasseraufbereitungsbranche. Zumindest hypothetisch drängt sich die Schlussfolgerung auf, dass u.a. die Verabschiedung der UN-Resolution Recht auf Zugang zu sauberem Wasser im Jahr 2010 zu einer vorläufig übersteigerten Erwartungshaltung an die wirtschaftlichen Chancen entsprechender Unternehmen geführt hat. Die Kursentwicklungen von drei Unternehmen, die aus verschiedenen Gründen eine gewisse Prominenz in diesem Sektor haben, veranschaulichen die Grundlage für diese Hypothese.

Grafik 2: Kursentwicklungen von ausgewählten Firmen im Segment Wasser

Die Beispiele unterstreichen die Beobachtung, dass Chancen für Investoren in Unternehmen in diesen Bereichen des Wassersektors weniger von der Entwicklung des Bedarfs an Trinkwasser und mehr von den Mechanismen der Verwendung und Vergabe Öffentlicher Mittel bestimmt werden. Dies gilt von der kommunalen Ebene bis hin zu Finanzierungen im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit. So verknüpft beispielsweise das u.a. vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit geförderte „International Water Stewardship Programme“ die Förderung und damit internationale Investitionen mit erwarteten Erfolgen auf lokale Beschäftigung und damit in Zukunft wohl auch Migrationviii. Ausreichende Frischwasserversorgung ist also nicht Ziel sondern Mittel zum Zweck. Bestimmungsgrund für potentielle wirtschaftliche Chancen beteiligter Unternehmen ist damit nicht mehr Wasserbedarf per se, sondern die Zielstruktur der Verwalter öffentlicher Gelder.

Wesentlich signifikanter wird der Einfluss marktwirtschaftlicher Entwicklungen beim Blick auf Teilnehmer im Wassersektor, deren Geschäftsfeld außerhalb der kommunalen Wasserversorgung liegt. Dabei ist die Annahme irreführend, dass es sich dabei um geringere Wassermengen handelt, wie z.B. der Landwirtschaftssektor zeigt. Auch Wasserqualität spielt eine erhebliche Rolle, sei es bei Getränkeherstellern oder Betreibern von Kühlsystemen. Dieser Bereich wird Gegenstand der nächsten Folge dieser Reihe sein.

Ich hoffe, dass ich ihnen auch diesmal weitere Einsichten und Ideen für die Beurteilung ihrer Investitionen im Wassersektor liefern konnte und würde mich freuen, sie auch beim nächsten Beitrag wieder begrüßen zu dürfen.

Quellen:

iii vgl. http://nanographene.org/nano/?p=170 und https://en.wikipedia.org/wiki/Perforene

iv Zur Abschätzung des theoretischen Wachstumspotentials wird gerne der Umstand herangezogen, dass ca. 40% der Weltbevölkerung in weniger als 100 km Entfernung von Meeren lebt

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