Die internationalen Finanzmärkte geraten zunehmend unter Druck, während sich die handelspolitischen Spannungen zwischen den USA und wichtigen Wirtschaftspartnern verschärfen. Präsident Donald Trump hat seine aggressive Gangart gegen mehrere Länder verstärkt und droht mit drastischen Zollerhöhungen, falls bis zum 9. Juli keine Einigung erzielt wird.
Indien-Verhandlungen in kritischer Phase
"Wir sind sehr nah dran", betonte Finanzminister Scott Bessent am Dienstag zu den laufenden Gesprächen mit Indien. Die Südasiatische Wirtschaftsmacht könnte bereits nächste Woche mit einem sprunghaften Anstieg der US-Zölle von derzeit 10% auf 27% konfrontiert werden. Trump zeigte sich optimistisch: "Indien akzeptiert momentan niemanden. Ich denke, Indien wird das ändern – dann werden wir einen Deal für viel niedrigere Zölle machen."
Indische Regierungsvertreter verlängerten ihren Washington-Besuch bis Montag, um eine Einigung zu erzielen. Streitpunkte bleiben jedoch Importzölle auf Autoteile, Stahl und Agrarprodukte. Außenminister Subrahmanyam Jaishankar warnte vor überzogenen Erwartungen: "Ich kann es nicht garantieren, weil da noch eine andere Partei mitredet."
Japan-Beziehungen vor dem Kollaps
Weitaus düsterer sieht die Lage mit Japan aus. Trump zweifelt offen an einer Einigung: "Ich bezweifle es", sagte er an Bord der Air Force One. Als Hauptknackpunkt nannte er Japans Weigerung, US-Reis zu importieren – eine aus seiner Sicht "einfache Forderung", während Japan gleichzeitig Millionen von Autos in die USA exportiert.
Die Drohkulisse ist dramatisch: Statt der ursprünglich angekündigten 24% Zölle könnte Japan mit 30% bis 35% belegt werden. "Ich werde ihnen einen Brief schreiben und sagen: Wir danken Ihnen sehr, aber da Sie nicht das tun können, was wir brauchen, zahlen Sie 30%, 35% oder welche Zahl wir auch bestimmen."
Dollar unter Druck – Fed im Visier
Die Handelsunsicherheit belastet den Dollar massiv. Nach dem schlechtesten ersten Halbjahr seit 1973 warnt Morgan Stanley vor weiteren Verlusten. "Wir prognostizieren eine Fortsetzung der Dollarschwäche", so die Analysten. Fundamentale Konvergenz bei US-Wachstum und Zinssätzen sowie steigende Hedging-Kosten verstärken den Abwärtsdruck.
Trump macht die Federal Reserve für die Situation mitverantwortlich und droht mit personellen Konsequenzen. "Ich habe zwei oder drei Top-Kandidaten" für die Nachfolge von Fed-Chef Jerome Powell, dessen Amtszeit im Mai 2026 endet. Als mögliche Nachfolger gelten Kevin Warsh, Kevin Hassett und Finanzminister Scott Bessent.
Die Fed-Führung zeigt sich unbeeindruckt von Trumps Kritik. Powell schloss einen Zinsschnitt im Juli nicht aus, betonte aber die Abhängigkeit von Wirtschaftsdaten. Die Märkte preisen mittlerweile eine 23%ige Wahrscheinlichkeit für eine Juli-Senkung ein.
Verfassungskonflikt in Brasilien
Parallel sorgen verfassungsrechtliche Spannungen in Brasilien für zusätzliche Marktverunsicherung. Die Regierung Lula verklagte das Parlament vor dem Obersten Gericht, nachdem dieses eine Steuererhöhung auf Finanztransaktionen rückgängig gemacht hatte. Die IOF-Steuer sollte 12 Milliarden Reais zusätzliche Einnahmen generieren.
"Die Regierung erklärt dem Nationalkongress den Krieg", kritisierte Oppositionsführer Luciano Zucco. Die Regierung rechtfertigt ihr Vorgehen als "strikt legal, nicht politisch" und verweist auf die Gewaltenteilung.
Technologie-Konfrontation verschärft sich
Die geopolitischen Spannungen verstärken sich auch im Technologiebereich. Ein US-Richter lehnte Huaweis Antrag ab, die meisten Anklagepunkte in einem Bundesverfahren fallen zu lassen. Das Verfahren wegen Technologiediebstahls und Bankbetrugs kann nun im Mai 2026 beginnen und könnte mehrere Monate dauern.
Die 16 Anklagepunkte umfassen organisierte Kriminalität zur Markenexpansion, Diebstahl von Geschäftsgeheimnissen von sechs Unternehmen und Bankbetrug im Zusammenhang mit Iran-Geschäften über die Tochtergesellschaft Skycom.
Marktausblick: Volatilität vorprogrammiert
Mit der nahenden Deadline am 9. Juli steigt die Nervosität an den Märkten. Während nur Großbritannien bisher eine begrenzte Einigung mit Washington erzielte – 10% US-Zölle gegen Sonderzugang für Flugzeugtriebwerke und britisches Rindfleisch – kämpfen über ein Dutzend Länder um Deals.
Die Kombination aus Handelskrieg, Währungsturbulenzen und institutionellen Konflikten schafft ein explosives Umfeld für die kommenden Wochen. Anleger sollten sich auf erhöhte Volatilität einstellen, während sich die neue Weltordnung der Handelspolitik konstituiert.