Nach einer beeindruckenden Gewinnserie treten die globalen Aktienmärkte spürbar auf der Stelle. Die Nervosität unter den Anlegern steigt – im Zentrum stehen die unberechenbare US-Handelspolitik von Präsident Donald Trump und die mit Spannung erwartete Zinsentscheidung der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) in dieser Woche. Investoren fragen sich: Ist die aktuelle Ruhe nur eine Atempause vor dem nächsten Sturm, ausgelöst durch neue Zölle oder eine straffere Geldpolitik?
Globale Märkte unter Druck durch Zoll-Unsicherheit
Die jüngsten Handelstage waren von geringen Umsätzen geprägt, was teilweise auf Feiertage in wichtigen Märkten wie Großbritannien, China und Japan zurückzuführen war. Doch unter der Oberfläche brodelt es. Zwar konnte sich der pan-europäische STOXX 600 leicht behaupten, doch an der Wall Street beendete der S&P 500 seine neuntägige Gewinnsträhne. "Aktien machen heute eine kleine Verschnaufpause", kommentierte Sahak Manuelian von Wedbush Securities die Lage, verwies aber auch auf das geringe Handelsvolumen.
Hauptgrund für die Zurückhaltung ist die anhaltende Unsicherheit über Trumps Zollpolitik. Die überraschende Ankündigung eines 100%-Zolls auf im Ausland produzierte Filme sorgte für Unruhe und traf Aktien von Streaming-Anbietern wie Netflix sowie Produktionsfirmen wie Walt Disney und Warner Bros. Discovery. "Märkte mögen Sicherheit, und Investoren wachten heute Morgen mit mehr Unsicherheit darüber auf, was mit Zöllen passieren könnte", erklärt Adam Sarhan von 50 Park Investments. Die Sorge geht um, dass weitere Branchen ins Visier geraten könnten, was die wirtschaftliche Stabilität gefährden würde.
Diese Nervosität spiegelt sich auch an anderen Märkten wider: Der Ölpreis gab deutlich nach, nachdem die OPEC+ eine Beschleunigung der Fördererhöhungen beschlossen hatte. Dies schürt Ängste vor einem Überangebot in einem Markt mit unsicheren Nachfrageaussichten. Brent-Öl notierte unter 61 Dollar pro Barrel. Im Gegensatz dazu profitierte Gold von der gestiegenen Unsicherheit und einem schwächeren US-Dollar und kletterte deutlich über die Marke von 3.300 Dollar pro Unze.
Anleihemärkte spiegeln Nervosität: Fokus auf Fed und US-Handelspolitik
Die US-Handelspolitik und ihre potenziellen Folgen für Inflation und Wachstum halten auch die Anleihemärkte in Atem. Die Renditen für zehnjährige US-Staatsanleihen stiegen leicht an, nachdem Daten auf höhere Einkaufspreise für Unternehmen im Dienstleistungssektor hindeuteten – ein mögliches Zeichen dafür, dass die Zölle bereits inflationäre Effekte zeigen.
Anleiheinvestoren nehmen vor der Fed-Sitzung eine neutrale Haltung ein. "Wir befinden uns in einer Art unbehaglichem Gleichgewicht zwischen wachsenden wirtschaftlichen Bedenken […] und dem Potenzial für Politikschocks, die die Inflationsaussichten und das Defizit beeinflussen könnten", so Chip Hughey von Truist Advisory Services. Viele Investoren reduzieren ihr Engagement in langlaufenden Anleihen (Long Duration) und bevorzugen kürzere Laufzeiten, da diese stärker von der erwarteten Fed-Politik abhängen. Gregory Peters von PGIM Fixed Income rät zur Vorsicht und Risikoreduzierung, da die Unwägbarkeiten, insbesondere bei langlaufenden Anleihen, schwer kalkulierbar seien.
Die Fed wird voraussichtlich am Mittwoch die Zinsen unverändert in der Spanne von 4,25%-4,50% belassen, auch gestützt durch robuste Arbeitsmarktdaten. Die Märkte erwarten jedoch baldige Zinssenkungen und preisen eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen ersten Schritt im Juli ein. Im Fokus steht die Pressekonferenz von Fed-Chef Jerome Powell: Wie wird er die Auswirkungen der Trump-Zölle auf Inflation und Wachstum bewerten? Powell steht unter Druck, da Präsident Trump ihn erneut öffentlich kritisierte ("total stiff") und niedrigere Zinsen forderte, auch wenn er eine Absetzung Powells vorerst ausschloss.
Währungsturbulenzen und Spekulationen
Die Unsicherheit belastet auch den US-Dollar. Er schwächte sich gegenüber wichtigen Währungen wie dem japanischen Yen und dem Schweizer Franken ab. "Ich denke, wir kehren heute zu dieser sehr sauren Stimmung zurück […] und der Vorstellung, dass man sich möglicherweise nicht mehr so auf die amerikanischen Märkte verlassen kann wie früher", meint Juan Perez von Monex USA.
Besonders auffällig ist die Entwicklung des Taiwan-Dollars, der gegenüber dem US-Dollar auf neue Rekordtiefstände fiel (USD stieg auf Höchststände gegenüber TWD, nicht umgekehrt – Fehler in Quelle 4, Quelle 1/5 korrekt: TWD stärkt sich, USD fällt auf Tiefstände ggü TWD). Der Taiwan-Dollar erreichte ein fast Dreijahreshoch gegenüber dem Greenback, was Spekulationen nährte, Taiwan könnte seine Währung als Teil von Handelsgesprächen mit den USA aufwerten lassen oder zumindest nicht gegen den starken Kapitalzufluss intervenieren. Ein hochrangiger taiwanischer Finanzexperte sprach von "heißem Geld", das ins Land fließe. Auch der chinesische Offshore-Yuan erreichte den höchsten Stand seit fast sechs Monaten. Dagegen konnten Euro und Pfund gegenüber dem Dollar leicht zulegen.
Regierung verteidigt umstrittenen Wirtschaftskurs
Trotz der sichtbaren Marktverwerfungen verteidigt die Trump-Regierung ihren wirtschaftspolitischen Kurs. Finanzminister Scott Bessent betonte auf einer Konferenz, dass Trumps Agenda aus Zöllen, Steuersenkungen und Deregulierung darauf ausgelegt sei, langfristige Investitionen in die US-Wirtschaft zu lenken. Diese Elemente seien "ineinandergreifende Teile eines Motors", so Bessent. Er zeigte sich überzeugt, dass die US-Finanzmärkte "antifragil" seien und kurzfristige Turbulenzen überstehen würden. Diese optimistische Sichtweise steht jedoch im Kontrast zur aktuellen Nervosität und abwartenden Haltung vieler Marktteilnehmer.
Die kommenden Tage dürften entscheidend werden. Die Aussagen der Federal Reserve zur Geldpolitik und zur Einschätzung der Wirtschaftsrisiken durch die US-Handelspolitik werden genauestens analysiert werden. Gleichzeitig bleibt die Unsicherheit über zukünftige Zollmaßnahmen ein Damoklesschwert über den globalen Märkten. Die weitere Entwicklung hängt maßgeblich davon ab, ob sich die Hoffnungen auf eine Deeskalation im Handelsstreit bewahrheiten oder ob neue politische Schocks die Märkte erschüttern.