Die globalen Finanzmärkte stehen vor einem Wendepunkt. Während US-Finanzminister Scott Bessent eine neue Offensive gegen die Federal Reserve startet, tickt die Uhr für Dutzende Länder bis zum 1. August – dem Tag, an dem Donald Trump massive Strafzölle verhängen könnte. Doch die Realität sieht anders aus als geplant: Die meisten Handelsgespräche stecken fest.
Bessent attackiert die Fed
Bessent hat der Federal Reserve den Kampf angesagt. In einer scharfen Attacke wirft er der Zentralbank "Mandate Creep" vor – das Eindringen in Bereiche jenseits ihrer Kernaufgabe. "Die Fed-Autonomie wird durch eine anhaltende Ausweitung des Mandats in Bereiche außerhalb ihrer Kernmission bedroht", so der Finanzminister. Er fordert eine "umfassende Überprüfung" aller nicht-monetären Aktivitäten.
Besonders im Fokus: Die 2,5 Milliarden Dollar teure Renovierung der Fed-Zentrale, die ihr Budget gesprengt hat. Trump selbst hat bereits Betrug vermutet und dies als möglichen Grund für eine Entlassung von Fed-Chef Jerome Powell ins Spiel gebracht. Bessent distanziert sich geschickt: Er habe "keine Kenntnis oder Meinung zur rechtlichen Grundlage" des Projekts.
Die Botschaft ist klar – die Trump-Administration übt maximalen Druck auf die Fed aus, obwohl Powell rechtlich nur bei schwerwiegendem Fehlverhalten entlassen werden kann.
Handelsgespräche in der Sackgasse
Während Bessent die Fed unter Beschuss nimmt, gerät Trumps ambitionierte Handelsstrategie ins Stocken. Das selbst gesetzte Ultimatum vom 1. August erweist sich als unrealistisch. Gespräche mit der EU, Japan, Indien und anderen Partnern verlaufen schleppender als erwartet.
"Wir werden nicht der Schnelligkeit wegen Deals machen", räumt Bessent ein. Die Qualität der Abkommen stehe im Vordergrund. Doch zwischen den Zeilen wird deutlich: Die Zeit läuft ab, und echte Durchbrüche sind nicht in Sicht.
Deutschlands Kanzler Friedrich Merz bringt die Frustration auf den Punkt: "Die Amerikaner sind ganz klar nicht bereit, einem symmetrischen Zollarrangement zuzustimmen." Die EU erkundet bereits Gegenmaßnahmen, sollten die Verhandlungen scheitern.
China-Gespräche als Hoffnungsschimmer
Einen Lichtblick sieht Bessent bei China. "Es wird in allernächster Zeit Gespräche geben", kündigt er an. Doch auch hier sind die Herausforderungen gewaltig. Die USA kritisieren Chinas Überkapazitäten in der Industrie und den Kauf von sanktioniertem russischen und iranischen Öl.
Japans Chefunterhändler Ryosei Akazawa reiste bereits zum achten Mal in drei Monaten nach Washington – ein Zeichen für die Komplexität der Verhandlungen. Indische Unterhändler kehrten hingegen nach fast einer Woche ergebnislos nach Delhi zurück.
Märkte reagieren verhalten
Die Unsicherheit spiegelt sich in den Finanzmärkten wider. Während deutsche Steuereinnahmen im Juni um 7,3 Prozent stiegen und damit die robuste Wirtschaftslage unterstreichen, zeigen US-Kreditumfragen gemischte Signale. Die Ablehnungsrate für Hypotheken-Refinanzierungen fiel zwar von 42 auf 15 Prozent, doch die allgemeine Kreditvergabe bleibt angespannt.
Versicherungskonzerne wie W.R. Berkley profitieren von der Unsicherheit – die Nachfrage nach Absicherung steigt, was sich in Rekordprämien von 3,35 Milliarden Dollar niederschlägt.
Countdown läuft
Die kommenden Tage werden entscheidend. Trumps Treffen mit dem philippinischen Präsidenten Ferdinand Marcos Jr. könnte erste Einblicke geben, ob Washington flexibler wird. Doch die Zeit drängt – und die Märkte beobachten nervös, ob aus dem Deadline-Drama eine Handelskrieg-Realität wird.
Eines ist sicher: Die globale Wirtschaft steht vor einer Richtungsentscheidung, deren Ausgang die Finanzmärkte noch monatelang beschäftigen wird.